Schüler probieren am Xlab in Göttingen Forschung aus
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Schülerferien-Camps zu „Molekulare Medizin“ und „Neurobiologie“ im XLAB.
© Quelle: Niklas Richter
Göttingen. Stromstöße in Blutegelgehirne abgeben und Gene aus Tumorzellen isolieren: Im Göttinger Experimentallabor für junge Leute (Xlab) der Universität Göttingen können sich Schüler während ihrer Osterferien an der Forschung ausprobieren. Unter Anleitung experimentieren sie und wenden ihr Schulwissen an.
„Das ist ein Spiel von Geduld und Glück“, sagt Dr. Barbara Ritter zu ihren Schülern. Sie leitet das Neurobiologie-Camp am Xlab. Die Jugendlichen sitzen vor Mikroskopen und versuchen, eine Nadel in eine bestimmte Zelle eines Blutegelgehirns einzuführen. „Stich mit dem Manipulator schwungvoll in die Zelle“, sagt sie zu der 17-jährigen Anna Luise Bub. „Und dann hältst du die Luft an!“
Nervenzellen künstlich stimulieren
Bub sitzt zusammen mit der gleichaltrigen Anna Maria Barthuber vor dem Versuchsaufbau. Sie wollen die Nervenzelle künstlich mit Stromschlägen stimulieren, um ihre Signale messen zu können. „Stop!“, ruft Ritter, als die Nadel die Zelle trifft. „Das war der Schrei der Neurophysiologin.“
In kleinen Schritten schießen die Schüler immer mehr Strom durch die Zelle und werten ihre Beobachtungen aus. „Es macht mir total Spaß, etwas Kompliziertes so zu erklären, dass man es versteht“, sagt Ritter. „Es ist schön, die Begeisterung zu sehen.“
Einblick in die Forschung und den Beruf
Seit dem Jahr 2012 können Schüler in ihren Ferien in das Xlab kommen und experimentieren. „Sie erlangen einen authentischen Einblick in die Forschung und in die Berufsfelder der Naturwissenschaften“, sagt der wissenschaftliche Direktor des Xlab, Prof. Thomas Waitz. „Es sind viele Schüler dabei, die schon wissen, dass sie etwas Naturwissenschaftliches studieren wollen“, sagt er, „aber auch viele, die es noch nicht wissen.“
Schüler probieren am Xlab in Göttingen Forschung aus.
Am Göttinger Xlab können Schüler aus ganz Deutschland in den Ferien für eine Woche Forscher sein: In den Schülercamps probieren sie sich an der Molekularmedizin und der Neurobiologie aus.
Aus ganz Deutschland kommen die 17 Schüler des Camps. Einige von ihnen, wie Bub und Barthuber, sind sogar aus Prag angereist. Sie mussten sich auf das Camp bewerben und besondere Vorkenntnisse aus Biologie-Leistungskursen nachweisen. Die Konzepte für die Experimente würden sie also aus dem Unterricht kennen. „Aber dann sieht man es hier in der Realität“, sagt Bub. „Wie witzig ist es zu wissen, dass in uns Strom fließt.“ Sie würden lernen, wie der Mensch eigentlich funktioniert.
Alles anders unter dem Mikroskop
„Die Schule arbeitet sehr viel mit Modellhaftem“, erklärt die administrative Leiterin des Xlab, Dr. Almut Popp. „Das sieht eben ganz anders aus, wenn man das Stoffliche ansieht.“ Grafiken könnten die Materie nur begrenzt anschaulich machen. Unter dem Mikroskop sehe alles anders aus. „Es ist ein völlig anderer Blick. Hier landet man in der Realität und sieht erst mal nichts.“
Das rufe in den Schülern einen Aha-Effekt hervor. Viele von ihnen bestärke das Camp in ihrem Studien- oder Berufswunsch. „Manchmal sagt jemand auch, dass das nichts für ihn ist“, sagt Popp. „Und das ist für uns eigentlich auch ein Erfolg.“ Die Jugendlichen könnten sich so besser in der Berufswelt orientieren.
Waitz seit 2019 Direktor des Xlab
Die 16-jährige Kasselerin Thora Kampe weiß schon, dass sie ihre Zeit am liebsten in Labors verbringt. „Alles mit Bio interessiert mich“, sagt sie. „Wenn man die einzelnen Zellen beobachtet – die sieht man sonst nicht, aber die enthalten so viel.“ Im Molekularmedizin-Camp arbeiten die 16- bis 20-Jährigen unter sterilen Bedingungen. Wie Kampe tragen alle weiße Laboranzüge und hantieren mit Pipetten und Petrischalen.
„Ziel des Experiments ist es, ein Gen in den Tumorzellen mit der Cripsr/Cas9-Geneditierung auszuschalten“, erläutert Dr. Kristina Wiege, die seit fünf Jahren in den Camps unterrichtet. „Die Schüler kommen her und wollen etwas, sie haben ein Ziel vor Augen“, sagt sie.
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Der neue XLAB-Leiter Prof. Thomas Waitz.
© Quelle: Niklas Richter
Auch Waitz findet, die Schüler hätten eine besondere Motivation. "Und meine eigene besondere Motivation ist es, Schüler für die Naturwissenschaften zu begeistern", sagt er. Erst seit Beginn des Jahres leitet er das Xlab. "Wir vermitteln den Schülern ein authentisches Bild der Forschung." Die Jugendlichen könnten live dabei sein, wenn Wissen generiert wird. "Das ist etwas Anderes, als in der Schule."
Bis Ende dieser Woche laufen die Schülercamps noch. In Zukunft sollen weitere, wie ein Physik- und ein Chemie-Camp, etabliert werden. Weitere Informationen gibt es unter www.xlab-goettingen.de.
Von Norma Jean Levin
GT/ET