Auf 200 Kilometern könnten in Niedersachsen wieder Züge rollen
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„Rückzug der Schiene aus der Fläche stoppen“: In Deutschland gibt es Tausende Kilometer Bahnstrecken, die nicht mehr genutzt werden.
© Quelle: Roland Weihrauch/dpa
Hannover. Die Bahn soll attraktiver werden – mehrere Verbände fordern deshalb, zahlreiche stillgelegte Strecken wieder in Betrieb zu nehmen. Allein in Niedersachsen geht es um 200 Kilometer. Für ganz Deutschland halten der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und die Allianz pro Schiene eine Reaktivierung von mehr als 3000 Kilometern für möglich.
Die zwei Verbände verweisen auf das Ziel der Bundesregierung, bis 2030 die Fahrgastzahlen zu verdoppeln. „Wenn wir das erreichen wollen, müssen wir den langjährigen Rückzug der Schiene aus der Fläche stoppen und ihn an geeigneten Stellen rückgängig machen“, so VDV-Präsident Ingo Wortmann.
Nur noch 38.500 Schienenkilometer
Tatsächlich ist Deutschlands Schienennetz geschrumpft: 1994 gab es 44.600 Bahnkilometer, heute sind es noch 38.500. Die Verkehrsverbände wollen mit der Reaktivierung der Strecken den Umstieg von Pendlern auf die Schiene fördern. „Eine von der Bundesregierung beauftragte Studie belegt zudem, dass die Reaktivierung von Schienenstrecken aus Umweltgründen sinnvoll ist“, so Wortmann.
In Niedersachsen könnten nach Ansicht der Verbände eine ganze Reihe von Strecken für den Personenverkehr wiederbelebt werden. Sie listen folgende Verbindungen auf: die Strecke von Lüneburg nach Bleckede und Amelinghausen, die Verbindung von Celle nach Hermannsburg, die durch die deutsche Teilung unterbrochene Linie von Dannenberg nach Wittenberge, die Strecke Stade-Bremervörde-Osterholz-Scharmbeck, die kurze Linie Mittelshuchting-Stuhr-Leeste, die vor einem Jahr für den Güterverkehr reaktivierte Strecke Nordenham-Blexen, das Gleis von Osnabrück nach Recke sowie die von Museumszügen und neuerdings auch wieder von Güterzügen befahrene Linie Rinteln-Stadthagen.
Bereits reaktiviert: Einbeck-Salzderhelden
Niedersachsen widmet sich dem Thema bereits seit dem Jahr 2013 und hat in einem mehrjährigen Auswahl- und Bewertungsprozess mögliche Strecken geprüft. Aus zunächst 74 Verbindungen wurden 28 Strecken für eine nähere Untersuchung ausgewählt. Heraus kamen am Ende aber lediglich zwei Linien. Seit Ende vergangenen Jahres fahren wieder Züge auf der gut vier Kilometer langen Verbindung zwischen Einbeck und Salzderhelden. Im Juli soll die mit 28 Kilometern deutlich längere Bahnstrecke von Bad Bentheim über Nordhorn nach Neuenhaus folgen.
Ministerium in Hannover wehrt ab
Zu weiteren Strecken äußerte sich das niedersächsische Verkehrsministerium skeptisch. Keine der jetzt für Niedersachsen vorgeschlagenen Linien hat nach bisheriger Prüfung durch das Ministerium Aussicht auf eine schnelle Reaktivierung. Das Ministerium möchte die Bewertungskriterien dafür aber demnächst überarbeiten.
Angedacht sei, das Verfahren mit Blick auf Strecken im ländlichen Raum kritisch zu überprüfen. Auch der touristische Nutzen könnte stärker berücksichtigt werden. In etwa zwei Jahren sollen neue Kriterien vorliegen, sodass vorher mit weiteren Reaktivierungen nicht zu rechnen ist. Als Alternative könne für bessere Anschlüsse auch eine Landesbuslinie eingerichtet werden, eine Schnellbuslinie, an deren Betriebskosten sich das Land beteiligt.
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Von Michael Evers und Rasmus Buchsteiner