Göhrdemörder: Polizei veröffentlicht Fotos
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Jürgen Schubbert, Leiter der Ermittlungsgruppe Göhrde bei der Polizeidirektion Lüneburg, in der Asservatenkammer.
© Quelle: Philipp Schulze/dpa
Lüneburg. Im Fall der sogenannten Göhrdemorde prüft die Polizei mittlerweile Verbindungen zu 236 weiteren Taten. Dazu gehören Tötungsdelikte und Vergewaltigungen, wie die Ermittler am Dienstag mitteilten.
Als mutmaßlicher Täter gilt ein ehemaliger Friedhofsgärtner. Er wird für die zwei Doppelmorde in der Göhrde verantwortlich gemacht. In dem Waldgebiet östlich von Lüneburg waren 1989 zwei Paare getötet worden. Der Verdächtige selbst beging im April 1993 Selbstmord, als er wegen anderer Vorwürfe in Untersuchungshaft saß.
Die Ermittler gehen davon aus, dass er einen Mittäter hatte, der noch lebt. Beide könnten für „eine Vielzahl weiterer Morde im gesamten Bundesgebiet als Täter in Frage kommen“, so die Polizei Lüneburg. Die Polizei will alle denkbaren Zusammenhänge zu den anderen Taten untersuchen. So dürfte es auch um viele Fälle gehen, die vermutlich nicht mit dem ehemaligen Friedhofsgärtner in Verbindung stehen.
Eine Leiche unter der Garage
Auf einem früheren Grundstück des Mannes am Stadtrand von Lüneburg war im September 2017 unter einer Garage die Leiche einer seit 1989 verschwundenen Frau gefunden worden. Die Polizeidirektion hatte daraufhin eine Clearingstelle bei der Ermittlungsgruppe Göhrde eingerichtet. Andere Dienststellen im In- und Ausland sollen sich mit ihr in Verbindung setzen und so ihre Fälle anhand der Göhrdemorde abgleichen.
Fundstücke im Internet
Die Polizeidirektion hat am Dienstag Bilder von zahlreichen Fundstücken aus dem früheren Haus des Mannes ins Internet gestellt – darunter Handtaschen, Schuhe, Kleidung und Fahrzeugteile. Die Gegenstände, die zum Teil vergraben waren, wurden im vergangenen Jahr bei aufwendigen Suchaktionen entdeckt. 217 von ihnen wurden an das Landeskriminalamt in Hannover geschickt.
Erste Gutachten würden bereits vorliegen, sagte Ermittlungsgruppenleiter Jürgen Schubbert. Sein Team wurde im April auf acht Mitarbeiter aufgestockt. „Bisher hat sich aus diesen Rückmeldungen kein entscheidender Hinweis ergeben“, sagte Schubbert. Die Gegenstände würden noch ausgewertet. Wer etwas im Netz wiedererkennt, möge sich melden.
Auch zwei Schreckschusswaffen wurden im vergangenen Jahr entdeckt. Mindestens eine von ihnen ist so umgebaut worden, dass aus dem Revolver mit abgetrenntem Lauf anschließend Kleinkalibermunition verschossen werden konnte. Beim Vergleich mit vorhandenen Geschossen gab es keinen Treffer. Die Polizei kann aber nicht ausschließen, dass der Gärtner die Waffe benutzt hat. Die Ermittler haben ein Bewegungsbild des Mannes erstellt, der längere Zeit in Karlsruhe lebte.
Dutzende ungeklärte Mordfälle
Eine neu eingerichtete „Cold-Case“-Einheit soll sich zudem künftig in Lüneburg mit seit Jahren nicht geklärten Fällen im Nordosten Niedersachsens beschäftigen. Die temporäre Ermittlungsgruppe Göhrde solle später in dem neuen Sachgebiet aufgehen, sagte Dezernatsleiter Thomas Ludwig-Dücomy. Allein 48 entsprechende Mord- und sieben Vermisstenfälle gebe es im Bereich der Polizeidirektion Lüneburg. In ganz Niedersachsen gebe es 268 derartige Mord- und 26 Vermisstenfälle. Das neue Sachgebiet wurde zum 15. April eingerichtet.
Durch neue Methoden hoffe man, bisher ungelöste Fälle aufklären zu können, sagte dazu Polizeipräsident Thomas Ring am Dienstag. „Tötungsdelikte sind immer extrem belastend für die Hinterbliebenen dieser Taten“, betonte er. „Durch unsere Arbeit wollen wir auch dazu beitragen, dass die Folgen dieser Verbrechen durch die Angehörigen besser verarbeitet werden können.“
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