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Digitaler Schnelltest? Neue App will Corona-Infektionen per Augen-Scan aufspüren

Per Augen-Scan will eine neue App Corona-Infektionen nachweisen – doch wissenschaftliche Daten zum Nutzen fehlen.

Per Augen-Scan will eine neue App Corona-Infektionen nachweisen – doch wissenschaftliche Daten zum Nutzen fehlen.

Taufkirchen. Geht es nach der bayrischen Firma Semic RF Electronic, könnten Corona-Tests in der Nase und im Rachen bald der Vergangenheit angehören. Das Unternehmen hat eine App entwickelt, die innerhalb von drei bis fünf Minuten feststellen will, ob sich eine Person mit Sars-CoV-2 infiziert hat oder nicht. Dafür ist den Entwicklern zufolge nur eine Bildaufnahme des rechten oder linken Auges notwendig. Zugelassen ist die App bisher jedoch noch nicht.

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So funktioniert die „SEMIC EyeScan“-App

Benötigt wird ein Smartphone mit einer Kameraempfindlichkeit von mindestens zwölf Megapixeln. Bevor sie das rechte oder linke Auge fotografieren, sollten Testpersonen dreimal tief ein- und ausatmen, empfehlen die App-Entwickler. Dadurch steige die Lungenflüssigkeit ins Auge. Dann eine frontale Bildaufnahme eines Auges mithilfe der „SEMIC EyeScan“-App machen.

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Anhand der Farbe der Sklera, also der Lederhaut des Auges, will die App dann bestimmen, ob sich die Testperson mit dem Coronavirus infiziert hat. Die Augenfarbdaten werden verschlüsselt an den entsprechenden Server oder an die Produkt-Cloud gesendet – und innerhalb von drei bis fünf Minuten liegt ein Ergebnis vor. Der Hersteller verspricht, dass der Test eine Spezifität und Sensitivität von 97 Prozent aufweise.

Gleichzeitig bestimmt die App den aktuellen Blutdruck, den Puls sowie die Körpertemperatur und überprüft, ob eine Konjunktivitis, also eine Bindehautentzündung, vorliegt. Mithilfe des Auges sei es laut Hersteller möglich festzustellen, ob die Testperson schon einmal zu einem früheren Zeitpunkt infiziert war. Infektionen mit allen bekannten Virusmutationen könnten ebenso festgestellt werden, versprechen die Entwickler.

Die Ergebnisse des Augen-Scans sollen Testpersonen – wenn die App zugelassen ist – direkt an die Gesundheitsämter oder ans Robert Koch-Institut übermitteln können. Durch eine integrierte Geo-Tracking-Funktion sei auch eine schnelle Nachverfolgung von möglichen Infektionsketten realisierbar, teilten die App-Entwickler mit.

App sucht nach coronatypischem rosa Farbton der Sklera

Normalerweise ist die Farbe der Sklera weiß. Im Fall einer Bindehautentzündung können die Augen aber auch gerötet sein. Wie kann die App also sicherstellen, dass es sich bei der jeweiligen Farbe der Sklera nicht um eine Bindehautentzündung handelt, sondern diese auf eine Infektion mit dem Coronavirus hindeutet?

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Wolfgang Gruber, Geschäftsführer von Semic RF Electronic, erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters: „Uns ist es gelungen, aus über zwei Millionen unterschiedlichen rosa Farbtönen den von Covid-19 zu isolieren.“ Das heißt, die „SEMIC EyeScan“-App untersucht die Lederhaut des Auges nach einem bestimmten Farbton, der auf das Coronavirus hindeutet. Dieser Farbton sei mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen, erklärte Gruber. Deshalb setze die App Künstliche Intelligenz ein.

Wissenschaftliche Daten fehlen

Augenärzte hegen jedoch große Zweifel daran, dass es tatsächlich einen coronatypischen rosa Farbton gibt. Der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands machte auf Anfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) deutlich: „Bisher sind uns keine wissenschaftlichen Studien bekannt, die Anlass zu der Annahme geben, anhand einer Augenuntersuchung könne man eine Infektion mit dem Virus nachweisen.“

Auch der Direktor des Instituts für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Regensburg und Pressesprecher der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG), Prof. Horst Helbig, wies gegenüber dem RND darauf hin, dass es diesbezüglich noch keine Daten gebe.

Der Hersteller Semic RF Electronic hat noch keine Ergebnisse aus wissenschaftlichen Studien veröffentlicht. Auf seiner Internetseite teilt die Firma mit, dass sie bereits ein Zulassungsverfahren für die App beantragt habe, aber noch keine Sonderfreigabe vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vorliege. Deshalb mahnt Helbig: „Wir warnen dringend davor, Tests einzusetzen, für die es keine Daten gibt und die nicht evaluiert und zugelassen sind.“

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