Spannender Auftakt, abstruses Ende: „Twelve Minutes“ im Test
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© Quelle: Annapurna Interactive
Nach einem anstrengenden Arbeitstag betritt der namenlose Protagonist seine Wohnung. Seine Frau begrüßt ihn zärtlich, ein Kuss, eine Umarmung, dann verkündet sie, sie habe Dessert gemacht. Der Tisch wird gemeinsam vorbereitet – das hier ist anscheinend ein besonderes Dinner. Doch bevor der Anlass angesprochen werden kann, klingelt ein vorgeblicher Polizist an der Tür: Die Frau steht unter Mordverdacht. Er fesselt das Paar, fragt die Frau nach einer Uhr aus. Als sie keine Antwort gibt, legt er Hand an den Hals des Mannes an, würgt – und alles startet von vorn. Willkommen bei „Twelve Minutes“.
Ein kleiner Schauplatz mit Zeitschleifenmechanik
Eine spannende Kriminalgeschichte an einem einzigen kleinen Schauplatz mit Zeitschleifenmechanik wird hier versprochen – und all das erfüllt „Twelve Minutes“ auch. Es gibt nur drei Räume und drei wichtige Personen, jedes Mal ist der grundlegende Ablauf gleich: Begrüßung, Gespräch mit der Frau, Polizist an der Tür, Konfrontation. Durch Interaktion mit Charakteren und Gegenständen im Stile von Point-and-Click-Adventures wie „Monkey Island“ oder „Deponia“ – hier allerdings aus der Vogelperspektive – kann der Spieler die Situation beeinflussen und so zu einem anderen Resultat führen. Und vor allem: mehr Wissen ansammeln, um das Geschehen voranzutreiben.
Strenge Vorgaben fürs Weiterkommen sorgen mitunter für Frust
Mit dem Tod der eigenen Figur oder dem Ablauf von zehn Minuten (was es mit den titelgebenden zwölf auf sich hat, klärt sich später im Spiel) startet alles von vorn. Was allerdings auch bedeutet, dass manche Dinge mehrmals wiederholt werden müssen, um in der Handlung voranzukommen. Denn auch wenn „Twelve Minutes“ auf den ersten Blick viele Optionen bietet, ist recht streng vorgegeben, was fürs Weiterkommen erfüllt sein muss. Das resultiert des Öfteren in einer Reihe von Fehlversuchen und dem Gefühl, festzustecken. Frust kommt ebenfalls auf, wenn das Spiel zu penibel ist, etwa in dieser Situation: Der Polizist will ein Beweisstück sehen, das der Spieler ins Inventar genommen hat. Da der Gesetzeshüter es am ursprünglichen Platz nicht findet, glaubt er nicht, dass es den Beweis gibt. Jeder Versuch, ihn aus dem Inventar zu nehmen und ihm zu zeigen, scheitert.
Wer gut durchkommt, sieht bereits nach gut fünf Stunden das Ende der Story, die sich nach einem spannenden Aufbau auf den letzten Metern in einem abstrusen Twist verliert, der durch eine zweite nicht minder abstruse Wendung zwar erklärt, aber nicht besser wird. Der Überraschungseffekt soll hier mit der Brechstange erzeugt werden, wirkt entsprechend erzwungen und wenig durchdacht.
James McAvoy und Daisy Ridley enttäuschen als Synchronsprecher
Enttäuschend fällt auch das aus, was dem Spiel seine Starpower verleihen sollte: Der Schauspieler James McAvoy („X-Men: Erste Entscheidung“) ist als Sprecher der Hauptfigur bestenfalls mittelmäßig, Daisy Ridley („Star Wars: Das Erwachen der Macht“) als Sprecherin der Ehefrau enttäuschend. Lediglich Willem Dafoe („The Hunter“) weiß als ruchloser Polizist zu überzeugen und Angst zu machen.
Luis Antonio, der das Spiel im Alleingang entwickelte, hat sich an der tollen Idee von „Twelve Minutes“ schlussendlich überhoben: Dem von Natur aus repetitiven Spielkonzept setzt er zu wenige Möglichkeiten entgegen, wirklichen Einfluss zu nehmen. Die Story mag anfangs packen, enttäuscht am Ende jedoch. Ohne Aufpreis im Xbox Game Pass kann ein Blick nicht schaden, von einem Kauf zum vollen Preis (ca. 21 Euro bei Steam, 25 Euro für Xbox) sei jedoch abgeraten.
RND