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Studie will belegen: Warum das Internet ein Klimakiller ist

Surfen, streamen, Mails checken: das Internet verursacht einen enormen Energieverbrauch.

Surfen, streamen, Mails checken: das Internet verursacht einen enormen Energieverbrauch.

Geht es um den CO₂-Ausstoß, sind die üblichen Verdächtigen schnell genannt: Flugzeuge, Autos und Fleischkonsum sorgen dafür, dass immer mehr des Treibhausgases in die Atmosphäre gelangt. Vom Internet ist in diesem Zusammenhang dagegen nur selten die Rede – zu Unrecht.

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Denn der von der Onlinewelt verursachte Energieverbrauch ist enorm: Das Internet ist laut einer Studie der Königlichen Technischen Hochschule in Stockholm derzeit für rund 10 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs verantwortlich.

4 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen

„Wenn alles so weitergeht, werden bis 2025 das Internet und digitale Technologien im Allgemeinen 7 bis 8 Prozent aller globalen Treibhausgasemissionen verursachen. Das würde dem Wert entsprechen, den Autos momentan an CO₂ ausstoßen“, sagt Maxime Efoui-Hess von der französischen Non-Profit-Organisation The Shift Project.

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Derzeit gingen bereits 4 Prozent der Treibhausgasemissionen auf das Konto von digitalen Technologien, erklärt Efoui-Hess. Er leitete 2018 eine Studie, in der der ökologische Fußabdruck untersucht wurde, den Computer, Smartphones und eben das Internet hinterlassen. Dabei nahmen die Forscher vor allem Onlinevideos unter die Lupe.

Bereits die Produktion von Smartphones setzt viel CO₂ frei

Aber wie genau kann „das Internet“ denn CO₂ produzieren? Um das zu erklären, muss man sich die komplexe Struktur anschauen, die dafür sorgt, dass Menschen tagtäglich im Netz surfen können. So betrachtet sind es vor allem drei Bereiche, die zu dem CO₂-Ausstoß beitragen, der durch das Internet verursacht wird.

Zunächst spielen die Geräte eine Rolle, die die Nutzer verwenden, um mit Inhalten zu interagieren und etwa Videos abzuspielen. Allein bei der Produktion von Smartphones, Tablets oder Computern wird laut Efoui-Hess schon viel CO₂ ausgestoßen.

Rechenzentren gelten als die größten Klimakiller

Dann gibt es noch die Netzwerkinfrastrukturen, die es mit vielen Kabeln, Routern, Software und Hardware in großen Unternehmen ermöglichen, dass alle Computer mit dem Internet und miteinander verbunden sind. Auch hier verbrauchen der Erhalt und die Produktion viel Energie – und verursachen so CO₂.

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Die letzte Komponente sind Rechenzentren. „Sie sind das wohl größte Problem. Darunter versteht man riesige Farmen mit Servern, die große Mengen an Energie verbrauchen“, sagt Efoui-Hess. In diesen Rechenzentren wird gerade in Zeiten der Cloudspeicher alles von E-Mails und Nutzerdaten bis hin zu Videos gespeichert. So sollen die Daten für User jederzeit und von überall erreichbar sein.

Google und Facebook setzen auf erneuerbare Energien

Große Rechenzentren – die findet man vor allem bei großen Internetkonzernen wie Google oder Facebook. Sind sie also vor allem schuld am CO₂-Ausstoß? Zumindest scheinen sie sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein. So betreibt Google nach eigenen Angaben seit 2017 immerhin alle seine Dienste – also auch Rechenzentren – zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie. Auch Facebook will bis 2020 zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien setzen und so seine Treibhausgasemissionen um 75 Prozent reduzieren. „Das ist zumindest etwas“, findet Efoui-Hess. Allerdings, rechnet er vor, sei der Bau von neuen Windkraftanlagen und Solarwärmekraftwerken erst dann wirklich effizient, wenn dafür Kohlekraftwerke geschlossen würden.

Entscheidend ist aber auch: Nicht jede Anwendung verbraucht gleich viel Energie. Zwischen einer einzelnen Google-Suche und einem Netflix-Marathon gibt es große Unterschiede. „Wie gravierend sich Internetdienste auf Treibhausgasemissionen auswirken, hängt vor allem davon ab, wie viele Daten die Inhalte benötigen und ob komplexe Algorithmen dahinterstecken“, sagt Efoui-Hess.

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Weniger Videostreaming hilft dem Klima

Bei der Studie von The Shift Project entpuppten sich dabei vor allem Videos als Schwergewicht. Sie machen 80 Prozent des globalen Datenflusses aus, davon entfallen allein 60 Prozent auf Onlinevideos, also auf die Angebote von zum Beispiel Netflix, Amazon und Youtube oder Pornografieseiten. Laut Berechnungen von The Shift Project haben Onlinevideos 2018 somit weltweit quasi mehr als 300 Millionen Tonnen CO₂ ausgestoßen. Das ist ein Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen. Oder anders gesagt: etwa so viel, wie in Spanien im Jahr verursacht wird.

Was also tun? Aus Sicht von Efoui-Hess muss das Ziel schlussendlich lauten, die allgemeine Internetnutzung zu verringern: „Ein Ansatz wäre es, sich mit den verschiedenen Akteuren zusammenzusetzen und die Frage zu stellen, wie viel Internetnutzung wir wirklich brauchen“, sagt er.

Digitale Enthaltsamkeit und bessere Anwendungen können die Lösung sein

Denn der einzelne Nutzer kann nur bedingt etwas ausrichten. „Aktuell wird man als einzelner Nutzer kaum einen Einfluss auf den weltweiten CO₂-Ausstoß haben, wenn man seine Nutzung einschränkt“, sagt Efoui-Hess. Trotzdem sei es wichtig, dass sich die Menschen bewusst machten, wie groß der Einfluss des Internets und der digitalen Technologien auf das Klima sei. The Shift Project setzt sich deshalb für mehr „digital sobriety“, also digitale Enthaltsamkeit, ein. Hierbei geht es vor allem darum, Prioritäten zu setzen und ein Gefühl dafür zu entwickeln, welche Onlineinhalte man wirklich braucht. Ist der nächste Netflix-Marathon wirklich nötig?

Das allein werde aber nicht reichen, sagt Efoui-Hess. Auch die Anbieter müssen handeln: Denn dass beispielsweise das Streaming so CO₂-intensiv ist, liegt auch daran, wie die Anwendungen gebaut sind. „Angebote wie Autoplay verleiten den User zu einer Steigerung der Nutzung“, so der Experte. Beim Autoplay wird etwa auf Youtube und Netflix ein Video nach dem anderen abgespielt, ohne dass der Nutzer etwas anklicken muss. Auch hier gibt es also noch Handlungsspielraum.

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Umweltfreundlicher surfen

Ganz umweltfreundlich im Internet zu surfen ist für den einzelnen User schwierig. Doch es gibt einige Wege, wie man mit seinem Surfverhalten zumindest einen kleinen Beitrag für die Umwelt leisten kann: Alternative Suchmaschinen werben damit, die Umwelt zu schützen.

Denn auch Suchmaschinen verbrauchen in der Summe aufgrund ihrer komplexen Algorithmen Energie. Ecosia verwendet nach eigenen Angaben etwa 80 Prozent seiner Werbeeinnahmen, um Bäume zu pflanzen. So seien schon mehr als 68 Millionen Bäume gepflanzt worden. Bei Lilo und Goodsearch können Nutzer selbst auswählen, an welche Umweltorganisationen die Werbeeinnahmen gespendet werden.

RND

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