Wegen „Fortnite“-Sucht: Jugendliche wollen gegen Epic Games klagen
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„Fortnite“ ist eines der erfolgreichsten Survival-Computerspiele aller Zeiten. In Wettbewerben können die Spieler Millionen an Preisgeldern gewinnen.
© Quelle: imago
Montreal. Eine kanadische Anwaltskanzlei hat die Zulassung einer Sammelklage gegen die Macher des Videospiels „Fortnite“, Epic Games, beantragt. Der Antrag erfolgte im Namen der Eltern von zwei Jugendlichen im Alter von zehn und 15 Jahren. Nach Ansicht der Kanzlei macht das Spiel süchtig und kann gesundheitliche und soziale Probleme verursachen, berichtet der kanadische Sender CBC. Der Effekt des Spiels sei mit der Wirkung von Kokain auf das Gehirn zu vergleichen.
Die Kanzlei ermunterte andere Eltern, deren Kinder ebenfalls Anzeichen einer „Fortnite“-Spielsucht erkennen ließen, sich zu melden. Epic Games äußerte sich bislang nicht zu der Anschuldigung. Im März 2019 verzeichnete der Spieleentwickler nach eigenen Angaben 250 Millionen registrierte Spieler. Vor allem Jugendliche gehören zu der Hauptzielgruppe des Spiels.
Tabakklage als rechtliche Grundlage
Als Vorlage für die Sammelklage gegen das Softwareunternehmen aus North Carolina dient ein Urteil des Obersten Gerichts von Quebec aus dem Jahr 2015. Es entschied, dass Tabakunternehmen Kunden nicht ausreichend vor den Risiken des Rauchens gewarnt hatten.
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Bei der Entwicklung des Computerspiels habe Epic Games sogar eigene Psychologen engagiert, um das Spiel so süchtig machend wie möglich zu gestalten, sagt Alessandra Esposito Chartrand, eine Anwältin der Klage einreichenden Kanzlei, gegenüber CBC. Demnach habe Epic Games „wissentlich ein sehr, sehr süchtig machendes Spiel auf den Markt gebracht, das auch auf die Jugend ausgerichtet war“. Wenn ein Produkt dermaßen süchtig mache, sei es die Verantwortung des Herstellers, Kunden über das Risiko zu informieren.
Behandlungszentren auf der ganzen Welt
Die Eltern sagten laut CBC gegenüber der Anwaltskanzlei, dass sie ihren Kindern nie erlaubt hätten, „Fortnite“ zu spielen, wenn sie gewusst hätten, wie süchtig das Spiel macht. Zumindest hätten sie genauer hingesehen. Laut Chartrand gebe es auf ganzen Welt Behandlungszentren speziell für „Fortnite“-Spieler, die ihnen helfen sollen, von ihrer Sucht wegzukommen.
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In der Anklageschrift schreiben die Anwälte, dass Spielsucht reale Konsequenzen für das Leben der Spieler habe. Viele würden nicht mehr essen oder duschen und keinen sozialen Austausch mehr pflegen. Seit letztem Jahr gilt Video- oder Computerspielsucht, die sogenannte „Gaming Disorder“, offiziell als Krankheit.
Täglich „Fortnite“ gespielt
Einer der beiden Jungen, in deren Namen die Eltern nun Klage erheben, soll innerhalb eines Jahres mehr als 1800 Spiele begonnen haben. Er soll nahezu täglich „Fortnite“ gespielt und frustriert reagiert haben, wenn seine Eltern seine Spielzeit eingrenzen wollten.
Der ältere der beiden Jungen schaffte es sogar auf mehr als 7700 Spiele seit Oktober 2017 und soll mindestens drei Stunden pro Tag gespielt haben.
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Obwohl nicht bekannt sei, wie viele Spieler von „Fortnite“ tatsächlich von einer Spielsucht betroffen sind, sollen sich seit Bekanntgabe der Sammelklage mehrere Eltern gemeldet haben.
Nicht die erste Klage gegen Epic Games
Die Klage der Jugendlichen aus Kanada ist nicht die erste ihrer Art, mit der der US-amerikanische Computerspielhersteller konfrontiert wird. Vor wenigen Monaten reichte ein Amtsgericht in Kalifornien eine Sammelklage gegen Epic Games ein. Der Vorwurf: Das Unternehmen ermögliche keine eingebaute elterliche Kontrolle in „Fortnite“. So könne zum Beispiel nicht verhindert oder rückgängig gemacht werden, dass Minderjährige In-App-Käufe tätigten.
Der beliebte Spielmodus „Fortnite: Battle Royale“ ist kostenlos erhältlich, allerdings müssen Spieler Geld ausgeben, um etwa ihren Charakter zu individualisieren.
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