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Ioniq5 als Zugpferd

Da ist Pioniergeist gefragt – mit einem Elektrogespann auf Testfahrt

Das Gespann beim Laden im Profil.

So komfortabel wie hier stellte sich das Aufladen nicht immer dar. So musste der Caravan aus Platzgründen auch schon mal abgekoppelt werden, um an die Schnellladesäule zu gelangen.

Natürlich ist auch in den Chefetagen der Caravaningbranche das Thema Elektromobilität längst angekommen. Zumindest in den Köpfen. Bei den Reisemobilen hat aber bisher nur Knaus-Tabbert ein Konzeptfahrzeug vorgestellt, das sich jedoch nach wie vor in einem frühen, eher sehr frühen Entwickungsstadium befindet. Von den aktuell mehr und mehr auf E‑Betrieb umgestellten Kleintransportern könnte allerdings in naher Zukunft ein erster stärkerer Impuls zum Umstieg ausgehen. Könnte!

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Doch wie sieht es bei den Wohnwagen aus? Schließlich kommt derzeit doch ein SUV-Modell nach dem anderen als Vollzeitstromer auf den Markt. Die müssten doch stark genug sein, um einen Caravan an den Haken zu nehmen. Durchaus. Doch die Sache mit dem Haken hat gleich mehrere Haken, wie wir bei der Suche nach einem geeigneten Testgespann erkennen mussten.

Das Thema Anhängelasten hatten die Automobilhersteller zu Anfang nämlich weitgehend ausgeklammert. Aus Sorge, dass der Dauerbetrieb mit Wohnanhänger eventuell die Antriebskomponenten verändern könnte, oder aus Unkenntnis, wie sich der Akku bei solcher Dauerbelastung verhalten würde. Das hat sich mittlerweile wohl geklärt. E‑Autos mit Anhängerkupplung gibt es. Allerdings in sehr überschaubarer Zahl, die umso kleiner wird, je höher das zulässige Gesamtgewicht des Wohnwagens ist.

Blick ins Innere des Südwind E.Power von Knaus.

Blick ins Innere des Südwind E.Power von Knaus.

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Kein einziges Elektroauto kann derzeit einen 3,5‑Tonnen-Wohnwagen ziehen

Einen Luxuscaravan wie den Tabbert Cellini, samt Deichsel über zehn Meter lang und maximal 3,5 Tonnen schwer, vermag aktuell kein einziger Elektro-Pkw zu ziehen. Für größere Caravans über zwei Tonnen stehen aktuell nur Spitzenreiter BMW iX (Anhängelast 2500 kg) und das Tesla Model X (2250 kg) zur Verfügung sowie künftig auch der BMW i7 (2000 kg). Und selbst für einen Mittelklasse-Wohnwagen wie den Knaus Südwind 460 EU mit 1500 Kilogramm Gesamtmasse und einer Aufbaulänge von knapp fünf Metern (mit Deichsel 6,95 m) wächst die Auswahl gerade mal auf 14 Modelle, aus denen wir den Ioniq5 auswählten.

Das SUV aus dem Hause Hyundai hat die große 77-kWh-Batterie an Bord, leistet 239 kW/325 PS, verfügt über eine Anhängelast von 1600 kg und kostet samt Allradantrieb, üppiger Ausstattung und Anhängerkupplung knapp über 62.000 Euro. Davon kann allerdings noch – zumindest bis Ende 2022 – die komplette Umweltprämie in Höhe von 9570 Euro abgezogen werden, weil der für die Berechnung maßgebende Nettolistenpreis sich auf das Basismodell ohne Zusatzausstattung bezieht.

E steht bei Südwind nur für die elektrische Versorgung

Vom Outfit her würde zwar ein ähnlich futuristisch gestylter Wohnwagen besser zu der koreanischen Zugmaschine passen, das seit Jahrzehnten angebotene Südwind-Modell ist als „E.Power“-Variante im voll ausgestatteten 60-Jahre-Jubiläumssondermodell zu Preisen ab rund 28.000 Euro dennoch die perfekte Ergänzung für ein Elektrogespann. Das E bezieht sich in diesem Fall allerdings auf eine rein elektrische Versorgung mit Induktionskochfeld, Kompressor-Kühlschrank, Dometic-Staukasten-Klimaanlage und Truma-Therme und erfordert Zugang zu einer externen Stromquelle, die zumindest für einen kurzen Zwischenstopp unterwegs der Ioniq selbst sein könnte. Das 4,64 Meter lange SUV kann nämlich bidirektional laden. Über einen in die Ladebuchse gesteckten Adapter mit 230-Volt-Steckdose lässt sich auch Haushaltsstrom abzapfen, sofern die Antriebsbatterie des Autos einen Ladestand von über 20 Prozent aufweist.

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Mit einem Adapter wird der Ioniq5 zur Ladestation.

Mit einem Adapter wird der Ioniq5 zur Ladestation.

Doch kommen wir zum nächsten Haken: Der Ioniq5 liegt mit seiner Gesamtmasse über 2,5 Tonnen, sodass es der fast zwölf Meter lange Zug summa summarum auf über vier Tonnen bringt. Das heißt: Wer seinen Führerschein erst ab 1999 erworben hat, braucht den B96-Zusatzführerschein für die Pkw-Klasse BE, da das Limit von 3,5 Tonnen überschritten wird. Diese Lizenz kann zwar während eines Tageskurses ohne Prüfung bei einer Fahrschule erworben werden, kostet aber in der Regel über 300 Euro. Mit unserem älteren „Lappen“ war das Gott sei Dank kein Problem.

Reichweite schrumpft auf die Hälfte

Was uns auf unserer Tour erwartet, lässt der Ioniq5 schon nach dem Ankoppeln des Südwinds erahnen. Zeigte der Koreaner solo bei voller Batterie noch eine Restreichweite von 444 Kilometer an, reduziert sich dieser Wert mit dem 1,5-Tonner am Haken auf 222 Kilometer. Da ist Vorausplanung Pflicht. Geeignete HPC-Charger (High Performance Charger) etwa in der Mitte unserer 300-Kilometer-Tour von Frankfurt bis ins Elsass suchen. Möglichst mit nahen Alternativen, falls an den Ladesäulen etwas nicht funktionieren sollte. Und aus dem gleichen Grund auch nie die Akkukapazität bis zum Letzten ausreizen.

Nächstes Problem: Die Ladestationen sind oft so eingerichtet, dass lediglich der Pkw solo angestöpselt werden kann. Man müsste also den Wohnanhänger abkoppeln, woanders abstellen und, falls der mitgenommene Proviant während der Ladepause an der gemütlichen Sitzgruppe im Caravan verspeist werden soll, auch noch die Stützen herunterkurbeln. An dem Ladepark mit insgesamt 12 Schnellladepunkten nur eineinhalb Kilometer abseits der Autobahn in Karlsruhe-Durlach hatten wir allerdings Glück. Wir konnten mit dem kompletten Gespann andocken, ohne andere zu blockieren.

Weil der Ioniq5 mit 800-Volt-Technik mit bis zu 233 kW in der Spitze „tankt“, braucht das koreanische SUV nur 21 Minuten, um 53,1 kWh nachzuladen und von 21 wieder auf 90 Prozent Batteriekapazität zu kommen. Dabei benötigte der Hyundai für die letzten 10 Prozent (7,7 kWh in neun Minuten, Ladedurchschnitt 57,8 kWh) fast genauso lang wie für die Strecke von 21 bis 80 Prozent (45,4 kWh, 13 Minuten, Ladeschnitt 209 kW). Da 80 Prozent für die Reststrecke ins Elsass aber nicht gereicht hätten, mussten wir uns auf das weniger effiziente Laden über die 80-Prozent-Marke hinweg einlassen.

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Der Ioniq5 als Powerbank – hier für ein E-Bike.

Der Ioniq5 als Powerbank – hier für ein E-Bike.

Bei Tempo 80 auf Du und Du mit den Brummis

Mit 11 Prozent Restkapazität erreichen wir schließlich das Ziel nach mühsamen viereinhalb Stunden, weil wir an einem Werktag oft auf Du und Du mit den Brummis auf der rechten Spur festhängen und so häufig nicht über 80 km/h hinauskommen. Ohne viel Lkw-Verkehr rollte es an einem Sonntag auf der Rückfahrt zwar etwas zügiger, kletterte die Tachonadel auch mal an die 100er-Marke heran, das trieb den Verbrauch dann aber gleich deutlich über die 40 kWh/100 km. Am Ende kamen wir auf einen Gesamtschnitt von 39,4 kWh/100 km. Und beim erneuten Ladestopp in Karlsruhe erforderte es der erhöhte Betrieb, dass wir den Südwind tatsächlich abkoppeln mussten. Zudem dauerte das Ganze etwas länger, weil wir nur Ladesäulen ansteuern konnten, an denen schon ein Ladepunkt belegt war und bei einem zweiten Andocker die Ladegeschwindigkeit automatisch von 300 kW auf 150 kW reduziert wird. So verkürzte sich der Rückweg nur unwesentlich auf etwa 4:20 Stunden – ohne Staus oder sonstige Verzögerungen.

Abfahrt vom Campingplatz

Abfahrt vom Campingplatz

Fazit: Ja, es geht. Ein Caravan lässt sich auch mit einem E‑Auto in den Urlaub ziehen. Viel Spaß macht das aber nicht. Man benötigt sehr viel Geduld und einen gewissen Pioniergeist, um in 150-Kilometer-Häppchen das Reiseziel anzusteuern. Denn ohne 800-Volt-Technik wie bei der Mehrzahl der infrage kommenden Zugfahrzeuge dauern ja auch die Ladestopps deutlich länger.

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Besserung für die Zukunft verspricht eine Entwicklung des Traditionsherstellers Dethleffs, der in Kooperation mit dem Technologie-Konzern ZF am Konzept eines Caravans mit einer eigenen, elektrisch angetriebenen Achse arbeitet. Ein Prototyp am Haken eines Audi e-tron hat ja auch schon eine 400 Kilometer lange Alpenüberquerung ohne Nachladen geschafft. Bevor allerdings an eine Serienfertigung zu denken ist, müssen hierzulande erst einmal die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung angetriebener Anhänger geschaffen werden. Und das kann dauern.

 

Hyundai Ioniq5 77kWh

Motor: Elektro

Leistung: 239 kW/325 PS

0–100 km/h: 5,1 s

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Antrieb: Allradantrieb

Drehmoment: 605 Nm

Spitze: 185 km/h

Reichweite (kombiniert): 481 km (WLTP)

Stromverbrauch: 17,9 kWh/100 km (WLTP), Testverbrauch solo 19,2 kWh/100 km, Testverbrauch Gespann 39,4 kWh/100 km

CO₂-Emission: 0 g/km

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Batteriekapazität: 77,4 kWh

Länge/Breite/Höhe: 4635/1890/1605 mm

Ladeleistung: 11 kW AC und bis 233 kW DC

Kofferraum: 527 bis 1587 l plus 24 l Frunk

Leergewicht: 2095–2175 kg

Preis: ab 59.200 Euro, Testwagenpreis ca. 62.200 Euro

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Knaus Südwind 460 EU 60Years E.Power

Gesamtlänge mit Deichsel: 6,95 m

Länge Aufbau: 4,92 m

Breite: 2,32 m

Höhe: 2,57 m

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Leergewicht: 1261 kg

Zul. Gesamtgewicht: 1500 kg, Zuladung 239 kg

Schlafplätze: 4

Betten: Bug Einzelbetten 2,00 × 0,85 m und 1,88 × 0,85 m, Heck 1,98 × 1,14/1,26 m nach Sitzgruppen-Umbau

Tankvolumen: Frischwasser 45 l, Abwasser externer Tank

Küche: Induktionskochfeld, Kompressor-Kühlschrank (12/230 Volt) 98 l

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Preis: ab 27.899 Euro

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