Omikron und Lockerungen: Macht uns BA.2 noch einen Strich durch die Rechnung?

Menschen spazieren am Maschsee in Hannover: Die Forderungen nach einer Lockerung der Corona-Beschränkungen werden lauter.

Kanzleramt und Gesundheitsministerium haben einen Öffnungsplan für die kommenden Wochen entwickelt.

Bund und Länder planen einen Lockerungskurs der Corona-Maßnahmen für die kommenden Wochen. Schließlich hat die Omikron-Welle ihren Höhepunkt hinter sich, die Infektionszahlen sinken langsam. Zeitgleich weist der Expertenrat der Bundesregierung in seiner sechsten Stellungnahme aber auf einen unsicheren Faktor hin, der das Infektionsgeschehen in kurzer Zeit wieder hochschnellen lassen könnte.

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Die Rede ist von BA.2, einem Subtyp von Omikron. Sollte dieser Virenstrang übernehmen, so der Hinweis der Corona-Experten und Expertinnen, könnte sich auch die Welle verlängern. Das Infektionsgeschehen könnte damit erneut Fahrt aufnehmen.

Zwar lassen sich aktuell laut dem jüngsten Wochenbericht des Robert Koch-Instituts (RKI) noch rund 90 Prozent der untersuchten Virenproben auf BA.1 zurückführen. Die Deltavariante wurde durch diesen Omikron-Subtyp fast komplett zurückgedrängt – und macht nur noch 2 Prozent aus. Das könnte sich aber bald ändern. Die Anfang des Jahres zunächst vor allem in Dänemark, Großbritannien und den USA bemerkte Linie BA.2 macht auch hierzulande Mitte Februar rund 8 Prozent der untersuchten Proben aus – mit steigender Tendenz. Die Weltgesundheitsorganisation berichtet ebenfalls von einem stetigen Anstieg der Untervariante: BA.2 mache mehr als ein Fünftel aller Omikron-Fälle aus, die Anfang Februar weltweit analysiert wurden.

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Omikron-Welle: Variante BA.2 ist der unsichere Faktor

Es scheint biologische Unterschiede zu BA.1 zu geben.

Christian Karagiannidis

, Mitglied im Expertenrat und Intensivmediziner

„Das wird natürlich so weitergehen“, sagte die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek am Dienstag im NDR Info-Podcast „Coronavirus Update“. In Dänemark habe sich das bereits gezeigt, dort ist die Variante inzwischen dominant. Grob geschätzt könne BA.2 Anfang bis Mitte März auch in Deutschland übernehmen. „Wir müssen BA.2 sehr gut im Auge behalten“, betonte am Mittwoch auch der Intensivmediziner und Leiter des Divi-Intensivregisters Christian Karagiannidis in seinem Twitter-Account. „Es scheint biologische Unterschiede zu BA.1 zu geben“, sagte der Corona-Kenner, der auch im Expertenrat der Bundesregierung sitzt.

Dabei verwies Karagiannidis auf eine Anfang dieser Woche neu veröffentlichte Preprint-Studie von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen mehrerer Forschungseinrichtungen aus Japan. Diese haben sich die virologischen Eigenschaften des Virenstrangs genauer angeschaut und kommen zum Schluss: BA.2 unterscheidet sich in seiner genomischen Sequenz so stark von BA.1., dass diese als eigenständige besorgniserregende Variante klassifiziert werden müsse. Sie sollte zudem umfangreich beobachtet werden. Das Risiko von BA.2 für die globale Gesundheit sei im Vergleich mit BA.1, bisher für die Omikron-Welle verantwortlich, potenziell höher.

Die Forschenden konnten in Experimenten mit Hamstern Hinweise darauf finden, dass die Pathogenität bei BA.2 ähnlich wie bei der Alpha-Variante ausfalle, „und höher als bei BA.1″. Es wurde auch mehr Virus in der Lunge gefunden. Das heißt: Die weitere Ausbreitung der Variante könnte zu mehr schweren Covid-19-Verläufen und Toten führen – wenn sich die Studie bestätigt. Die Analyse ist noch nicht von unabhängiger Seite begutachtet worden. Wie die Autoren und Autorinnen zudem selbst einräumen, brauche es klinische Untersuchungen am Menschen, um mehr darüber sagen zu können, inwiefern BA.2 wirklich pathogener ist.

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Eine Analyse des Statens Serum Instituts in Dänemark zeigte bislang keine Unterschiede bei Hospitalisierten im Vergleich zu BA.1. Der US-Mediziner Eric Topol reagierte ebenfalls mit einem Tweet auf den neuen Preprint aus Japan. Bislang gelte die Annahme, die BA.2-Variante unterscheide sich in Bezug auf Pathogenität und Immunflucht nicht wesentlich von BA.1. Die neue Analyse lege nun nahe, dass dies möglicherweise doch der Fall ist.

Der Expertenrat der Bundesregierung hält bislang fest, dass es über die Krankheitsschwere bei BA.2. noch keine ausreichenden Erkenntnisse gebe. Eindeutiger zeige sich hingegen, dass der Virenstrang gegenüber BA.1 „einen Fitnessvorteil“ hat, also vermutlich noch leichter von Mensch zu Mensch übertragbar ist, und deshalb auch mit einer verlängerten Welle zu rechnen sein könnte. Auch die Forschenden aus Japan halten fest: Laut statistischen Analysen ist die effektive Reproduktionszahl von BA.2 rund 1,4-mal höher als bei der bislang dominierenden Omikron-Variante. In Zellkultur habe sich auch gezeigt, dass sich BA.2 im Körper schneller vermehrt.

Corona-Impfung schützt auch vor BA.2

Eine gute Nachricht gibt es aber, wie Virologin Ciesek nach eigenen Laboranalysen im Podcast verdeutlichte: Im Vergleich zur bisher verbreiteten Omikron-Variante gebe es keine Hinweise darauf, dass BA.2 die Immunantwort noch einmal deutlich mehr umgeht als die bisherige Omikron-Variante. Geimpfte und auch von BA.1 Genesene entwickelten neutralisierende Antikörper gegen den Virenstrang. „Das ist kein hundertprozentiger Schutz“, erklärte die Wissenschaftlerin. „Aber die Immunantwort wird stimuliert.“ Es sei relativ unwahrscheinlich, sich direkt nach einer Infektion oder Impfung erneut mit BA.2 anzustecken – aber auch nicht unmöglich.

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Der US-Mediziner Eric Topol verweist zudem auf Daten der britischen Gesundheitsbehörde UKSHA. Dessen jüngster Bericht zeige, dass der Impfschutz gegen BA.2 genauso gut sei wie gegen BA.1, was als „recht beruhigend“ angesehen werden könne.

Ob sich die Omikron-Welle in Deutschland wirklich länger hinzieht, BA.2 das Infektionsgeschehen übernimmt und womöglich mehr Menschen als bislang krank macht, lässt sich nicht vorhersagen. Es ist ein denkbares Szenario, das aber nicht eintreten muss. Und es kommt dabei auch nicht nur auf das Virus an. „Das ist auch abhängig von den Maßnahmen und dem Verhalten der Menschen“, betonte Ciesek.

Wenn man alle Maßnahmen wie in Dänemark fallen ließe, könne es von einem gewissen Plateau aus erneut zu einem deutlichen Anstieg der Infektionen kommen. „Wenn man die Maßnahmen jetzt so weiterbetreiben würde, würde ich denken, dass das nicht unbedingt sein muss, dass das wieder zu einem Anstieg kommt“, erklärte die Virologin. Dann würde sich mit BA.2 womöglich nur zeigen, dass die Infektionen etwas langsamer abnehmen.

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