Fotoausstellung von Bryan Adams: Es sind Menschen
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/533XQE4DWBBCPHMX7OHOJQXSOQ.jpg)
Bryan Adams der seiner Ausstellung „Exposed" in Hagen.
© Quelle: Getty Images
Wir können nicht in die Köpfe der Soldatinnen und Soldaten schauen, die momentan in der Ukraine Krieg führen müssen. Wir können die psychischen und physischen Folgen für die Zivilisten in den angegriffenen Städten und Dörfern nur erahnen. Wir können auch in nur wenigen Fällen die Körper sehen, die in diesem unsinnigen Kampf im Osten Europas verwundet, versehrt, verstümmelt werden. Aber was der Krieg, was alle Kriege mit Menschen machen, das können wir wissen.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/UFXJ2CUPWFH6HHNG6KKB5442WQ.jpeg)
Bilder aus der Serie „Wounded: The Legacy of War“ des kanadischen Musikers Bryan Adams, die verwundete Soldaten zeigen, sind im Osthaus Museum Hagen zu sehen.
© Quelle: Rolf Vennenbernd/dpa
So hat nach dem Ersten Weltkrieg der Antimilitarist Ernst Friedrich 1924 in seinem Buch „Krieg dem Kriege“ mit drastischen Bildern auf die körperzerstörerische Kraft von Waffen hingewiesen. Zu sehen waren weggeschossene Unterkiefer, dezimierte Körper. Wie wenig die Hoffnung auf ein „Nie wieder Krieg“ trug, zeigte sich nur 15 Jahre nach der Erstauflage dieser „Bibel der Pazifisten“. Und wir sehen es heute wieder in Syrien, im Südsudan, in Mali, in der Ukraine und an viel zu vielen anderen Orten.
Geschichte wiederholt sich. Wir lernen nicht aus unseren Fehlern.
Bryan Adams
Auch Fotografien von Bryan Adams, der mit Songs wie „Summer of ‘69″, „Please Forgive Me“ oder „Heaven“ die Achtziger und Neunziger musikalisch mitprägte, sind Warnungen vor dem Krieg. Adams hat in seiner Bilderserie „Wounded: The Legacy of War“, die zurzeit als Teil einer Ausstellung seines Werks im , vom Krieg gezeichnete britische Soldaten abgelichtet. Diese Männer und Frauen, die im Irak und in Afghanistan im Einsatz waren, haben Arme und Beine verloren, ihre Haut ist verbrannt oder verätzt, Gesichter sind entstellt. Und doch lachen manche von ihnen. Und doch geht ihr Leben weiter. Und doch haben sie sich zu diesen Fotos bereit erklärt.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/U5CJYOQHUVBGZHOAH5Y2YLOLOI.jpeg)
Bryan Adams steht vor seiner Fotoserie „Homeless“, für die er Obdachlose porträtiert hat.
© Quelle: Rolf Vennenbernd/dpa
Als Bryan Adams kürzlich seine Ausstellung in Hagen besuchte, erzählte er von der Serie „Wounded“. Über mehrere Jahre hatte er an diesen Fotos gearbeitet. Er habe mit seinen Bildern und dem daraus entstandenen Fotobuch ein Dokument schaffen wollen, um den schlimmen Entwicklungen jener Zeit in Afghanistan und dem Irak entgegenzuwirken. Aber heute befänden wir uns mit dem Krieg in der Ukraine wieder an derselben Stelle. „Geschichte wiederholt sich“, sagte Adams. „Wir lernen nicht aus unseren Fehlern.“ Nun stehe der Krieg an unserer Türschwelle.
Der rockige Kanadier entpuppte sich als sensibler Porträtfotograf
Bryan Adams ist der Musik treu geblieben, vor wenigen Tagen hat er mit „So Happy It Hurts“ ein neues Album veröffentlicht. Doch nach und nach entwickelte sich noch ein Künstler in Bryan Adams: Seine zweite Karriere als Fotograf begann zunächst langsam und weitgehend unentdeckt vor rund 20 Jahren. Zunächst, so erzählt Adams, habe er seine Freunde, Musiker und Schauspieler abgelichtet. Eine Zeitschrift wurde aufmerksam auf die Bilder, dann noch eine. Erste Ausstellungen folgten – und so entpuppte sich der rockige Kanadier nach und nach als sensibler Porträtfotograf.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/5UMWI5AELFDXVD4LNAAB7QFO6E.jpg)
Auch Stars wie Mick Jagger und Christoph Waltz ließen sich von Bryan Adams porträtieren.
© Quelle: IMAGO/Markus Klümper
Eine Ausstellung voller schreiender Gegensätze
Die Ausstellung in Hagen lebt von den Gegensätzen im Werk des Porträtisten. Denn die Fotos der furchtbar gezeichneten Soldatinnen und Soldaten stehen in verwirrendem und gewolltem Kontrast zu Fotografien von Hollywoodstars, Models, Sängerinnen und Sängern. Mickey Rourke raucht im pinken Anzug eine Zigarette, Tobey Maguire sitzt zwischen absurd rundköpfigen Kunstfiguren, Udo Kier räkelt sich in samtrotem Anzug auf einem grotesk hässlichen Plüschsofa.
Kate Moss darf nicht fehlen, Pink ließ sich mit freiem Oberkörper fotografieren, Bill Kaulitz mit vollem Metallbesteck im Gesicht, Bösewichtdarsteller Danny Trejo offenbar kurz nach dem Sex. Rammstein-Sänger Till Lindemann tanzt der Zigarettenrauch um den Mund, und sogar die Queen lächelt in Bryan Adams‘ Objektiv. Sie bewahrt Haltung, würdevoll wie immer, hier neben zwei Paar Gummistiefeln.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/YZ6J3QKVA5FCFGSVGODTFXPAD4.jpg)
Neben Bildern von Kriegsversehrten und Obdachlosen findet man Porträts von Stars wie Mickey Rourke.
© Quelle: Bryan Adams
Dann der nächste Kontrast: Keine Stars, keine Celebrities mehr, an einer Wand präsentieren die Kuratoren Tayfun Belgin, Chef des Osthaus-Museums, und Anke Degenhard Porträts von Obdachlosen. Bryan Adams hat ihnen ein Gesicht gegeben. Die Londoner Obdachlosenzeitung „A Big Issue“ hatte ihn vor Jahren gebeten, Wohnungslose zu porträtieren. „Mir gefielen diese Bilder und ich dachte, das könnte der Anfang von etwas Außergewöhnlichem sein“, sagte Adams. „Und als ich einmal angefangen und den Fuß im Wasser hatte, wollte ich eintauchen und den Rest der Geschichte herausfinden.“
Bryan Adams als Doppelgenie
Der vierte und letzte Teil der Ausstellung zeigt erstmals überhaupt in einem Museum Adams‘ Fotos für den neuen Pirelli-Kalender. Dieser Kalender war früher eine Bildersammlung zumeist nackter Models, heute geht auch er andere Wege. Unter dem Motto „On The Road“ hat Adams Musikerinnen und Musiker wie Rita Ora, Jennifer Hudson und Iggy Pop abgebildet. „So groß habe ich diese Bilder noch nie gesehen“, staunte Adams.
Am Ende verriet Bryan Adams noch, wen er gern einmal porträtieren möchte: Sylvester Stallone. „Er ist ein sehr schöner Mann, sagte der Kanadier. Stallones Kunst war ebenfalls jüngst im Osthaus-Museum in Hagen ausgestellt. Wird Hagen jetzt zum künstlerischen Anziehungspunkt von Hollywood- und Weltstars? „Es geht mir nicht um Hollywoodstars. Es gibt halt Menschen, das sind Doppeltalente, Doppelgenies, und Bryan Adams ist ein hervorragender Fotograf“, sagt Museumschef Tayfun Belgin. Ein Teil von Bryan Adams‘ hervorragenden Bildern sind dieser Tage leider von schreiender Aktualität.
Die Ausstellung im Osthaus-Museum im nordrhein-westfälischen Hagen läuft noch bis zum 24. April. Das Warnschild im Ausstellungsbereich, in dem die Bilder von kriegsversehrten Soldaten gezeigt werden, sollten Eltern von Kindern unbedingt ernst nehmen.