Göttinger „Händel-Talk“ mit Wissenschaftlern und Musikern

Die Dosis macht den Hörgenuss

Prof. Tobias Moser hat einen Tipp für ein gutes Gehör. „Trinken Sie genug“, sagte er an das Publikum gewandt. „Aber nicht nur Kaffee.“

Prof. Tobias Moser hat einen Tipp für ein gutes Gehör. „Trinken Sie genug“, sagte er an das Publikum gewandt. „Aber nicht nur Kaffee.“

Göttingen. Lauter als ein Rasenmäher mäht, kann Erica Eloff singen. Das klingt nicht unbedingt wie ein Kompliment. In dem Fall ist es aber eins. Die aus Südafrika stammende Künstlerin gehört zu den weltweit gefragten Sopranistinnen. Dem Organisationsteam der am 17. Mai beginnenden Internationalen Händel-Festspiele um den Geschäftsführenden Intendanten Tobias Wolff ist es gelungen, die Sängerin zu verpflichten. Bereits am Montagabend beteiligte sich Eloff, wie auch der Künstlerische Leiter der Festspiele, Laurence Cummings, an einer Veranstaltung im Restaurant des Uni-Klinikums. Unter der Überschrift „Händel-Talk meets Kultur“ ging es um das Hören und um das Gehör: ein gemeinsames Projekt von Göttinger Hörforschern und Künstlern, zugleich der dritte und letzte Teil der Händel-Talk-Reihe.

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Zu laute Musik verursacht Hörschäden

Musik und Hören sind eng miteinander verwoben, hieß es in der Einladung. Besonders für Musiker sei ein feiner Hörsinn unverzichtbares Werkzeug. Doch könne auch die schönste Musik auf Dauer zu Hörschäden führen, wenn sie zu lange und zu laut genossen wird, gab die Fachärztin für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Nicola Strenzke zu bedenken. Es widerstrebe ihr zwar, angesichts der bevorstehenden Händel-Festspiele von Lärm zu sprechen, aber es sei schon so: „Hörnervenzellen können bei einer übermäßigen Schallbelastung zugrunde gehen. Man merkt das gar nicht unmittelbar“, sagte die Ärztin. Ab einer Dauerbelastung von 80 Dezibel (dB) sei eine Schädigung des Gehörs wahrscheinlich. Bei Konzerten gebe es die Auflage, eine Lautstärke von 99 dB auf eine Dauer von 30 Minuten zu begrenzen. Ein Rasenmäher bringt es auf 85 dB - Eloff schafft in den Spitzen 90 dB.

Beethoven stellt alles auf den Kopf

Auch ein Orchester kann für Hörschäden ursächlich sein, betroffen seien vor allem die Musiker und Dirigenten selber, weiß Tobias Wolff. Eine Aussage, die der Tenor Jorge Navarro Colorado bestätigte. Auch er gehört zum diesjährigen Festspiel-Ensemble, auch er beteiligte sich singend und plaudernd am Händel-Talk III, auch er hat die Erfahrung gemacht, dass Musik während langer Proben auf die Ohren gehen kann. Der Direktor des Instituts für Auditorische Neurowissenschaften der Universitätsmedizin Göttingen, Prof. Tobias Moser, räumte ein, dass die Medizin zur Kenntnis nehmen muss, dass das Gehör nicht so gut regenerierbar ist, wie lange angenommen. „Aber wie wir von Beethoven wissen, kann man Klavier spielen auch ohne Gehör“, warf Wolff ein. „Das sind die Leute, wegen denen die Lehrbücher umgeschrieben werden müssen“, antwortete Moser. Er sei immer wieder erstaunt, welche Leistung das Gehirn übernehmen kann, wenn das Gehör organisch betrachtet in Mitleidenschaft gezogen ist. Auf Nachfrage aus dem Publikum ergänzte er: „Was Nervenzellen im Gehirn leisten, ist für mich eine fast nicht begreifbare Präzision.“

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Eine ausgetüftelte Mechanik im Ohr

Nicht minder präzise sei die Mechanik im menschlichen Ohr ausgetüftelt. Was da genau ineinander greift, erklärte die Hörforscherin Tina Pangrsic Vilfan. Jeder Klang habe eine Grundfrequenz, die die Tonhöhe bestimmt. In der Hörschnecke werde die Tonhöhe analysiert. Das Hörzentrum im Gehirn verarbeite die Signale, die dann zum Beispiel als Musik wahrgenommen werden, erläuterte sie. Nein, nach einer Hörschädigung sei es nicht mehr möglich, ein besseres Hören wieder zu anzutrainieren, gab Strenzke allen solchen Hoffnungen eine Abfuhr. Ein Hörverlust lasse sich allenfalls ausgleichen durch ein Implantat oder ein Hörgerät.

Also besser keine Musik mehr hören? Händel-Festspiele adé? Prof. Moser hatte darauf eine alle in Erwägung gezogenen Präventionen dieser Art ad absurdum führende Antwort: "Ich würde mich freuen über jeden Rasenmäher, der eine Musik macht wie Erica Eloff."

Kartenverlosung für Händels „Dixit Dominus“

Zu Händels lateinischen Psalmkompositionen gehört „Dixit Dominus“. Die liturgische Komposition wird am Sonnabend, 25. Mai um 19 Uhr in der Basilika St. Cyriakus in Duderstadt aufgeführt. Das Tageblatt verlost dreimal zwei Karten für dieses Konzert. Wer gewinnen möchte, kann am Mittwoch, 8. Mai, zwischen 8 und 20 Uhr unter Telefon 0137/8600273 anrufen und deutlich seinen Namen, Anschrift und Telefonnummer sowie das Stichwort „Dixit Dominus“ auf Band sprechen. (0,50 Euro pro Anruf aus dem deutschen Festnetz, Preise aus dem Mobilfunknetz können abweichen). Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Gewinner werden informiert, ihre Namen im Tageblatt veröffentlicht. Eintrittskarten für die Veranstaltungen der Internationalen Händel-Festspiele (www.haendel-festspiele.de) vom 17. bis 26. Mai sind auch in den Geschäftsstellen des Göttinger Tageblattes, Weender Straße 44 in Göttingen, und des Eichsfelder Tageblattes, Marktstraße 9 in Duderstadt, erhältlich. uw

Von Ulrich Meinhard

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