Don Juan als alternder Macho
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Juan (Stefan Dehler) macht Catalinón( Christoph Huber) Vorwürfe.
© Quelle: Swen Pförtner
Rittmarshausen. Bereits zum wiederholten Male können die Stillen Hunde für ihr Sommertheater das Schloss Rittmarshausen nutzen. Nach Macbeth und Othello präsentierten sie am Donnerstagabend ihr viertes, eigens für diese besondere Spielstätte erarbeitetes Stück. Schwierigkeiten und Möglichkeiten des so stilvollen wie passenden Ambientes haben die Schauspieler souverän genutzt. Ein großer, langer Tisch, mit einer weißen Tischdecke eingedeckt, ersetzt die Bühne. Um ihn herum spielt sich das Geschehen ab, sitzen zu beiden Seiten im ehemaligen Speisesaal die Zuschauer. Geräusche aus dem Treppenhaus, schlagende Türen, die Hausglocke werden für die Inszenierung genutzt.
Maja Müller-Bula, Christoph Huber und Stefan Dehler haben für ihre Komödie Tirso de Molinas Stoff des Don Juan aus dem barocken Spanien in die Neuzeit verlegt. Juan ist ein international gefragter Modefotograf. Er lässt keine Gelegenheit aus, seine Frau zu betrügen, bedient sich ungeniert an ihrem Vermögen, kommandiert und manipuliert seine Angestellten. Moral oder Anstand sind bei ihm Fehlanzeige. Sein persönlicher Diener, Fahrer und Handlanger Catalinón vertuscht so gut es geht seine Eskapaden. Ana, Juans Frau, aber weiß natürlich alles und sinnt nach all den Jahren immer stärker nach Rache. Die ganze Szene spitzt sich zu, als Anas Vater im Sterben liegt.
Schrille Szenen
Es wird viel telefoniert im modernen Don Juan. Um die Handlung voranzutreiben, sind viele Figuren nur Gesprächspartner am Handy. Aus der inhaltlichen Vorlage haben die drei Schauspieler viele schrille, komische, einige nachdenklich machende Szenen herausgearbeitet. Müller-Bula etwa glänzt in verschiedenen Rollen: mal als kreischige Schauspielerin, die Juan abgeschleppt hat, die sich ihm aber entzieht, mal als leidende, schwangere Exgeliebte, mal als kühl-berechnende Ehefrau Ana.
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Ana (Maja Müller-Bula) knöpft sich Catalinón (Christoph Huber) vor.
© Quelle: Swen Pförtner
Huber ist ein wundervoller Catalinón. Diese Blicke, dieses Unbehagen, wenn er Ana Auskunft über Juan geben soll! Wenn er verlegen sein Hemd in den Händen zerknautscht. Sein Catalinón ist nicht der Hellste, aber immer eifrig bemüht, es allen recht zu machen und für einige deftige Sprüche gut. Dehler gibt sehr überzeugend den arroganten, überheblichen Frauenhelden. Ein alternder Macho ist sein Juan, ein schmeichelnder Verführer und aalglatt. Ein Manipulator, dem allerdings langsam der Charme ausgeht: zu anstrengend.
Überraschendes Ende
Einen beeindruckender Dialog zeigen Juan und Ana zum Ende hin. Über den Tisch hinweg und auf ihm rutschend halten sie sich noch einmal alles vor, arbeiten sich aneinander ab, streuen Salz in die Wunden. Er hat sie betrogen! Ja, aber er habe ja auch nie versprochen, sie werde die einzige sein. Er hat um die Scheidung gebeten, sie hat das nicht angenommen. Er wirft ihr vor, dass sie ihre moralische Überlegenheit genießen wolle. „Einer muss das Tier sein, wenn du den Käfig spielst“, hält er ihr vor. Sie rächt sich, und ja, er ist ein Scheißkerl. Am überraschenden Ende fragt sich der Zuschauer allerdings: ist sie wirklich besser?
Der Gruppe, die Dehler und Huber 2008 gründeten, ist mit Don Juan ein vergnügliches Kammerstück mit nachdenklichen Momenten gelungen, das den Ausflug nach Rittmarshausen unbedingt wert ist.
Weitere Vorstellungen
Nächste Vorstellungen: Freitag, 31. August, und Sonnabend, 1. September jeweils um 20.30 Uhr, sowie am Sonntag, 2. September, um 17 Uhr im Schloss in Rittmarshausen.
Von Christiane Böhm