Orchester Göttinger Musikfreunde mit bravouröser Solistin
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Bravouröse Solistin im Konzert von Max Bruch: die Geigerin Yumiko Yumiba.
© Quelle: Michael Schäfer
Bovenden. Eigentlich stand dieser Abend unter keinem besonders guten Stern. Ursprünglich war als Dirigent Johannes Moesus, künstlerischer Leiter des OGM seit 2006, vorgesehen. Und den Solopart in Max Bruchs g-Moll-Violinkonzert sollte die Koreanerin Emma Yoon spielen. Doch Moesus konnte als Chef des Bayerischen Kammerorchesters Bad Brückenau eine wichtige Probe zu einem Konzert in Villach an diesem Termin nicht absagen, Emma Yoon hatte wegen einer akuten Sehnenscheidenentzündung absolutes Spielverbot. Flugs machte das OGM aus der Not eine Tugend: Anstelle von Moesus engagierte es den aus Weißrussland stammenden jungen Dirigenten Vitali Aleksiayonak, der derzeit in Weimar studiert. Und in der Violinklasse von Elisabeth Kufferath an der Musikhochschule Hannover, bei der Emma Yoon studiert, fand sich eine Kommilitonin, die mit dem Bruch-Konzert ebenfalls sehr gut vertraut ist: die Japanerin Yumiko Yumiba.
Ouvertüre zum Melodram „Die Zauberharfe“
Derart aller Sorgen enthoben, eröffnete das OGM das Konzert mit Franz Schuberts Ouvertüre zum Melodram „Die Zauberharfe“. Schön arbeitete Aleksiayonak den Kontrast zwischen der nachdenklichen langsamen Einleitung und dem fröhlich jubelnden Hauptteil heraus. Seine Instrumentalisten folgten ihm mit Verve, nicht überall in der Intonation perfekt und hier und da bei schnellen Tempi ein klein wenig uneins, aber mit sprudelnder Spielfreude und Leidenschaft.
Das also war die schwungvolle Vorrede zum ersten Hauptstück des Abends, dem populären g-Moll-Violinkonzert von Max Bruch. Gleich mit ihren ersten energischen Strichen ließ Yumiko Yumiba aufhorchen. Die 22-jährige Musikerin besitzt eine eindrucksvolle Souveränität, gestaltet Steigerungen weit vorausschauend und kann mit einer Fülle gestalterischer Nuancen aufwarten, die das reiche Gefühlsleben dieses wunderbar schwelgerischen Konzerts in allen Facetten lebendig werden lassen. Ihr zuverlässiger Partner war das OGM unter der einfühlsamen Leitung von Aleksiayonak.
Prunkvoll aufrauschendes Figurenwerk
Grundlage ihrer Violinkunst ist eine ausgereifte Virtuosität – blitzsauber die Doppelgriff-Ketten, die Läufe bleiben auch in wirbelndem Tempo stets präzise. Sowohl in den lyrischen, introvertierten Passagen des langsamen Satzes als auch im prunkvoll aufrauschenden Figurenwerk des rhythmisch mitreißend gestalteten Finales vermochte Yumiko Yumiba zu glänzen. Der Beifall für diese bravouröse Leistung wollte kaum enden.
Eine Repertoire-Rarität war der Schlusspunkt dieses Abends: die erste Symphonie des norwegischen Komponisten Johan Svendsen. Dieser Zeitgenosse von Edvard Grieg stand wohl zeitlebens im Schatten des weitaus berühmteren Kollegen, wie Dirigent Aleksiayonak in seiner anregenden kurzen Werkeinführung bemerkte. Und Svendsen habe dies wahrlich nicht verdient, fügte er hinzu. Seinem Dirigat merkte man dann auch die Begeisterung für diese Symphonie an, die sich auf die engagiert aufspielenden Instrumentalisten übertrug. Auch wenn es hier und da mal wackelte und die Blechblasinstrumente nicht immer ganz pünktlich ihren Klang entfalteten, war das eine spannende, immer wieder mitreißende Interpretation. Sowohl der ein wenig herbe Charme des Kopfsatzes als auch der feine, geistvolle Witz des Allegretto scherzando und die machtvollen Steigerungen im Finale konnten das Publikum nachhaltig bezaubern. Dementsprechend begeistert fiel der Beifall aus, für den sich Aleksiayonak und das OGM mit einem kurzweiligen Stückchen aus dem Svendsen-Scherzo bedankten.
Von Michael Schäfer