Russischer Klangzauber mit dem GSO
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Glänzender Interpret: der russische Pianist Nikolai Demidenko.
© Quelle: Schäfer
Göttingen. Auf dem Programm des Abends im ausverkauften Saal standen drei Werke der Romantik: Sergej Rachmaninows symphonische Dichtung „Die Toteninsel“ nach dem Gemälde von Arnold Böcklin, das fis-Moll-Klavierkonzert von Alexander Skrjabin und die „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgski in der Orchesterfassung von Maurice Ravel. Gemeinsam ist diesen Stücken ihre intensive Emotionalität. Sie appellieren durchweg an das Gefühl, weniger an den Intellekt. Sie bewegen den Hörer, erzeugen mit ihrem Klangzauber tiefe Empfindungen.
Rachmaninows „Toteninsel“ in der Göttinger Stadthalle
Rachmaninows „Toteninsel“ ist ein schier unendlicher Strom düsterer, melancholischer Stimmungen, vielerorts verzweifelnd, hier und da von einem kleinen Hoffnungsschimmer erhellt, aber auch in Katastrophen mündend. Freilich gibt es keinen Tag des Zorns, in dem alles endet, sondern eine immer sanfter wogende Bewegung, die auch ewige Ruhe verheißt. Das zeichnet die Musik in vielfältigen, vorwiegend dunklen Farben nach. Das Metrum ist durchweg unregelmäßig so wie Winde, die hier stärker wehen, dort sanft fächeln. Dafür müssen die Instrumentalisten eine besonders fein abgestimmte Dynamik bieten, sie müssen die Musik gleichsam atmen lassen. Das gelang ihnen unter Muellers sensiblem Dirigat vorzüglich, die großen Bögen von Spannung und Entspannung teilten sich fast unmittelbar körperlich mit.
Der russische Pianist Nikolai Demidenko war für Skrjabins gefühlstiefes Klavierkonzert ein glänzender Interpret. Er bot mannigfache Abstufungen zwischen kraftvollen, geradezu stählernen akkordischen Blöcken und filigran zartem, glitzerndem Laufwerk, konnte betörend liebliche Stimmungen ebenso gut erstehen lassen wie kraftbetonte Ausbrüche gestalten. Klaviertechnisch höchst souverän, besitzt er eine staunenswerte Virtuosität, die er aber nirgends eitel hervorkehrt, sondern in den Dienst der musikalischen Aussage stellt. Mueller folgte den stilsicher eingesetzten kleinen Beschleunigungen und Beruhigungen im Vortrag des Solisten mit größter Flexibilität – und entlockte seinen Streichern im Anfang des Mittelsatzes ein derart hauchzartes dreifaches Piano, dass kaum ein Hörer zu atmen wagte. Für den hochverdienten prasselnden Applaus bedankte sich Demidenko mit zwei Zugaben: Chopins „Minutenwalzer“ und der kecken D-Dur-Sonate K. 145 von Domenico Scarlatti.
Hervorragende Leistungen der Orchestermusiker des GSO
Zur Krönung des Abends hatte Mueller die Ravelsche Orchestrierung von Mussorgskis „Bildern einer Ausstellung“ an den Schluss gesetzt. Hier konnte der Dirigent eine wunderbar reiche Klangfarbenpalette nutzen – nicht zuletzt dank der zahlreichen hervorragenden Leistungen von Orchestermusikern, von denen die Soli des Saxophons, der Trompete und der Basstuba stellvertretend erwähnt seien. Ein fulminanter Abend, der tiefste Emotionen auslöste.
Nächste GSO-Termine:
Familienkonzert "Tom Sawyer" am Sonntag, 11. Februar, um 11.30 Uhr im Deutschen Theater (nur noch wenige Tickets erhältlich) und "Nacht der Filmmusik" am Sonnabend, 17. Februar, um 19.45 Uhr und am Sonntag, 18. Februar, um 18 Uhr in der Sparkassen-Arena. Karten gibt es beim Tageblatt-Ticketservice in Göttingen, Weender Straße 44, und in Duderstadt, Marktstraße 9.
Von Michael Schäfer