Annehmen, akzeptieren und umarmen: So haben Sie keine Angst vor der Angst
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Mit der Angst ist das so eine Sache. Häufig spielt sich scheinbar Bedrohliches nur im eigenen Kopf ab.
© Quelle: Valentin Salja/Unsplash/Montage RND
Auf Krankheit, Verlust, Trennung und anderes Bedrohliches mehr reagiert unser Organismus häufig auch mit Angst. Gedanken drehen sich im Kreis und oft malen wir uns katastrophale Zukunftsszenarien aus. Mehr und mehr schwindet vielleicht das Verständnis der Zusammenhänge, genährt durch die Haltung und innere Stimme: „So soll, so darf es nicht sein.“ Symptomatisch ist dabei meist das Aufkeimen eines inneren Widerstands – gegen das, was anders ist, als ich es gerne hätte, und darüber hinaus auch noch gegen die daraus erwachsenden Emotionen. Das spielt sich bei vielen Menschen aber nur in Gedanken ab.
Hinsichtlich gedanklicher beängstigender Ereignisse in der Zukunft gibt es einen Gestaltungsspielraum. Wenn ich beispielsweise alles getan habe für das Bestehen einer Prüfung, kann dennoch Angst hochkommen, wenn sich Gedanken an ein Versagen in meinem Kopf einnisten. Dramatisch kann es bei Situationen oder Gegebenheiten werden, die Angst auslösen, und wenn sich infolge von Angst vor der Angst ein Teufelskreis entwickelt.
„Wer weiß, wofür es gut ist?“
Zum Glück gibt es einen außerordentlich wirksamen Umgang mit schwierigen Gefühlen: annehmen, akzeptieren und umarmen. Wenn du Angst oder Sorgen bemerkst, halte inne. Spüre in dich hinein, wo in deinem Körper sich das unbehagliche Gefühl zeigt, atme tief und bewusst in diese Stellen hinein und heiße es willkommen. Beim Ausatmen lasse mehr und mehr die Kontrolle los. So lautet die zunächst paradox anmutende Anleitung für einen achtsamen und annehmenden Umgang mit seinen schwierigen Gefühlen. Falls die Prüfung nicht bestanden wurde, mag die an sich selbst gerichtete Frage hilfreich sein, um wieder in seine Mitte zu kommen: „Wer weiß, wofür es gut ist?“
Dazu eine der tiefgründigsten Weisheitsgeschichten, die ich kenne: Eines Tages zerkleinerte ein orientalischer König mit einem riesigen Messer eine Kokosnuss, als neben ihm unerwartet ein Vogel aufflog. Der König erschreckte sich und hackte sich dabei mit dem Messer einen Finger ab. Der König schrie vor Schmerz und Wut auf und stürzte zu seinem Berater, um ihm das Unglück zu zeigen. „Hoheit, gemach, niemals wissen wir Menschen, was für uns im Letzten ein Glück oder ein Unglück ist“, beschwichtigte der Berater. Das war zu viel für den König und wutentbrannt ließ er den Mann in einen ausgetrockneten Brunnen werfen. Auf dem Weg zurück zu seinem Schloss überfiel den König zu allem Überfluss eine Bande von Kopfjägern, die auf der Suche nach einem Menschenopfer für ihren Gott waren.
Aus einem Fluch wird ein Segen
Als die Kopfjäger jedoch bemerkten, dass dem König ein Finger fehlte, sprachen sie: „Nein, dich können wir als Opfer nicht gebrauchen. Unser Gott akzeptiert nur vollständig unversehrte Körper.“ Sie ließen den König laufen. Der war überglücklich. Bis ihm plötzlich einfiel, dass er ja seinem Berater Unrecht getan hatte. Der König lief zum Brunnen und befreite den Mann. „Bitte entschuldige“, sagte er und erzählte ihm, was vorgefallen war. „Kein Grund, sich zu entschuldigen. Es war ein Segen, dass Ihr mich in den Brunnen geworfen habt!“, sagte der Berater. „Aber wie kannst du darin etwas Gutes sehen?“, fragte der König. Der Berater antwortete: „Na, hätte ich hier nicht im Brunnen gesessen, hätten die Kopfjäger doch mich als Opfer genommen!“
Helmut Nowak ist Coach und Lehrer für Achtsamkeit und Stressbewältigung und schildert hier regelmäßig, wie man lernt, bewusster zu leben. Der Autor ist zu erreichen unter www.achtsamkeit-und-co.de.
In der Kolumne „Auf der Couch“ schreiben wechselnde Experten zu den Themen Partnerschaft, Achtsamkeit, Karriere und Gesundheit.
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