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Drei ungewöhnliche Sportarten im Vergleich

HILIT, Hyrox und Neuroathletik: Wie effektiv ist das Training wirklich?

Wer Sport treiben möchte, hat zahlreiche Möglichkeiten.

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Hampelmänner im Wohnzimmer, Kicken im Fußballverein, Bankdrücken in der Muckibude oder Joggen im Wald – im Grunde gibt es keine Ausreden dafür, keine Zeit zum Sport zu haben. Trainingseinheiten können individuell gestaltet und zu jeder Zeit und überall eingebaut werden. Jeder hat die Möglichkeit, es in seinem Tempo und auf seine Weise zu machen.

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„Im Fitnessbereich gibt es ganz unterschiedliche Lager: Manche wollen in Ruhe trainieren, andere brauchen ein Gemeinschaftsgefühl, um sich zu motivieren“, sagt der Sportwissenschaftler und Fitnesstrainer Jörn Giersberg. Und das spiegelt sich auch in den aktuellen Fitnesstrends wider: Die angesagten Trainings HILIT, Hyrox und Neuroathletik unterscheiden sich grundlegend voneinander. Für wen sind sie geeignet – und wie effektiv sind sie wirklich?

HILIT

Wer auch im Corona-Lockdown weiter fit bleiben wollte, hat zu Hause womöglich auch mal das High Intensity Interval Training (HIIT) ausprobiert. Auf Youtube und Co. wimmelte es von Videoworkouts mit diesem Schwerpunkt. Die Trainingseinheiten sind extrem fordernd. Als anfängerfreundlich gilt die Variante HILIT. „Der Vorteil ist, dass man sofort zu Hause loslegen kann und der ganze Körper in Bewegung kommt“, sagt Giersberg. Ähnlich wie bei HIIT wechseln sich bei HILIT intensive und ruhigere Phasen ab. Ein Training besteht aus mehreren Kardioeinheiten, die den Puls in die Höhe schnellen lassen – allerdings im Gegensatz zu HIIT nur auf 70 Prozent des Maximalpulses. Anschließend geht das Training in leichtere Übungen über, etwa in Einheiten aus Yoga und Pilates.

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„Anfängerinnen und Anfänger können damit sicherlich Fortschritte machen“, sagt Giersberg. „Wer aber aus Zeitgründen nur zwei Mal die Woche trainieren kann, wird hier auf Dauer nicht die nötige Intensität erreichen, um große Erfolge zu erzielen.“ Denn durch das Training könne man so auf Dauer weder die Muskeln richtig aufbauen noch die Ausdauer richtig ankurbeln – dazu müsse man schon vier bis fünf Mal pro Woche trainieren. Und das sei vielen Menschen nicht möglich.

Hyrox

Einen Kilometer laufen, dann einen Schlitten 50 Meter weit schieben, wieder einen Kilometer laufen, anschließend den Schlitten 50 Meter weit ziehen: Der Wettkampf Hyrox ist eine Stunde Quälerei. Die Idee hatte der ehemalige deutsche Zehnkämpfer Christian Toetzke, der den Wettbewerb 2017 in Hamburg gründete. Inzwischen gibt es pro Saison 47 Events in elf Ländern mit teils Tausenden Teilnehmenden, die in Messehallen und anderen Locations ordentlich ins Schwitzen kommen.

Der Begriff ist eine Zusammensetzung aus Hybrid und Rockstar. Hybrid deshalb, weil das Event eine Kombination aus Ausdauer- und Krafttraining ist: Acht Kraftübungen wechseln sich mit acht jeweils ein Kilometer langen Laufeinheiten ab – alles zu krachend-lauter Musik. Der Trendsport boomt – doch Giersberg kritisiert, dass die Übungen bei Hyrox nicht physiologisch optimal aufeinander abgestimmt sind. „Kraft und Ausdauer passen in einem Training eigentlich gar nicht zusammen. Gewichtheber machen zum Beispiel in Kraftphasen kein Kardiotraining, weil es den Kraftaufbau hindert – und wenn ich Kardioathlet bin, dann mache ich auch kein intensives Krafttraining“, sagt er.

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Dennoch biete der Wettbewerb auch Vorteile für einige Menschen. „Hyrox ist auf jeden Fall für diejenigen geeignet, die ein Gemeinschaftsgefühl und einen Wettbewerbscharakter beim Training mögen – und sich gern bis zum Anschlag auspowern wollen“, sagt Giersberg.

Für besonders gut Trainierte gibt es auch die Option, an einer Profiwertung mit höheren Gewichten teilzunehmen. Und es gibt Doppel- und Staffelwettbewerbe.

Neuroathletiktraining

„Das Wort habe ich in der Badewanne erfunden“, sagt Lars Lienhard und lacht. Den Ansatz der Neuroathletik hat zwar der US-Amerikaner Eric Cobb federführend entwickelt, doch der deutsche Sportwissenschaftler prägte den Begriff Neuroathletiktraining. „Jede Sportart hat auch Anforderungen an die bewegungssteuernden Systeme im Gehirn – dafür steht das Athletiktraining. Das ‚Neuro‘ im Wort heißt so viel wie: Wir bereiten das Nervensystem auf die Anforderungen des Wettkampfs vor“, sagt Lienhard.

Das Gleichgewicht, die Augen, die Bewegungskontrolle: Im Neuroathletiktraining gibt es zahlreiche Übungen, die das Gehirn trainieren sollen, „damit es mehr Klarheit über die Informationen vom Körper und die Umwelt kriegt“, so Lienhard. Es gehe darum, die Leistungsfähigkeit durch eine bessere Kommunikation zwischen Gehirn und Muskeln zu verbessern – und mitunter technische Fehler beim Training zu vermeiden.

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Der ehemalige Stabhochspringer und Hürdenläufer sagt, dass er zwar hauptsächlich mit Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern arbeite – das Neuroathletiktraining sei jedoch auch für Laien sinnvoll, zumal ihnen meist weniger bewusst sei, welche Defizite sie beim Training aufweisen. Giersberg zufolge sollte bei ihnen jedoch der Fokus zunächst nicht auf Neuroathletik liegen: „Für Anfänger gilt es erstmal, dass sie sich beim Einstieg ins Training grundlegend um ihre Kondition kümmern.“

Welcher Trend für wen infrage kommt, hängt von den eigenen Trainingsvorlieben und dem Fitnesslevel ab. „Das wichtigste ist aber, dass Menschen überhaupt ins Training kommen. Man muss nicht immer auf neue Trends aufspringen“, betont Giersberg. Ein gutes Training mache aus, dass es vor allem drei Aspekte erfülle: Progression, Regeneration und Variation – man solle sich also stets verbessern, genügend Pausen zwischen den Trainingstagen einlegen und möglichst viel Abwechslung von Einheit zu Einheit haben können. Bei Fitnesstrends und auch jeder anderen Sportart gelte es laut Giersberg, zu überprüfen, ob diese drei Ziele damit zu erreichen sind.

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