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Ganzheitliche Verwertung

Fett im Geschäft: Zwei Profis erklären, wie sie Pekingente zubereiten

Bereits in der Ming-Dynastie galt Pekingente in China als Delikatesse

Bereits in der Ming-Dynastie galt Pekingente in China als Delikatesse

Das Geräusch gleicht dem beim Anschneiden eines Krustenbrots. Dabei ist es eine Ente mit goldbrauner Haut, die im Hamburger Dim Sum Haus angeschnitten und in Fleischsaft angerichtet wird. Der Sud ist gewürzt mit Anis, Nelke, Zimt, Fenchel, Szechuanpfeffer oder Lorbeer. Glaubt man Tim Mälzer, dann handelt es sich dabei um die beste Pekingente des Landes, was der mitteilungsfreudige TV-Koch mehrmals in Funk und Fernsehen kundtat. Ein regelrechter Ansturm auf die Spezialität folgte. Wöchentlich werden seither Hunderte Pekingenten im Dim Sum Haus verkauft. Tausende werden im Jahr zudem quer durch die Republik versandt.

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Pekingente bei den Löwen

Die Idee von der „Pekingenten-Kochbox“ zündete Anfang April auch in der TV-Sendung „Die Höhle der Löwen“. Es kam zum Deal mit den Investoren Dagmar Wöhrl, Nils Glagau und Tillman Schulz. Eine verrückte Wendung der Geschichte. Vor zehn Jahren stand das Dim Sum Haus vor dem Aus. Es galt als Geheimtipp, vor allem bei Chinesen. Das war kaum rentabel, erst recht, nachdem sich die Miete für das Objekt am Hauptbahnhof verdreifacht hatte. Dann entschloss sich Dennis Kwong, in dritter Generation die Führung zu übernehmen.

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Der Kaufmann investierte in Marketing und möbelte das Ambiente auf. Tapeten mit Goldornamenten zieren heute die Wände. Knallrote Lampions hängen von der Decke. „Ein bisschen kitschig“, gesteht der Chef augenzwinkernd. Am Menü änderte er hingegen wenig: „Pekingente gab es schon lange bei uns, sie gleicht aber eher einer Kantonente, denn Haut und Fleisch werden zusammen serviert“, sagt er.

Vor zehn Jahren stand das Dim Sum Haus vor dem Aus, dann übernahmen Dennis Kwong und seine Frau Mary-An das Dim Sum Haus.

Vor zehn Jahren stand das Dim Sum Haus vor dem Aus, dann übernahmen Dennis Kwong und seine Frau Mary-An das Dim Sum Haus.

Wie die Pekingente zubereitet wird

In der chinesischen Originalrezeptur werden die gemästeten Pekingenten (dieselbe Rasse wie die deutsche Hausente) nach dem Schlachten nur gerupft, aber vor der Auslieferung nicht ausgenommen. Im Restaurant entfernen Koch oder Köchin die Füße und durch einen winzigen Schnitt die Innereien. Durch diese Öffnung wird später Brühe eingefüllt, sodass die Ente hängend im Ofen von innen gleichmäßig gart.

Eine besondere Kuriosität: Am Hals wird ein dünner Schnitt gemacht und mit Druckluft die Haut vom Fleisch getrennt. „Das ist bei chinesischen Pekingenten nötig, die oft über drei Kilo wiegen. Durch die Technik kann das Fett beim Garen ablaufen. Wir nutzen magerere Enten, da braucht es das nicht“, ist Dennis Kwong überzeugt.

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Ganzheitliche Verwertung der Pekingenten

Bei einem weiteren Zubereitungsschritt werden die Enten überbrüht. Danach trocknen die Tiere einige Stunden in Ventilatorenluft, damit die Haut später besonders knusprig wird – denn das ist das unumstrittene Highlight eines original chinesischen Pekingentenmahls, das aus bis zu acht Gängen bestehen kann. Auch Füße und Zungen der Enten werden in China gerne als eigenständiges Gericht serviert. Das Brustfleisch gibt es mit hauchdünnen Reismehlpfannkuchen, Hoisin-Soße und Lauchzwiebeln. Auch Entenherz, -magen, -flügel werden gegessen. In China setzte man auf eine ganzheitliche Verwertung des Tiers. Sogar die Karkasse wird am Ende noch zu einer Brühe ausgekocht.

In Berlin gibt es die Brühe auch mal ganz untypisch am Anfang eines Pekingentenmenüs. Das Hotelrestaurant Orania in Kreuzberg ist ein weiterer Betrieb in Deutschland, der sich mit der Spezialität einen Namen gemacht hat. Hier wird die „X-Berg-Duck“ serviert. „Es ist keine klassische Pekingente, deswegen der Name“, sagt Philipp Vogel, der mit seiner Frau Jennifer den Betrieb leitet. Gebratener Reis wird im Orania etwa mit einem rohen Ei verfeinert, was sonst eher typisch für die koreanische Küche ist. Die Haut kommt mit französischen Crêpes an den Tisch. Die Innereien werden in einem Dumpling, also einer Teigtasche, verpackt und in der Brühe als erster Gang serviert.

Philipp Vogel serviert im Orania Berlin auch vegane Pekingente.

Philipp Vogel serviert im Orania Berlin auch vegane Pekingente.

Die Haut als eigenständiger Gang

Zwei Jahre hat Philipp Vogel in Shanghai als Koch gearbeitet. In dieser Zeit lernte er die Vielfalt der Pekingente schätzen. „Da habe ich die verschiedenen Varianten kennengelernt“, erzählt er. Seine ­„X-Berg-Duck“ entstand schließlich aus einer asiatisch angehauchten Weihnachtsente, die bei den Gästen auf viel Zuspruch stieß. Doch nicht alles ist im Orania frei interpretiert: „Die Kohlenhydrate, also die sättigenden Teile, kommen bei einem chinesischen Menü am Ende, das finde ich sinnig, deswegen servieren wir auch den Reis zuletzt“, sagt Vogel.

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Und auch die Technik der Druckluft bei der Entenzubereitung hat aus seiner Sicht Vorteile: „Wir beziehen irische Enten, die wir aufblasen und sie anschließend überbrühen. Dadurch trennt sich die Haut vom Fett. Im Ofen geht die Ente dann auf wie ein Ballon. Sie wird gleichmäßig braun und knusprig.“ Die Haut wird im Orania dann ganz klassisch als eigenständiger Gang serviert, mit Gurke oder Hoisin-Soße. Wobei diese Servierart gar nicht aus China stammen soll, sondern angeblich auf einen thailändischen König zurückgeht, der sich nur für die Haut begeisterte. So wurde es Philipp Vogel in China zugetragen.

Aber Geschichte ist bekanntlich nicht Gegenwart. Und Peking ist nicht Berlin. Deswegen wird die mittlerweile äußerst bekannte „X-Berg-Duck“, von der pro Abend bis zu 30 Stück verkauft werden, auch als veganes Menü angeboten. Es gibt dann Aubergine statt Brustfleisch. Und ein knackiges Salatblatt gefüllt mit Rettich, Gurke und Hoisin-Soße anstatt der Haut. „Wer die Ente lieber füttert statt futtert, der bestellt die Vuck“, heißt es auf der Karte.

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