20 Jahre Internationale Gärten in Göttingen
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Hansjörg Gutberger, Kamal Chowdhury, Shimeles Tassew und Najeka Abid gestalten die Internationalen Gärten mit.
© Quelle: Böhm
Göttingen. "Wir hatten am Anfang keine Vorstellung davon, wie das in den Gärten gehen wird mit unterschiedlichen Familien" erzählt Najeka Abid. Abid ist seit den ersten Jahren dabei und bearbeitet ein kleines Stück Garten in Geismar am Gehrenring, baut Zucchini, Kürbisse, Melisse, Koriander und Bockshornklee an. Ein Ort der Begegnung sollten die Gärten sein. "Grammatik lernen kann man an der Volkshochschule", sagt Abid. Hier gehe es darum, was die Menschen für den Alltag brauchten. Und das seien Kontakte.
Das gemeinsame Gärtnern von Deutschen und Flüchtlingen ist ein Erfolgsmodell geworden. Nicht nur 20 Jahre Verein sprechen dafür, sondern auch der Niedersächsische Umweltpreis und der ungebrochene Zuspruch, denn alle Parzellen in den beiden Standorten in Grone und Geismar sind belegt.
Einen Streifen Land pflegen
1996 schon gestaltete eine Gruppe von Migranten-, Flüchtlings- und deutschen Familien einen ersten interkulturell gestalteten Garten in Geismar. 1998 wurde der Verein gegründet. Gemeinsames Gärtnern stand zunächst im Vordergrund.
„Ich habe am Anfang einen Vertrag mit der Stadt geschlossen, einen Streifen Land zu pflegen“, erzählt Shimeles Tassew, Vorsitzender des Vereins. Bedingung war damals, dass dort etwas angebaut wird für die benachbarte Schule, und dass Kindergarten und Schulen aus der Umgebung Parzellen erhielten.
Möglichst keine Pflanzenschutzmittel benutzen
Im Garten wird deutsch gesprochen. Rund 63 Mitglieder aus 25 Nationen hat der Verein momentan, je 20 Parzellen gibt es in den beiden Gärten in Grone und in Geismar am Gehrenring. Alle Parzellen sind mit rund 20 Quadratmetern gleich groß. „Es gibt auch andere Konzepte“, sagt Tassew. Manche hätten auch gern 200 Quadratmeter. Neben Einzelparzellen für den Anbau von Gemüse und Kräutern gibt es Gemeinschaftsflächen. Gartenwerkzeug wird zur Verfügung gestellt. Der Verein legt seinen Mitgliedern eine ökologische Bewirtschaftung ihrer Flächen nahe, auf Pflanzenschutzmittel und Kunstdünger soll verzichtet werden.
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Der Garten in Geismar in seinem Gründungsjahr.
© Quelle: Runzer
„Ich arbeite in einem Forschungslabor an einem der Max-Planck-Institute Göttingens. Unsere Arbeitssprache ist Englisch“, erzählt Kamal Chowdhury vom Vereinsvorstand. Die meisten Wissenschaftler blieben zwei bis drei Jahre da. „Wir haben eigentlich keine Notwendigkeit für Integration. Ich habe in den Gärten ein anderes Leben außerhalb des Labors kennengelernt.“ Den Alltag der Flüchtlinge und ihre traumatischen Erlebnisse.
Glückliche Zusammensetzung
Rund 40 Prozent der Mitglieder kommen aus Deutschland. Das ist auch so gewollt. Nur sehr selten musste der Vorstand bislang lenken, wer Parzellen bekommt. „Wir haben eine glückliche Zusammensetzung“, so Hansjörg Gutberger, der für den Garten in Grone zuständig ist. Denn wenn zu viele Parzellen an Menschen einer Nationalität vergeben werden, hätten andere unter Umständen keine Lust mehr zu kommen. Das sei nicht das Konzept.
Vielfalt gestalten ist ein Motto des Vereins. Es gibt gärtnerische, handwerkliche, künstlerische Angebote, mit denen das Wissen der Vereinsmitglieder weitergegeben wird. Im Jahr 2018 gab es beispielsweise diverse Siebdruck-Workshops von und mit Geflüchteten, Bildervorträge, eine Saatgutbörse und Kurse in der 2008 errichteten Lehrimkerei.
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Die Lehrimkerei im Groner Friednesgarten.
© Quelle: r
Der Verein arbeite an der Schnittstelle zukunftsorientierter Themen: Integration, Umwelt, Soziales. Dass das gemeinsam verhandelt werde, gefalle ihm sehr gut. „Ich wüsste wenig Vereine, die das so leben“, sagt Gutberger.
Der Garten ist eine Art Passage
Zehn Mitglieder sind seit über zehn Jahren dabei, viele verlassen die Gärten auch wieder. Sie ziehen um in andere Städte, nehmen eine Arbeit auf. Der Garten sei eine Art Passage, sagt Tassew. „Wir haben viel Zulauf, viel Erfahrung. Und wir beginnen immer wieder von vorn.“
Von Christiane Böhm
GT/ET