Ab Freitag in der Paulinerkirche

Ausstellung zeigt Göttinger Gutenbergbibel

Das Musterbuch diente als Vorlage für die Ausmalung des Göttinger Exemplars der Gutenbergbibel.

Das Musterbuch diente als Vorlage für die Ausmalung des Göttinger Exemplars der Gutenbergbibel.

Göttingen. Ein ganz besonderes Exemplar, eines, das auf Pergament, also Tierhaut, gedruckt wurde, ist im Besitz der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek (SUB) Göttingen. Ab Freitag, 20. Juli, ist das Buch in einer Ausstellung zu sehen.

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Anlass für die Ausstellung ist der Todestag von Johannes Gutenberg. Er gilt als Erfinder des europäischen Buchdrucks mit beweglichen Lettern. Gutenberg starb vor 550 Jahren.

„Herausragende Originale der Gutenbergzeit”

Zu sehen sind nach Angaben der Universität Göttingen „herausragende Originale der Gutenbergzeit” aus der eigenen Sammlung. Die Ausstellung zeigt unter anderem die zum Unesco-Weltdokumentenerbe gehörende Gutenbergbibel sowie das berühmte handgeschriebene Musterbuch. Es diente als Vorlage für die Ausmalung dieses Bibelexemplars. Außerdem zu sehen sind in Gutenbergs Werkstatt gedruckte Ablassbriefe, eine Urkunde, die Gutenbergs finanzielle Beziehungen zu seinem wichtigsten Geldgeber beleuchtet, sowie das enzyklopädische Werk „Catholicon“. „Neben der Präsentation von Druckerzeugnissen aus Gutenbergs Werkstatt wollen wir auch vermitteln, wie diese Werke den wissenschaftlichen und bibliothekarischen Alltag hier in Göttingen beeinflusst haben und noch heute beeinflussen“, sagt der Leiter der Abteilung Spezialsammlungen und Bestandserhaltung der SUB, Dr. Johannes Mangei.

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Der Erfinder des europäischen Buchdrucks mit beweglichen Lettern, Johannes Gutenberg, hat die Stadt Göttingen, soweit es der Forschung bekannt ist, niemals selbst betreten, so die Uni. Aber: Es befinden sich heute sieben bedeutende Quellen zu Gutenberg in der niedersächsischen Universitätsstadt. „Wahrscheinlich lagen zumindest drei davon im Jahr 1455 noch zusammen auf dem Tisch oder Pult einer Mainzer Werkstatt: Die Göttinger Gutenberg-Bibel in zwei Bänden und das Göttinger Musterbuch“, so die Ausstellungsmacher.

Rund 60 Ausstellungsstücke

Wie kommt es, dass diese einzigartigen Kulturschätze heute in Göttingen aufbewahrt werden? Und wieso enthält ausgerechnet die Göttinger Sammlung auch noch weitere Bücher und Urkunden, die auf besonders eindrückliche Weise Aspekte aus Gutenbergs Leben und Wirken bezeugen? Zu diesen und weiteren Überlegungen möchte die Kabinett-Ausstellung „Gutenberg in Göttingen“ anregen, die aus Anlass des 550. Todesjahrs von Johannes Gutenberg im Chor der Göttinger Paulinerkirche gezeigt wird. Weder die Bibel noch das Musterbuch sind sonst für die Öffentlichkeit zu sehen, die wertvollen Schätze werden in der SUB unter Verschluss gehalten. Kein Wunder, denn sie sind empfindlich: „Die Bücher dürfen maximal einer Lichtstärke von 50 Lux ausgesetzt werden“, sagt Christoph Hornig, Sprecher der SUB. Zudem werden diese Exponate möglichst bei 20 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von nicht mehr als 50 Prozent aufbewahrt – und ausgestellt. Rund 60 Ausstellungsstücke sind ab Freitag im Chorbereich der Paulinerkirche zu sehen.

Die Kabinettausstellung, die den Titel „Gutenberg in Göttingen“ trägt, wird vom 20. Juli bis zum 7. Oktober gezeigt. Am Donnerstag, 19. Juli, wird die Schau um 18 Uhr in der Paulinerkirche, Papendiek 14, eröffnet. Dann begrüßt SUB-Direktor Prof. Wolfram Horstmann die Gäste. Den Festvortrag zum Thema „Die Göttinger Gutenberg-Bibel von 1454. Der Prototyp der Erfindung – ein typografisches Meisterwerk – ein Meilenstein in der Editionsgeschichte der lateinischen Bibel“ hält Prof. Stephan Füssel vom Gutenberg-Institut für Weltliteratur und schriftorientierte Medien, Abteilung Buchwissenschaft, der Universität Mainz. Anschließend stellt Dr. Petra Lamers-Schütze vom Taschen Verlag, Köln, die dreibändige Neuausgabe der Gutenberg-Bibel, des Musterbuchs und des Notariatsinstruments vor. Das Werk kann an diesem Abend zu einem Sonderpreis erworben werden.

Es folgt eine Einführung in die Ausstellung von Steffen Hölscher, Mitglied im Kuratorenteam der SUB. Die Veranstaltung wird musikalisch begleitet von Mitgliedern der Akademischen Orchestervereinigung.

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Göttinger Bibel komplett digitalisiert

Johannes Gutenbergwurde um 1400 wahrscheinlich in Mainz geboren und starb dort am 3. Februar 1468. Er gilt als Erfinder des Buchdrucks. Durch seine Erfindung war es möglich, Bücher und damit Wissen zu vervielfältigen und zu verbreiten. Weltweit gibt es heute noch 49 bekannte Exemplare seiner Bibel. Manche sind nur noch in Fragmenten erhalten. 1987 wurde zuletzt eines dieser Bücher verkauft: Der Kaufpreis von damals 9,75 Millionen Mark war einer der höchsten, der je für ein Druckwerk bezahlt wurde. Im Jahr 2001 wurde das Göttinger Exemplar zum Weltdokumentenerbe. Am 16. August 1999 begann das Projekt der Digitalisierung des Göttinger Exemplars der Gutenbergbibel. Die Bibel ist heute vollständig digitalisiert und im Internet unter gutenbergdigital.de verfügbar.

Das „typografisch gelungenste Buch“ bis in die heutige Zeit

Prof. Stephan Füssel vom Gutenberg-Institut für Weltliteratur und schriftorientierte Medien in Mainz hat an der Universität Göttingen studiert. Im Interview spricht der Wissenschaftler über eines der bekanntesten Bücher der Welt.

Sie sind ein Experte für Gutenbergbibeln. Was ist das Besondere am Göttinger Exemplar?

Von den ursprünglich etwa 180 gedruckten Exemplaren haben sich bis heute 49 erhalten, davon sind 22 vollständig. Es gibt nur wenige Vorzugsexemplare die auf Pergament, also auf Tierhaut, gedruckt wurden, und von denen sind nur wiederum wenige vollständig. Als im Jahr 2001 die Unesco ein Exemplar zum Weltdokumentenerbe erhoben hat, wurde das Exemplar aus der Göttinger Staats- und Universitätsbibliothek, eben eine vollständige, auf Pergament gedruckte und in einem Stil nach dem Musterbuch illuminierte und ausgestaltete Bibel ausgewählt. Sie wurde in hoher Qualität digitalisiert und ist frei im Netz einsehbar. Aber nur blätternd erschließt sich ihre Monumentalität.

Außer der Bibel wird ja auch das ebenfalls zum Weltdokumentenerbe zählende Musterbuch gezeigt. Wie viele solcher Werke gibt es?

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Musterbücher sind im gesamten Mittelalter als praktische Hilfsmittel bekannt, in denen einzelne Maler oder Werkstätten Vorlagen von Figuren, Ornamenten, Architekturformen oder Ranken sammelten, die sie aus bestehenden Handschriften übernahmen, zum Teil abwandelten und ergänzten. Es kam auch vor, dass einzelne Buchkünstler ihre Musterbücher an neue Wirkungsorte mitnahmen und so Motive und Bildthemen in anderen Regionen verbreiteten. Meistens enthielten diese Musterbücher aber nur einzelne Motive und Zeichnungen und keine begleitenden Texte. Das Göttinger Musterbuch zeichnet sich dadurch aus, dass es die Beispiele in praktisch aufbereitete Arbeitsschritte gliedert und damit eine didaktische Anweisung in Text und Bild bietet. Auch ist es eher ungewöhnlich, dass zusätzlich zu den Skizzen Rezepte zur Tinten- und Farbherstellung aufgenommen wurden.

 Prof Stephan Füssel mit Gutenbergbibel

Prof. Stephan Füssel mit Gutenbergbibel

Worin liegt die Faszination für dieses Buch begründet?

Die Bibel ist zum einen der Prototyp der Erfindung der Buchdruckerkunst, die die Entwicklung der Medien und der Gesellschaft bis in unsere heutigen Tage prägt. Gleichzeitig ist sie das Meisterstück von Gutenbergs Werkstatt, da es die Satztechnik, die Typografie und den Druck bereits in einer Qualität präsentiert, die auf viele Jahre des Experimentierens und des kreativen Verbesserns schließen lässt. Und drittens ist dieses Buch auch ein Meilenstein in der Geschichte der Theologie, da in nur zwei Jahren – der Zeit, in der sonst eine Bibel von Hand abgeschrieben wurde – gleich 180 identische Exemplare hergestellt wurden. Und dazu wurde eine herausragende Bibeledition aus dem 13. Jahrhundert von der Sorbonne aus Paris gewählt, die seit 1454 das Referenzobjekt für alle lateinischen Bibelausgaben ist. Es handelt sich auch daher editionsphilologisch um einen wichtigen Schritt in der Geschichte des Hauptbuches des christlichen Abendlandes.

Sie sprechen von einem „typografisches Meisterwerk“. Was macht diese Bibel zu einem solchen?

Gutenberg und sein Team haben die Handschriften nachgeahmt mit ihrer Textura, einer gewebeartigen Schrift, die die einzelnen Buchstaben eng miteinander vernetzt. Durch 290 Zeichen wurde möglich, dass die Zeilen mit einem optischen Randausgleich versehen wurden, der es ermöglicht, zwei Spalten ganz wunderbar ausgeschlossen zu präsentieren. Nicht selten wird daher dieses erste Buch als das typografisch gelungenste bis in die heutige Zeit bezeichnet. Zusätzlich zu dem von Gutenberg gestalteten Text in einer mitternachtsschwarzen Drucktinte wurden dann die Auszeichnungen, beispielsweise der Satzanfänge, in Rot vorgenommen und durch einen Illuminator noch die Initialen und die Ornamente und Ranken beigegeben.

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Haben Sie eine persönliche Lieblings-Seite in dem Werk?

Die Frage nach einer Lieblingsseite erübrigt sich nach meiner Einschätzung, da jede einzelne gedruckte Seite von einer hohen Qualität ist und jede einzelne der zahlreichen illuminierten Seiten fasziniert.

Von Britta Bielefeld

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