Frühes Talent

Sechsjähriger schafft goldenes Schwimmabzeichen

Samuel Schnedler hat mit sechs Jahren das goldene Jugendschwimmabzeichen gemacht.

Samuel Schnedler hat mit sechs Jahren das goldene Jugendschwimmabzeichen gemacht.

Bovenden. Immer weniger Kinder können schwimmen, beklagt die DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft). Ein Gegenbeispiel ist Samuel Schnedler. Mit vier Jahren hat der junge Bovender Schwimmen gelernt, noch vor seinem siebten Geburtstag das Goldene Schwimmabzeichen gemeistert. Den Geburtstag feierte die waschechte Wasserratte natürlich auch im Hallenbad.

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Eine Wassergeburt ist Samuel nicht gewesen, aber schon als Baby in das Element abgetaucht, in dem alles Leben seinen Ursprung nahm. „Wir waren häufig mit ihm beim Babyschwimmen“, berichtet seine stolze Mutter Nina Schnedler, während Samuel schon wieder im Wasser ist und sie mit den Geschwistern Elias (5) und Maria (8 Monate) am Beckenrand des Weender Freibads sitzt: „Schon damals war er furchtlos und begeistert.“

Mit vier Jahren zum Kurs angemeldet

Weniger furchtlos ist die promovierte Ernährungswissenschaftlerin, die Samuel ebenso wie Elias mit vier Jahren zum Schwimmkurs im Nörtener Hallenbad angemeldet hat – obwohl das eigentlich erst ab fünf Jahren möglich sei: „Ich hatte immer Angst, dass Kinder ertrinken könnten. Deshalb war es mir wichtig, dass sie sich retten können.“ In diesem Zusammenhang begrüßt sie auch, dass die Kinder des evangelischen Kindergartens Bovenden alle fünf Wochen zum Schwimmen nach Nörten fahren.

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Mit einem derartigen sportlichen Ehrgeiz wie bei Samuel hat die 39-Jährige, die aus dem nicht gerade am Wasser gebauten Sollingdorf Lödingsen stammt und selbst mit vier Jahren Schwimmen gelernt hat, allerdings nicht gerechnet. Und sich etwas gesorgt,weil ihr Sohn partout keine Schwimmflügel anlegen wollte. Nach dem Seepferdchen folgte ein zweiter Schwimmkurs beim Bovender Sportverein für das Bundesschwimmabzeichen in Bronze. Nach den Weihnachtsferien nahm der Erstklässler dann gleich in einem Rutsch die Silber- und Goldhürde.

Im Wasser fühlt sich Samuel in seinem Element

Im Wasser fühlt sich Samuel in seinem Element..

Schnorchel ist immer dabei

Das goldene Jugendschwimmabzeichen sei eigentlich erst ab neun Jahren vorgesehen und für den Sechsjährigen nicht ganz so leicht gewesen, berichtet Schnedler. „Am schwierigsten war es, auf Zeit zu schwimmen“, sagt Samuel selbst. Am meisten Spaß macht ihm das Tauchen, beim Urlaub auf Borkum und am Mittelmeer hatte er immer eine Schnorchelmaske und Schwimmflossen dabei: „Vor Fischen habe ich keine Angst, nur vor Haien.“ Im nächsten Urlaub geht es nach Portugal an den Atlantik. Erst einmal will Samuel aber das Waldbad Reyershausen erkunden. Im Wendebachstausee war er schon, hatte aber Probleme, über einen glitschigen Hang wieder aus dem Wasser zu kommen.

Für das Goldabzeichen musste Samuel über eine Strecke von 15 Metern Länge tauchen, auf Zeit Ringe vom Grund fischen: „Das war aber einfach.“ Knapp wurde es dabei, 50 Meter Brustschwimmen in maximal 70 Sekunden zu schaffen. Außerdem schwamm er 600 Meter in weniger als 24 Minuten, musste Kraulen, Rückenschwimmen, vom Dreier springen und mit Rettungsgriff seinen Freund Alend im Wasser transportieren. Der Drittklässler, der mit Samuel die Prüfung ablegte, mimte eine Verletzten. Blöd fand Samuel das Lernen der Bade- und Eisregeln, merkt Schwimmtrainer Uwe Aderhold vom Bovender Sportverein an: „Aber auch das gehört dazu.“

Tauchen statt Springen

Bei schönem Wetter geht es häufig ins Weender Freibad. Vor kurzem ist Samuel dort zum ersten Mal aus fünf Metern Höhe gesprungen. Die Rutsche zieht ihn aber mehr an als der Sprungturm. Und mit Blick auf den Zehner, von dem sein ansonsten nicht so wasseraffiner Vater Tobias Schnedler springt, schüttelt er nur den Kopf: „Das ist mir zu hoch, ich will nicht springen.“ Überhaupt will er jetzt erst einmal eine Pause einlegen, bevor er sich weitere Meriten im Wasser verdient. Schließlich spielt er auch Fußball und Handball, zum Leidwesen seines Vaters aber nicht Basketball.

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Samuel will nach dem Goldenen Schwimmabzeichen erst einmal eine Pause einlegen

Samuel will nach dem Goldenen Schwimmabzeichen erst einmal eine Pause einlegen.

Ein Handy, das ihn von sportlichen Aktivitäten im Wasser abhalten könnte, hat Samuel noch nicht. Soll er in der Grundschulzeit auch noch nicht bekommen, sagt seine Mutter. „Schade, dann könnte ich Spiele machen, Chips essen und in meinem Zimmer liegen“, merkt Samuel an, verdreht die Augen und lässt offen, ob er das ironisch meint. Smartphones bergen aber auch für Eltern Gefahren. Eine Bekannte habe ihr erzählt, dass immer mehr Kinder ertrinken würden, weil ihre Eltern beim Badeausflug aufs Handy starren würden, sagt Mutter Nina. Wie dem auch sei: Das erste Smartphone von Samuel sollte auf jeden Fall wasserdicht sein.

Lizenzen zum Schwimmen

Die Prüfungsleistungen werden in der „Deutschen Prüfungsordnung Schwimmen/Rettungsschwimmen“ festgelegt. Bis Anfang der 1980er-Jahre gab es in Deutschland als allgemeine Schwimmab­zeichen Freischwimmer, Fahrtenschwimmer und Jugendschwimmschein. Abgelöst wurden sie durch die Jugendschwimmabzeichen und die Abzeichen für Erwachsene in Bronze, Silber und Gold. Vorgeschaltet ist der sogenannte Frühschwimmer, umgangssprachlich in Deutschland als Seepferdchen, in Österreich als Pinguin bekannt. Dafür reichen 25 Meter Schwimmen, vom Beckenrand springen und Heraufholen eines Gegenstandes mit den Händen aus schultertiefem Wasser. Ans Eingemachte geht es erst mit den Jugendschwimmabzeichen, deren Herausforderungen sich mit jeder Stufe steigern.

Immer mehr Nichtschwimmer

Während die Zahl der Nichtschwimmer steigt, wird es immer schwieriger, Schwimmmeister und Rettungsschwimmer zu finden. Die DLRG ist alarmiert, weil immer weniger Kinder schwimmen lernen.

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Mehr als 500 Menschen sind im vergangenen Jahr bei Badeunfällen in Deutschland gestorben, immer weniger Kinder können schwimmen. „Wenn diese Entwicklung weitergeht, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis Deutschland zu einem Land der Nichtschwimmer wird“ , warnt DLRG-Präsident Achim Haag. Eine von der DLRG in Auftrag gegebene Forsa-Umfrage hat ergeben, dass 59 Prozent der Zehnjährigen keine sicheren Schwimmer seien, im Durchschnitt nur 40 Prozent der Sechs- bis Zehnjährigen ein Jugendschwimmabzeichen abgelegt hätten. Die Zahl der Bäder sei bundesweit in nur 18 Jahren von 7800 auf 6400 zurückgegangen. In einer DLRG-Petition wird ein Ende der Bäderschließungen in Deutschland gefordert, vor zwei Jahren wurde eine Bäderallianz gegründet, die in die gleiche Kerbe schlägt.

„Wir finden keine Leute mehr“

Sorgen macht sich auch Dieter Arend, der mehr als 40 Jahre lang Vorsitzender des länderübergreifenden und viele Schwimmkurse anbietenden DLRG-Ortsverbands Eichsfeld gewesen ist. Es gebe eine deutlich rückläufige Zahl an Jugendschwimmabzeichen, allerdings auch weniger Kinder. Die Situation in Südniedersachsen sei nicht so dramatisch, die Zahl der Schwimmabzeichen noch einigermaßen stabil. Es werde aber zunehmend schwieriger, Rettungsschwimmer zu rekrutieren, sagt Arend: „Wir finden keine Leute mehr.“ Ein Problem, mit dem die DLRG nicht allein steht. Auch die Schwimmbadbetreiber haben es immer schwerer, ausgebildete Schwimmmeister zu finden. Die DLRG Eichsfeld stellt seit Jahren die Aufsicht am Naturschwimmbad Seeburger See, hilft inzwischen auch im Duderstädter Freibad aus und sendet Jahr für Jahr Rettungsschwimmer an die Nord- und Ostseeküste.

Die DLRG hat zunehmend Probleme, Rettungsschwimmer zu finden

Die DLRG hat zunehmend Probleme, Rettungsschwimmer zu finden.

Besorgniserregend sei die Situation in Berlin, berichtet Arend. Der dortige DLRG-Landesverband verzeichne bei den Rettungsschwimmern einen Einbruch von 50 Prozent – und das bei den vielen Seen im Umland. Auch in diesem Sommer hätten sich bereits erschreckend viele Badeunfälle in Deutschland ereignet – im Wesentlichen an unbewachten Seen und Flüssen.

Hoher Zeitaufwand für Schwimmkurse

Für die wachsende Zahl an Kindern, die nicht schwimmen lernen, macht Arend nicht nur den Bäderschwund verantwortlich. „Das hat auch mit Bequemlichkeit und vielen konkurrierenden Freizeitangeboten zu tun“, sagt er und weist auf den hohen Zeitaufwand und die Fahrerei für den Schwimmunterricht hin: „Es ist schon gewaltig, was die kleinen Mäuse auf ihrem Terminplan haben.“

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Die Schwimmabzeichen habe im übrigen nicht die DLRG erfunden, die Akteure für die Prüfungsregelungen reichten vom Deutschen Schwimmverband bis zu den Kultusministerien. Das von vielen Kindern abgelegte Seepferdchen sei kein Schwimmabzeichen, betont Arend. Dem alten Freischwimmer entspreche das Jugendschwimmabzeichen in Bronze: „Erst dann kann man sagen, das Kind kann schwimmen.“

Viele Bäder sind Geschichte

Die meisten kleineren Frei- und Hallenbäder in der Region sind bereits vor Jahren geschlossen worden, die Erlebnis- und Spaßbäder ohne Sportbecken bieten keine Alternative. Schwimmunterricht gibt es dort in der Regel nicht. Als Ausbildungsstätte schon seit langem entfallen sei die Lehrschwimmhalle in Duderstadt, das Hallenbad stehe wegen Sanierungsarbeiten voraussichtlich zwei Jahre nicht zur Verfügung, berichtet Arend: „Die kleinen Freibäder im Obereichsfeld von Holungen bis Steinbach sind alle verschwunden, in Hann. Münden gibt es nach Schließung des Hallenbads in Trägerschaft des Landkreises nur noch ein Freibad, das Hochbad an der Fulda in städtischer Regie.“ Auch kleinere Gemeinden wie Rhumspringe, die noch eigene Hallenbäder betrieben haben, haben sich von den defizitären Einrichtungen getrennt.

Von Kuno Mahnkopf

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