Diskussionsrunde im Museum Friedland

Integration durch Sport? Olinde und Evljuskin beziehen Stellung

Diskutieren über Sport und Integration: (v.l.) Andreas Friedrichs, Sergej Evljuskin, Wilbert Olinde und Steffen Wiegmann.

Diskutieren über Sport und Integration: (v.l.) Andreas Friedrichs, Sergej Evljuskin, Wilbert Olinde und Steffen Wiegmann.

Friedland. Wie kann Integration durch Sport gelingen? Dieser Frage geht das Museum Friedland in seiner aktuellen Sonderausstellung nach. Am Donnerstagabend diskutierte Steffen Wiegmann, wissenschaftlicher Leiter des Museums, mit dem früheren Göttinger Basketballprofi Wilbert Olinde, dem Fußballspieler Sergej Evljuskin (KSV Hessen Kassel) und Bürgermeister Andreas Friedrichs (SPD) über das Thema.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Olinde war 1977 aus den USA nach Deutschland gekommen. Der damals 22-Jährige wollte eigentlich nur für eine Saison beim damaligen SSC Göttingen Basketball spielen. Dort besetzte er die Ausländerposition, nur ein nichtdeutscher Spieler war zu der Zeit nach dem Reglement erlaubt. Vor allem das erste Jahr war nicht einfach für den 2,02 Meter großen Profi. "Alle dachten: ok, der macht jetzt alle Punkte, dabei war ich eher der Teamspieler", erinnerte sich Olinde. "Der gesamte Fokus lag auf mir, das war ein großer Druck, der auf mir lastete."

Olinde: „Das hat mir gut getan“

Aus dem einjährigen Engagement wurden dann aber dennoch mehrere Jahre. Später studierte er Betriebswirtschaftlehre in Göttingen und ging nach einigen Jahren nach Hamburg. Heute arbeitet er als Coach für Menschen in schwierigen Lebenssituationen. Warum er in Deutschland geblieben sei, wollte Wiegmann wissen. „Hier kannte mich keiner, ich konnte mich ganz neu identifizieren. Man konnte quasi dabei zusehen, wie sich meine Weltsicht geändert hat. Das hat mir gut getan.“

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Zudem lief es sportlich immer besser, in seiner dritten Spielzeit holte er mit seinem Team die Deutsche Meisterschaft. Und 1981 wurde seine Tochter geboren. In den 90ern habe er dann durchaus immer mal wieder darüber nachgedacht, in die USA zu gehen. „Ich hatte dort noch nie gearbeitet und wollte wissen, wie das ist. Es hat sich aber nie ergeben“, sagte Olinde und ergänzte. „Ich wäre aber auf jeden Fall zurückgekommen.“

„Ich wollte die Menschen verstehen“

Der Sport habe ihm dabei geholfen, sich zu integrieren, sagte Olinde. Und auch der Erfolg habe dazu beigetragen. Er habe aber auch schnell versucht, die Sprache zu lernen. „Ich wollte die Menschen verstehen, das hat mir geholfen, in die Gesellschaft rein zu kommen.“

Dabei werde er trotz der langen Zeit, die er mittlerweile in Deutschland lebe, immer noch regelmäßig mit Vorurteilen konfrontiert. „Ich kann mich nicht verstecken. Die Leute sehen mich an, wenn ich einen Raum betrete. Und viele sehen mich als schwarzen Amerikaner, der nur Englisch spricht. Selbst wenn ich die auf Deutsch anspreche, antworten sie auf Englisch“, sagte Olinde. „Das könnt ihr euch nicht vorstellen, wie das ist. Solche Blicke brauche ich nicht.“

Evljuskin: Sport als Sprungbrett

Sergej Evljuskin schreibt dem Sport ebenfalls eine große Rolle zu bei der Integration. Er war 1990 mit seiner Familie aus der damaligen Sowjetunion nach Deutschland gekommen – über das Lager Friedland. Später durchlief er diverse Jugendnationalmannschaften. Im Jahr 2005 wurde er als bester „Nachwuchsspieler des Jahres“ seines Jahrgangs mit der Fritz-Walter-Medaille in Gold ausgezeichnet. 2006 erhielt er diese Auszeichnung erneut.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Für ihn sei der Sport ein Sprungbrett gewesen, erklärte Evljuskin. Dabei komme es aber auch auf den Faktor Leistung an. „Als wichtiger Torjäger ist es einfacher, Fuß zu fassen.“ Ihm habe es aber auch geholfen, dass er die Sprache schnell gelernt habe. „Darum war meine Mutter immer sehr bemüht. Sie hat mir immer gut zugeredet, weil ich das anfangs gar nicht wollte.“

Die Ausstellung läuft noch bis zum Sommer

Die Ausstellung „…Entscheidend ist auf dem Platz!“ zum Thema Sport und Integration in Niedersachsen und Deutschland, unter anderem mit Olinde und Evljuskin, ist noch bis Sommer 2019 im Museum Friedland zu sehen. Geöffnet ist die Schau in der Nissenhütte im Zentrum des Grenzdurchgangslagers, Heimkehrerstraße 18 in Friedland, von Mittwoch bis Sonntag 10 bis 18 Uhr. Olinde und Evljuskin haben über ihr Leben zudem jeweils ein Buch geschrieben, das im Handel erhältlich ist.

Von Andreas Fuhrmann

GT/ET

Mehr aus Friedland

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Verwandte Themen

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken