Umweltaktion

Geocacher sammeln Müll in und an der Leineaue Göttingen

Treffen auf der Wiese am Gartetalbahnhof: Geocacher vor ihrem Einsatz.

Treffen auf der Wiese am Gartetalbahnhof: Geocacher vor ihrem Einsatz.

Göttingen. Sie verschwanden anschließend zielstrebig in der Leineaue. Geocacher waren 90 Minuten unterwegs, um der Natur Gutes zu tun.

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Geocacher würden, wenn sie auf der Suche nach einem Versteck sind, oft ganz selbstverständlich Müll im Wald oder in der Landschaft mitnehmen und später entsorgen, sagte Matthias Wilke. Ihr Motto: „Cache In, Trash Out (CITO)“ – also einen Behälter im Versteck deponieren und in der näheren Umgebung Unrat entfernen. Zweimal im Jahr gebe es einen „weltweiten Aufruf“ zum Umweltschutz, der von der Geocacher-Gemeinschaft unterstützt wird. Wilke organisierte den Göttinger Beitrag im großen Stil. Etwa 25 Geocacher waren zwischen 10 und 11.30 Uhr im Einsatz.

Matthias Wilke (l) und Renke Gerdes (2

Matthias Wilke (l.) und Renke Gerdes (2. v.l.) verteilen die Müllsäcke.

Seit der Ausbildung zum Erzieher begeisterter Geocacher

Seit der Ausbildung zum Erzieher begeisterter Geocacher: Dennis Meiners.

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Müllsäcke und Handschuhe erhielt Wilke von den Göttinger Entsorgungsbetrieben (GEB). Ex-Lehrer Renke Gerdes hatte aus seiner Schule Zangen ausgeliehen, die er an Geocacher verteilte, damit sie Kronkorken, Kippen und Co. einfacher aufnehmen konnten. Marlon (4) hatte am Weg über der Leineaue sofort einen platt getretenen Filter im Kennerblick. Er und sein Begleiter Dennis Meiners waren während der GEB-Schnitzeljagd zwischen Badeparadies und Jahnstadion schon am Boden fündig geworden. Meiners ist seit zehn Jahren Geocacher. „In meiner Ausbildung zum Erzieher wurde Geocaching in einem Kurs angeboten. Raus in die Natur, Verstecke anlegen und mit Jugendlichen auf die Suche gehen: das ist schon eine tolle Sache. Ich war damals begeistert und bin es heute noch.“

Geschickt zugefasst

Geschickt zugefasst: Marlon hat sich einen Zigarettenfilter geschnappt.

Näher am Ufer schlendert Leon Washausen zu den beiden Müllsammlern und fragt nach. Der 24-Jährige ist baff: „Erst gestern Abend habe ich mich wieder geärgert. An einem wunderschönen alten Spielsplatz lag Plastikmüll herum. Das geht gar nicht. Was ihr hier macht, ist einfach klasse.“ Ein paar Meter weiter hat Geocacherin Martina Pretor (56) eine fast geleerte Brieftasche gefunden – ohne Papiere, mit einer Mitgliedskarte fürs Fitnessstudie. „Das war wohl ein Diebstahl.“

“Das war wohl ein Diebstahl“

“Das war wohl ein Diebstahl“: Martina Pretor mit einer weggeworfenen, fast leeren Brieftasche.

Am Treffpunkt Mitmachwiese Gartetalbahnhof trudeln die ersten Müllsammler wieder ein. Die Säcke sind gut gefüllt. Eine Holzplatte, Flaschen, ein Schutzblech legen sie daneben. Muss schließlich alles sachgerecht entsorgt werden. An drei weiteren Punkten haben die Geocacher Säcke deponiert, die am Montag von GEB-Mitarbeitern abgeholt werden.

Ullrich Ellwanger, Monika Magerkurth

Ullrich Ellwanger, Monika Magerkurth.

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Sarah Schlagowski hat unter einer kleinen Baumgruppe an der Mitmachwiese einen Fund entdeckt, der etwas später Freude macht. Unter Laub waren Aktendeckel und ein DIN-A5-Terminkalender versteckt – gewöhnliche Müllsammler hätten die Objekte wohl nicht entdeckt. Unter anderem seinen Namen und seine Telefonnummer hatte Eigentümer notiert. Als er die Wertsachen vor Ort entgegennahm, sagte er, er sei am vorherigen Abend ausgeraubt worden. Seinen Rucksack hatte die Polizei inzwischen sichergestellt. Der Mann war glücklich.

“Müll zu sammeln ist nur eine Möglichkeit, etwas für die Natur zu tun“

“Müll zu sammeln ist nur eine Möglichkeit, etwas für die Natur zu tun“: Matthias Wilke.

Vor zwei Jahren, so Matthias Wilke, seien die Geocacher in den Leinekanal in der City gestiegen. Nicht wenige der Schatzsucher würden über lange Gummistiefel und Wathosen verfügen. Vor allem Flaschen hätten im Bach gelegen. „Innerhalb von 30 Minuten hatte n wir unseren 1100-Liter-Container gefüllt. Wir mussten die Aktion abbrechen.“ Im kommenden Jahr, so der Mann von der Berufsfeuerwehr, sei geplant, auf dem Wall für Sauberkeit zu sorgen. Auch botanische Einsätze im Wald, „in Absprache mit dem Forstamt“, seien denkbar: „Müll zu sammeln, ist nur eine Möglichkeit, etwas für die Umwelt und die Natur zu tun. Wir werden gemeinsam neue Ideen entwickeln.“

Geocacher: „Wir sind einfach nur Naturliebhaber“ / Faszinierende Verstecke: Cache getarnt wie ein Chamäleon

„Wir sind einfach Naturliebhaber“, sagt Ullrich Ellwanger. „Wir“ ist die „Community“ – „etwa 400“ Geocacher in Göttingen und rund 50 Kilometern Umgebung. An der frischen Luft auf die Suche zu gehen, „macht den Kopf frei“, so der 55-Jährige. Einziger emotionaler Nachteil dieses erholsamen Hobbys seien Szenarien wie „vollgemüllte Waldparkplätze. Das ist manchmal eine Katastrophe.“

Die Vielfalt der „meist sehr individuellen Verstecke“ sei faszinierend, so Ellwanger. „Geocacher lassen sich immer etwas Neues einfallen.“ Manchmal sei „ein Rätsel vorgeschaltet, sagt Michael Eckelmann (55); „oder es gibt zeitgesteuerte Geschichten mit Echzeit-Caches. Wer die Zeit nicht einhält, kann wieder von vorn anfangen.“ Bei jeder Suche wird ein Geocacher „gedanklich gefordert“, sagt Ellwanger, Lehrer an der BBS III „Man muss seine Gedanken gut sortieren.“ In Göttingen habe sich eine „feste Szene mit gemeinsamen Interessen entwickelt“. Geocacher verabreden sich, um gut gehütete Geheimnisse zu lüften. Zum Beispiel: „Mit einer Angel in sechs, sieben Metern Höhe einen Cache aus einem Baum herauszuholen und danach wieder oben zu positionieren. Ohne einen Ast zu beschädigen. Das erfodert Geschicklichkeit“, so Ellwanger.

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In der Stadt geht das Versteckspiel natürlich auch. Eckelmann: „Der Cache muss sich in Farbe und Form in der unmittelbaren Umgebung einfügen. Wie ein Chamäleon. Oft magnetisch, damit nichts zerstört wird oder kaputt geht.“ Ob Natur oder Stadt: Wir betrachten die Umwelt intensiver, mit anderen Augen“, betont Monika Magerkurth (53). „Und es sind auch Angebote dabei, die für Rollstuhlfahrer geeignet sind.“

Regeln einhalten, Rechte anderer respektieren

Regeln einhalten, Rechte anderer respektieren: Renke Gerdes.

Bevor ein Cache aktiviert wird, „gibt ein Reviewer die Suche im Netz frei. Alle Richtlinien müssen eingehalten werden. Es gibt Auflagen, unter anderem in Naturschutzgebieten“, so Gerdes. „Und die Rechte von Landwirten, Förstern, Eignern von Privatgrundstücken müssen berücksichtigt werden.“ In Absprache würden zum Anlegen eines Verstecks Genehmigungen erteilt. Wer so ein geheimes Lager einrichte, sagt Gerdes, „reicht eine Listing-Seite beim Reviewer ein. Er schaltet sie auf geocaching.com frei. Ohne Reviewer kein Cache.“ Die Reviewer, so Ellwanger, „sind alle berufstätig. Sie sitzen stundenlang ehrenamtlich vor dem Rechner.“ Die Begeisterung sei regelrecht außerirdisch, so Magerkurth. „Sogar die Besatzung der internationalen Raumstation ISS legt Caches an.“

Obligatorischer Eintrag ins Logbuch / Mitnahme eines Souvenirs nur im Tausch gegen ein Präsent

Sinn des Geocachings ist neben der Zeit im Grünen, in (auch unbekanntem) Gelände ein Versteck aufzuspüren. Geocaches können gut getarnt, sollten allerdings nie vergraben oder an einem Ort versteckt sein, an dem etwas zerstört werden könnte. Im Versteck liegt ein „Cache“, zum Beispiel eine kleine Dose oder ein etwas größerer Behälter mit einem Logbuch und möglicherweise auch einem Geschenk. Obligatorisch ist der Eintrag ins Buch; wer möchte, steckt das Souvenir ein; aber nur, wenn im Gegenzug oder Tausch eine andere Überraschung hinterlegt wird.

Der erste Schritt dieser Exkursionen kann im Sitzen erfolgen: ein Besuch auf www.geocaching.com. Bedingung für die Suche nach dem Cache ist also die Nutzung eines Smartphones und der nötigen App, um GPS-Signale (Global Positioning System) empfangen zu können. Nach der Eingabe der Koordinaten des Caches geht’s mit Satellitennavigation auf die Suche nach dem Versteck – und dieser Weg ist, je nach persönlicher Einstellung, für viele Geocacher das wichtigere Ziel: die Erkundung der weiteren Umgebung und des idealerweise ungewöhnlichen, sehenswerten Fundortes. Übrigens: Gelegentlich schlechter GPS-Empfang oder sehr unwegsames Gelände können zur genüsslichen Geduldsprobe oder zur sportlichen Herausforderung werden. Caches und Suchwege werden in verschiedenen Schwierigkeitsgraden angelegt. Ein Geocache der Stufe „1/1“ ist am leichtesten, einer mit „5/5“ am schwersten zu finden.

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Info: www.geocaching.com

Der erste Abholpunkt

Der erste Abholpunkt: Säcke und mehr an der Wiese neben der Leineaue. Die Geocacher haben an drei weiteren Stellen Müll abgestellt, den Mitarbeiter der Entsorgungsbetriebe mitnehmen werden.

Fleißige Geocacher

Fleißige Geocacher: Verstecke im Landkreis (Ausschnitt).

Von Stefan Kirchhoff

GT/ET

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