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Landesamt für Denkmalpflege will EAM-Gebäude retten

Behördenfehler vernichtet Baudenkmal

Das EAM-Gebäude unterliegt ohne Denkmalschutz der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO).

Das EAM-Gebäude unterliegt ohne Denkmalschutz der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO).

Göttingen. In einem Schreiben vom 18. Oktober begründet Kim Kappes, stellvertretender Leiter des für Göttingen zuständigen NLD-Referates, die Schutzwürdigkeit des von dem Göttinger Architekten Jochen Brandi entworfenen Gebäudes. Er kommt zu dem Schluss, dass das Bürogebäude "als Einzeldenkmal gemäß Niedersächsischen Denkmalschutzgesetz auszuweisen" sei. Das Schreiben ging an Stadtbaurat Thomas Dienberg, den ehemaligen Eigentümer des Gebäudes, die Edeka-Hessenring, und den Verein Stadt und Planung.

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Für Arnd Hüneke, Leiter des NLD-Justiziariats, ist mit diesem Schreiben klar: Seit dem 18. Oktober ist das ehemalige EAM-Gebäude unter Schutz gestellt. Eine Eintragung in das Denkmalverzeichnis erfolgte an diesem Tag.

Der Haken: Am selben Tag verschickte das Landesamt ein weiteres Schreiben an Stadt und Edeka. Darin habe das NLD nach Auskunft von Verwaltungssprecher Detlef Johannson, mitgeteilt, "dass es beabsichtigt, das Gebäude in die Liste aufzunehmen" und dem noch am 6. September im Grundbuch eingetragenen, alten Eigentümer "ausdrücklich eine Frist bis zum 18. November zur Stellungnahme" einräume. Erst nach diesem Zeitpunkt werde das NLD über die Eintragung entscheiden. "Es läuft also ein Anhörungsverfahren", so Johannson. Edeka-Geschäftsführer Hans-Richard Schneeweiß bestätigt Johannsons Ausführungen.

Allein auf dieses Schreiben berufen sich nun Stadtverwaltung und Schneeweiß. Danach, so Johannson, sei die Untere Denkmalschutzbehörde, also die Stadt Göttingen, derzeit nicht zuständig für das Gebäude, wenn es etwa um Genehmigungen für Umbauten oder den Abriss des Hauses geht, da es nicht in das „Verzeichnis der Kulturdenkmale“ aufgenommen ist, so Johannson.

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Das EAM-Gebäude unterliegt ohne Denkmalschutz der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO). Da es mit der in den Bauakten und Verwaltungsunterlagen angegebenen Höhe von 21,54 Metern aber nicht als Hochhaus gilt, muss der Eigentümer einen Abriss auch nicht bei der Baubehörde anzeigen. Nach NBauO fängt ein Hochhaus bei 22 Metern an.

Hüneke räumt nun mit den zeitgleichen Schreiben ein "Behördenversehen" ein. "Wir bedauern das sehr, dass das völlig schief gelaufen ist", sagte Hüneke. Wäre die Vorgehensweise des NLD "deutlicher" gewesen, hätte das Denkmal möglicherweise bewahrt werden können. Bei dem jetzigen Fortschritt der Arbeiten an dem Haus, sei eine Rekonstruktion wohl auszuschließen.

Die neuen Eigentümer, die Göttinger Tetraeader Immobilien GmbH, die das Gebäude von der Edeka im August gekauft hatte, antworteten am Donnerstag nicht auf eine Tageblatt-Anfrage. Mitte vergangener Woche haben die Abrissarbeiten an dem Gebäude begonnen.

"Städtebaulich prägend" oder ohne erkennbaren "Mehrwert"?

Das NLD begründet die Aufnahme des ehemaligen EAM-Hochhauses als Baudenkmal mit der "Seltenheit der vorliegenden Konstruktion" mit ihrer "baukulturell" bedeutenden Glasfassade in Verbindung mit Aluminiumelementen und mit vorgehängten Wartungsbalkonen, die auch als Fluchtweg benutzt werden können. Zudem habe das Gebäude mit seinen - inzwischen ebenfalls abgerissenen Nebengebäuden - "städtebaulich prägenden" Einfluss auf das Ortsbild.

Es sei "ein Werk eines bekannten Architekten mit eigener charakteristischer Formensprache". Auch habe das frühere Verwaltungsgebäude als Zeugnis der EAM und Eon geschichtliche Bedeutung für die Industrie- und Stadtgeschichte.  In der NLD-Begründung heißt es weiter:  "Für die Denkmallandschaft der Stadt Göttingen ist von einem singulären Bau zu sprechen." Ein "nur bedingt vergleichbares" Haus sei ihr mit dem Lichtweiß-Institut für Wasserbau an der Uni Braunschweig von Architekt Manfred Lehmbruck bekannt, dass ab 1969 gebaut wurde.

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Göttingens Baudezernent Thomas Dienberg hatte bereits 2014 in einer Stellungnahme an das NLD deutlich gemacht, dass er dem NLD mit seiner Einschätzung nicht folgt. Andere Hochhausbauten aus den 1950er- und 1960er-Jahren machten es schwer, "einen innovativen oder befestigenden Wert am EAM-Hochhaus" festzustellen und bescheinigt dem Gebäude eine "Unentschiedenheit". In Bezug auf die "städtebauliche Bedeutung" sei bei dem Gebäude ein "Mehrwert" nicht zu erkennen, so Dienberg. Eine Aufnahme in das Denkmalverzeichnis sei damit nicht gerechtfertigt.

GT/ET

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