Bei Göttingen: Forscher testen Folgen von Erdkabeln
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Auf dem Versuchsgut Reinshof entsteht derzeit ein rund 2500 Quadratmeter großes Testfeld.
© Quelle: dpa
Göttingen. Ein Bagger hebt am Dienstagmorgen mit breiter Schaufel zwei 50 Meter lange und sechs Meter breite Gruben aus – mitten auf einem Acker neben dem Versuchsgut Reinshof. Anschließend werden hier in etwa zwei Metern Tiefe Rohre verlegt, in denen eine Starkstromleitung simuliert werden soll. Auf einem 2500 Quadratmeter großen Testfeld will Tennet in Kooperation mit dem Institut für Agrarwissenschaften in den kommenden fünf Jahren die bau und betriebsbedingten Auswirkungen einer 380-KV-Erdkabelanlage erforschen.
Zwar werden schon seit Längerem Erdkabel zur Stromübertragung im Höchstspannungsbereich eingesetzt. Allerdings handelt es sich im Gegensatz zur geplanten Wahle-Mecklar-Leitung dabei meist um Gleichstrom. Belastbare Erkenntnisse über die Auswirkungen von Wechselstromprojekten auf den Boden, die Pflanzen und den Wasserhaushalt gibt es bisher kaum. Das soll mit dem Gemeinschaftsprojekt am Reinshof jetzt nachgeholt werden.
Bodenkundliches Beweismonitoring
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Testfeld am Reinshof.
© Quelle: dpa
Für Tennet geht es bei diesen betriebswirtschaftlichen Untersuchungen vorrangig um die Frage der Entschädigung für Landwirte, in deren Grund und Boden bei Wahle-Mecklar oder anderen Projekten Erdkabel verlegt werden sollen. Zunächst einmal mache sich der Aushub großer Mengen Erde für die landwirtschaftlichen Erträge natürlich bemerkbar, so Schneider. „Wir bauen von der Fläche her eine Autobahn.“ In einem der Versuchsgräben soll daher vorrangig der Frage nachgegangen werden, wie die zugeschütteten Gräben möglichst schnell wieder bewirtschaftet werden können.
„Boden braucht Zeit“
„Boden braucht Zeit. Wir sehen hier 12 000 Jahre Bodenbildung“, erklärt Bodenkundler Christian Ahl von der Fakultät für Agrarwissenschaften mit Blick auf die Baugrube. Der Wissenschaftler geht davon, dass der Boden nach einer Rekultivierungsphase von zwei Jahren seine natürlichen Funktionen wieder übernehmen kann. Ob das in der Praxis auch so passiert, wird im Testfeld über mehrere Sensoren in der Erde ständig überprüft. Eine Doktorarbeit widmet sich diesem Themenschwerpunkt, eine zweite den ökonomischen Fragen. Weitere Aktuelle Ergebnisse würden sukzessive publiziert, kündigt Ahl an. „Das Interesse daran wird sicher nicht auf Göttingen begrenzt bleiben.“
Neben der Beschaffenheit des Bodens haben die Göttinger Forscher auch die Auswirkungen von Wärmeentwicklung sowie elektromagnetischen und magnetischen Feldern auf die umliegende Flora und Fauna entlang von Erdkabel-Trassen im Blick. Hier betont Tennet-Sprecher Markus Lieberknecht schon vor Beginn der Messungen: "Wir halten sämtliche Immissionsgrenzwerte ein." Um diese Aussagen zu überprüfen, werden die Wissenschaftler nicht nur die Erkenntnisse aus der Versuchsanlage, sondern auch von der dann bereits in Betrieb genommenen Höchstspannungsleitung nutzen. Denn bis das Forschungsprojekt am Reinshof abgeschlossen ist, wird Wahle-Mecklar längst am Netz sein.
Zeitplan für das Projekt Wahle-Mecklar
Die 230 Kilometer lange Höchstspannungsleitung zwischen zwei Bundesländern wird in vier Etappen realisiert. Während in den Abschnitten A und D bereits die Arbeiten laufen, rechnen die Planer für den Abschnitt C zwischen Hardegsen und der Landesgrenze mit einem Planfeststellungsbeschluss im dritten Quartal 2019. Bauvorbereitungsarbeiten wie Baumfällung und sogenannte Vergrämungsmaßnahmen könnten dann noch in diesem Jahr durchgeführt werden. „Aber die Bagger rollen nicht vor 2020“, so Bürgerreferentin Maren Seiffert. Die Fertigstellung ist auf 2021 terminiert.
Von Markus Scharf