Göttinger Verkehrsbetriebe

Notfahrplan: Laufen oder Sammeltaxi? Die Qual der Wahl im Ostviertel

Bald nicht mehr sonntags unterwegs: Ein Bus der Linie 50 im Göttinger Ostviertel.

Bald nicht mehr sonntags unterwegs: Ein Bus der Linie 50 im Göttinger Ostviertel.

Göttingen. Die Fahrt der Linie 50 beginnt am Bahnhof. Chantal steigt ein. Sie kommt gerade von der Frühschicht. „Das ist nicht mehr gerechtfertigt bei den hohen Preisen im Abo“, sagt die junge Frau und meint damit den „Sommerfahrplan“ der Göttinger Verkehrsbetriebe (GöVB), der diese Woche für alles andere als sommerliche Gefühle bei vielen Fahrgästen gesorgt haben dürfte.

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Die Linie 50 – und damit das obere Ostviertel – trifft es vor allem am Wochenende: Sonnabends fahren die Busse nur noch im Stundentakt, sonntags entfallen sie ganz. Hinzu kommt die generelle Taktreduzierung in den Morgen- und Abendstunden. Damit versuchen die GöVB, auf den chronischen Fahrermangel zu reagieren. „Die Leute wollen keine Busse mehr fahren“, meint der Fahrer an diesem Vormittag.

GöVB: Empörung über Notfahrplan

Werner Rutz ist empört über die Fahrplanänderungen, eine „Missachtung aller Kunden“ sei das. Personalmangel lässt er als Begründung nicht gelten. Die Betriebsleitung sei scheinbar unfähig gewesen, im Voraus zu planen und genug Fahrer zu finden. Früher ist er Auto gefahren, heute könne er noch laufen, sagt Rutz. „Aber es gibt doch viele, die wirklich auf den Bus angewiesen sind.“ Und: Es sei ja gut, dass sich das Tageblatt bei den Fahrgästen umhöre. Aber die GöVB könnten das auch mal tun.

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Der „Sommerfahrplan“ ab dem 27.03. im Überblick

Die Busse der GöVB fahren ab Montag, 27. März, bis zum Ende der Herbstferien nach dem neu beschlossenen „Sommerfahrplan“. Mittlerweile haben die GöVB die konkreten Fahrplan-Änderungen bekanntgeben:

Von Montag bis Freitag gilt der aktuelle Fahrplan für Sonnabende. Das bedeutet, dass vor 9.30 Uhr und nach 18 Uhr weniger Busse fahren. Eine Taktreduzierung über den gesamten Tag soll es nicht geben. Die Linie 23 entfällt mit Ausnahme der Sonntagsfahrten. Die Linie 33 wird immer an den Haltestellen „Europaallee“ und „Klinikum“ beginnen und enden. Vor 8 Uhr fahren nicht alle Linien über den Bahnhof. Schul- und Nachtbusse fahren.

An Sonnabenden werden die Linien 33, 34 und 50 im Stundentakt fahren. Auf den Strecken der Linien 61/62 und 91/92 entfallen Fahrten ebenfalls so, dass stündlich ein Bus fährt.

Sonntags entfällt die Linie 50 komplett. Auf der Linie 11 findet nur noch jede zweite Fahrt statt.

Gegen Mittag wird es voller im Bus, mit jeder Haltestelle in der City steigen neue Fahrgäste ein – und meist erst im oberen Ostviertel wieder aus. Auch nach der Haltestelle Eichendorffplatz ist der Bus noch gut zur Hälfte gefüllt. Platz genommen haben einige Senioren mit Handtasche, Hackenporsche oder Hut, außerdem Jüngere, darunter mehrere Gäste der Jugendherberge.

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Ingemarie Sautter gehört zu den Älteren. Auf den Notfahrplan angesprochen, rollt sie nur mit den Augen: „Das kennen wir schon hier oben.“ Seit 40 Jahren wohne sie im Ostviertel, ohne Auto, betont Sautter. Die Fußwege gehen steil bergauf, Einkäufe erledigt sie daher mit dem Bus. Ein ausgedünnter Takt, das sei in Ordnung. Aber ein vollständiger Ausfall? Das sei nicht gut, findet Sautter.

Hoffnungen auf „Linien-Taxi“ der GöVB

Am anderen Ende der Linie angekommen, warten die Fahrgäste am Rohns bereits. Während weite Teile des Ostviertels auch von der Linie 80 bedient werden, die am Wochenende unverändert fahren soll, hängt die Anbindung des Rohns von der Linie 50 ab. Hier soll es ein behindertengerechtes „Linien-Taxi“ geben, kündigen die GöVB an.

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Gabi Khan kennt das noch von früher, sie hat es regelmäßig genutzt. Wenn die Busse künftig seltener kommen, werde sie häufiger laufen, „muss ja“. Sie sieht es gelassen. Khan nutzt die Linie 80 regelmäßig und ist mit dem bisherigen ÖPNV-Angebot zufrieden.

Ostviertel zwischen Pragmatismus und Ratlosigkeit

Die Menschen arrangieren sich mit den Fahrplanänderungen – vielleicht auch in der Hoffnung, dass die Busse dann wenigstens kommen, wenn sie kommen sollen. Schon bisher sei es nicht immer leicht gewesen, ins obere Ostviertel zu kommen, regelmäßig fielen Busse aus, sagt Fahrgast Helga, die nur ihren Vornamen verraten will.

Das Ostviertel schwankt zwischen Pragmatismus und Ratlosigkeit. Die, die es können, werden sonntags die Linie 80 nutzen. Manche trifft es härter: Besonders am Rohns wollen viele auch am Sonntag nicht auf die Busfahrt in die City – zu Freunden, ins Restaurant oder ins Theater – verzichten. Einige haben ihr Auto verkauft, teils erst vor Kurzem. Wegen der Probleme der GöVB müssen sie jetzt kreativ werden – mindestens für ein halbes Jahr.

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