„Eine Stadthalle gehört ins Herz der Stadt“
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Die Stadthalle ist in "Untersuchungshaft" hinter Gittern. Ein Bauzaun soll das Gebäude, welches von den Göttingern auch gern der Kachelofen genannt wird, vor Vandalismus schützen.
© Quelle: Christina Hinzmann
Göttingen. Sanierung oder Abriss und Neubau? Ziemlich hitzig wird derzeit die Diskussion um die Zukunft der Göttinger Stadthalle geführt. Petra Broistedt, Sozialdezernentin der Stadt, hat klare Antworten auf die Fragen des Tageblatts: erhalten und sanieren.
Tageblatt: Stadthalle oder Multifunktionsbau – was braucht Göttingen?
Petra Broistedt: Unsere Stadthalle war bislang eine Multifunktionshalle, in der alles möglich war: Konzerte, Musicals, Comedy und Kabarett, „Keiner soll einsam sein“, Tagungen unterschiedlichster Ausrichtung und vieles mehr - eben eine Halle für jede Gelegenheit. Sie war hier in Südniedersachen auch die einzige in der Größenordnung bis 1200 Sitzplätze, in der auch symphonische Konzerte gespielt werden konnten. Genau das braucht Göttingen auch in Zukunft.
2. Ist die Stadthalle aktuell am richtigen Standort untergebracht?
Eindeutig, ja! Eine Stadthalle gehört ins Herz der Stadt und nicht an den Stadtrand. Sie lebt von fußläufiger Erreichbarkeit, kurzen Wegen in die Innenstadt und der Nähe zu anderen Kultureinrichtungen. Dass der Standort gut und richtig ist, hat bereits Prof. Stefan Luppold 2015 in seinem Gutachten bestätigt. Wie sehr die Göttinger an ihrem Kachelofen am Albaniplatz hängen, haben wir erst kürzlich beim Flohmarktverkauf des Küchen-Inventars gesehen.
3. Was spricht für eine Sanierung der jetzigen Stadthalle?
Zunächst einmal: Ein Neubau wäre mehr als doppelt so teuer. Wir hätten außerdem über Jahre keine vergleichbare Spielstätte in der Stadt - für die Kultur in der Stadt sozusagen ein echter „Shut down“. Die Stadthalle ist baulich auch noch so gut in Schuss, dass Abriss und Neubau alles andere als nachhaltig wären. Wir entkernen die Stadthalle bis auf das Betongerüst und bauen sie komplett neu wieder auf. Funktionalitäten, Technik, Akustik und Barrierefreiheit werden entscheidend verbessert. Heraus kommt optisch und technisch eine Halle in echter Neubauqualität. Das ist nach wie vor die wirtschaftlichste und vor allem auch schnellste Lösung. Und diese Lösung lässt uns auch noch ausreichend finanzielle Luft für alle anderen erforderlichen Investitionen, zum Beispiel in Kitas, Schulen, Radwege und sozialen Wohnungsbau.
4. Was spricht für einen Neubau?
Derzeit nicht viel. Denn um den zu realisieren, müsste jemand erst einmal 63 Millionen Euro im Haushalt finden und auch locker machen. Ich wünsche mir jedenfalls, dass alle, die sich für einen Neubau aussprechen, bitte einmal erklären, wie sie ihn finanzieren wollen und welche anderen Projekte dafür auf Jahre zurückgestellt werden sollen.
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Petra Broistedt
© Quelle: Ulrich Schubert
Die Sicht der Tageblatt-Leser
Wie stellen sich die Tageblatt-Leser die Zukunft der Göttinger Stadthalle vor? Dazu hat das Tageblatt vier Fragen formuliert:
1. Stadthalle oder Multifunktionsbau – was braucht Göttingen?
2. Ist die Stadthalle aktuell am richtigen Standort untergebracht?
3. Was spricht für eine Sanierung der jetzigen Stadthalle?
4. Was spricht für einen Neubau?
Ihre Antworten schicken Sie bitte per E-mail an lokales@goettinger-tageblatt.de oder schriftlich an: Göttinger Tageblatt, Redaktion, Dransfelder Straße 1, 37079 Göttingen.
Podiumsdiskussion am Sonntag
Nachdem die Sanierungskosten für die Stadthalle von 20 auf knapp 30 Millionen gestiegen sind, werden in Göttingen hitzige Diskussionen geführt. Das wird wohl auch am Sonntag, 31. März, im Deutschen Theater der Fall sein.
Für diesen Tag haben das DT und das Göttinger Tageblatt eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion organisiert. Ab 16 Uhr geht es um das Thema „Eine Stadt und ihre Halle“.
„Sanierung oder Abriss – die Zukunft der Stadthalle scheint tatsächlich unglaublich viele Göttingerinnen und Göttinger zu bewegen. Deshalb wollen wir möglichst viel Transparenz herstellen und möglichst viele Aspekte beleuchten“, kündigt Christoph Oppermann an. Der stellvertretende Tageblatt-Chefredakteur begrüßt die Initiative des Deutschen Theaters: „Ich bin froh, dass zwei Institutionen in dieser Stadt gemeinsam diese Podiumsrunde auf die Beine stellen.“
Die Aufregung, die mit der Stadthalle verbunden ist, zeugt nach Ansicht von Erich Sidler vom Diskussionsbedarf der Menschen. „Dieses Engagement geht letztlich über die Frage hinaus, ob die Stadthalle saniert oder neu gebaut wird“, erklärt der Intendant des Deutschen Theaters. „Gelebte Demokratie ist Teilnahme am Gestaltungsprozess, und wenn eine Zeitung mit dem Theater ein Forum für Meinungsaustausch schafft, ist das demokratisches Zusammenleben.“
An der Diskussion „Eine Stadt und ihre Halle“ auf der Bühne des Deutschen Theaters, Theaterplatz 11, am Sonntag, 31. März, ab 16 Uhr nehmen teil: Olaf Feuerstein, CDU-Fraktionsvorsitzender im Rat der Stadt Göttingen; Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD); Robert Marlow, Präsident der Architektenkammer Niedersachsen; Ratsfrau Dr. Dagmar Sakowsky (Grüne); Thomas Wedrins, SPD-Fraktionsvorsitzender im Rat der Stadt und Tobias Wolff, Intendant der Internationalen Händel-Festspiele Göttingen.
„Egal ob Sanierung oder Neubau – jede Entscheidung zur Stadthalle hat Auswirkungen auf die nächsten Jahrzehnte, und zwar mit Blick auf das Kulturangebot in dieser Stadt und hinsichtlich der kommunalen Finanzen“, erklärt Oppermann. „Da kann ein so hochkarätig besetztes Podium nur hilfreich sein.“
Die Gesprächsrunde wird Tageblatt-Redakteur Peter Krüger-Lenz moderieren. Der Eintritt ist kostenlos, es ist freie Platzwahl vorgesehen.
Von Peter Krüger-Lenz und Mathias Heinzel