Eine Welle der Unterstützung für kritisierten Preisträger
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In der Aula der Universität am Wilhelmsplatz soll der Friedenspreis verliehen werden.
© Quelle: dpa
Göttingen. Harsch ist die Jury für ihre Entscheidung kritisiert worden, den Verein „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ mit dem Göttinger Friedenspreis auszuzeichnen. Jetzt kommt sehr viel Zustimmung.
Nachdem vor allem der Zentralrat der Juden vehement gegen die Auszeichnung für die „Jüdische Stimme“ gewandt und dem Verein Antisemitismus vorgeworfen hatte, hatten Göttingens Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD), Ulrike Beisiegel, Präsidentin der Göttinger Universität, und Rainer Hald, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Göttingen, für eine Aussetzung der Verleihung plädiert. Erst sollten die Vorwürfe ausgeräumt werden.
Gegen jede Form von Antisemitismus
Jetzt also melden sich die Unterstützer und fordern die Auszeichnung für die „Jüdische Stimme“. Kay Gabbe, Ministerialrat a. D. und Leiter des Arbeitskreises Frieden in der SPD Bonn, beispielsweise schreibt an Köhler und Beisiegel: „Die Entscheidung, den Friedenspreis der Stadt Göttingen in diesem Jahr der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost (Jüdische Stimme) zu geben, ehrt Ihre Stadt und die Universität. Der Jury-Vorsitzende Zumach hat die gegen diese Organisation erhobenen verschiedenen Vorwürfe in einer ausführlichen Stellungnahme überzeugend entkräftet. Ich möchte Sie hiermit ermutigen, zu der Preisverleihung zu stehen.“ Die „Jüdische Stimme“ stehe „in einer bewundernswerten philosophischen und religiösen jüdischen Tradition“. Die „Jüdische Stimme“ widersetze sich uneingeschränkt jeder Form von Antisemitismus, sei in der Satzung zu lesen.
„Als Anfang Februar bekannt wurde, dass der ,Jüdischen Stimme’ der diesjährige Göttinger Friedenspreis zuerkannt wird, fand das bundesweit Anerkennung. Umso größer ist das Unverständnis, dass seit Tagen von namhafter jüdischer Seite und seitens namhafter FDP-Mitglieder versucht wird, mit unerträglichen Falschbehauptungen die Preisverleihung zu verhindern“, schreibt Agnes Bennhold, Mitglied der AG Palästina/Israel in der GEW Rhein-Neckar-Heidelberg und der Palästina/Nahost-Initiative Heidelberg. Und: „Mit Nachdruck fordere ich den Oberbürgermeister der Stadt Göttingen, die Präsidentin der Georg-August-Universität Göttingen und die Vertreter der Sparkasse Göttingen auf, die Falschaussagen zurückzuweisen und die Verleihung des Göttinger Friedenspreises am 9. März an die ,Jüdische Stimme’ zu unterstützen.
Honorige Organisation
Manfred Budzinski, Sprecher der Nahost-Kommission der Deutschen Sektion von pax christi, schreibt: „Der diesjährige Göttinger Friedenspreis ist einer honorigen Organisation von jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zuerkannt worden – und so sollte es auch bleiben.“ Prof. Eva Senghaas-Knobloch von der Universität Bremen Forschungszentrum Nachhaltigkeit teilt mit: „Ich finde es erschreckend, wenn Kritik an israelischer Regierungspolitik von Menschen, die sich selbst durch den Konflikt existenziell betroffen sehen und mit der Zwei Staaten-Lösung für diejenige Konfliktlösung gewaltfrei und dialogorientiert einstehen, die die erklärte Position der EU, der Vereinten Nationen und nicht zuletzt auch Deutschlands ist, durch Falschmeldungen desavouiert wird.“
Bereits am 18. Januar hatten sich mehr als 90 jüdische Wissenschaftler und Intellektuelle mit einem offenen Brief unabhängig von der Auszeichnung gegen Anfeindungen gegen die „Jüdische Stimme“ eingesetzt. Der AStA der Göttinger Universität hingegen fordert, dass der Friedenspreis nicht an die „Jüdische Stimme“ verliehen werden dürfe, weil der Verein „mit dem einseitigen und undifferenzierten Boykott der gesamten israelischen Nation und des gesamten jüdischen Volkes konform geht“.
Vorschlag von Wenzel
Der Göttinger Landtagsabgeordnete Stefan Wenzel (Bündnis 90/Die Grünen) schlägt vor, dass sich die Beteiligten in einer öffentlichen Veranstaltung an einen Tisch setzen. Der Göttinger Oberbürgermeister und die Präsidentin der Universität sollten den Vorsitzenden des Zentralrates und Vertreter der Stiftung oder der Jury einladen.
Von Peter Krüger-Lenz
GT/ET