Was gefällt Tageblatt-Kolumnistin eigentlich am Frühaufstehen? Eine Menge – sofern das zeitige Aufstehen freiwillig geschieht: die Ruhe etwa, der erste Kaffee und die Farben des Sonnenaufgangs.
Göttingen. Während meines kleinen Winterurlaubs hätte ich wirklich ausschlafen können. Ausschlafen ist wunderbar. Diesbezüglich scheinen sich alle Menschen einig zu sein. Sobald jemand verkündet, am nächsten Morgen so richtig ausschlafen zu können, ertönen die neidvollen Seufzer derer, die früh raus müssen. Mit der Anmerkung, man müsse am nächsten Tag sehr früh aufstehen, hat man dagegen das volle Mitgefühl auf seiner Seite.
Das entscheidende Detail an der Sache ist das Müssen. Sobald ich die Freiheit der Wahl habe, stehe ich manchmal gerne früh auf. Einfach, weil ich Lust dazu habe. Die Gründe dafür sind unterschiedlicher Natur – mal möchte ich in Ruhe am Schreibtisch eine Aufgabe erledigen und mal auf dem Sofa lesen –, aber das Gefühl, mit dem ersten Kaffee und Blick aus dem Fenster, den Morgen erwachen zu sehen, ist jedes Mal auf die gleiche Weise magisch. An klaren Tagen taucht irgendwann am dunklen Horizont ein kaum wahrnehmbarer heller Streifen auf. Der Himmel wechselt seine Farbe von Schwarz zu Dunkelblau. Die letzten sichtbaren Sterne verblassen. Und dann breitet sich ein milchiges Türkis aus, das bald darauf in ein Rosé übergeht, welches von einem pastelligen Orange abgelöst wird, das schließlich in einem Feuerrot mündet. Und während sich dort draußen vor dem Fenster dieses Schauspiel des Sonnenaufgangs abspielt, ist es im Haus und in der Umgebung noch ganz still. Alle anderen schlafen noch. Niemand fragt etwas, niemand schaltet irgendwelche Geräte an.