Gegen Bodenversiegelung: Umweltschützer besetzen Acker bei Neu-Eichenberg
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An nur einem Tag entstand auf dem Acker bei Hebenshausen ein kleines Camp, das für einen längerfristigen Protest ausgelegt ist.
© Quelle: Markus Riese
Neu-Eichenberg. Das Gelände des geplanten Logistikgebietes in Neu-Eichenberg ist seit Sonnabend besetzt. Umweltschützer haben am Morgen ihr Camp auf der Ackerfläche aufgeschlagen. Das Ziel der Besetzung: Das "Riesenprojekt" eines Logistikparkes des Investors Dietz AG soll gestoppt werden und der Acker landwirtschaftliche Fläche bleiben.
Aus Sicht der Besetzer sprechen viele Argumente gegen den Logistikpark: Wertvoller Ackerboden werde versiegelt und gehe dauerhaft für die Landwirtschaft verloren, das Landschaftsbild werde zerstört, die Lebensqualität vor Ort verringere sich durch Lärm und verstopfte Straßen, so ihre Argumentation.
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Die Umweltschützer fürchten, dass trotz des Einsatzes einer Bürgerinitiative in Neu-Eichenberg ihre Argumente im politischen Planungsprozess wenig Beachtung finden und die Dietz AG bald das Recht zugesprochen bekommen könnte, die riesige Ackerfläche zu versiegeln. "Dies ist besonders bemerkenswert, da der Acker innerhalb der Ökolandbau Modellregion Nordhessen liegt und mit etwa 80 Bodenpunkten (von 100) zu den fruchtbarsten Böden Deutschlands zählt", heißt es in eine Pressemitteilung vom Sonnabend. "Das verantwortungslose Versiegeln von Ackerland muss aufhören", fordert Tanja Grommel von der Aktionsgruppe "Acker bleibt!".
3D-Animation vom geplanten Logistikpark
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Mit einem Flyer, den die Umweltschützer an knapp 1000 Haushalte in der Gemeinde Neu-Eichenberg verteilt haben, hat sich Gruppe noch am Sonnabend bei den Anwohnern als „neue Nachbarn“ vorgestellt. „Wir schützen den Acker vor der zerstörerischen Privatisierung und geben ihn den Menschen zurück“, sagt Luca Rosenberg von der Aktionsgruppe „Acker bleibt!“.
Bildergalerie aus dem Camp:
Beim Besuch am Sonntagmorgen zeigten sich die Umweltschützer sehr zufrieden mit dem bisherigen Verlauf der Aktion. Kalle, Anfang 20, Student, berichtet von großer Unterstützung aus den umliegenden Ortschaften: „Die Menschen aus Hebenshausen und Neu-Eichenberg bringen uns Essen, Tee, Feuerholz, versorgen uns mit Strom und Wasser“, erklärt er. Schon am ersten Tag seien viele Anwohner vorbeigekommen und hätten ihre Unterstützung zugesagt. Zweimal sei auch die Polizei da gewesen – beim zweiten Mal habe sie erklärt, dass der Noch-Eigentümer der Flächen, die Hessische Landgesellschaft (HLG), die Besetzung vorerst dulde. Die Gruppe stelle sich auf einen längeren Aufenthalt auf dem Acker ein: „Wir werden verhindern, dass die Dietz AG ihre Pläne umsetzt“, gibt sich Kalle kämpferisch – betont aber gleichzeitig, dass es ihm und seinen Mitstreitern auch um eine offene Diskussionskultur gehe: „Ich würde die Gegenseite gern verstehen und mich deshalb freuen, wenn auch die Befürworter des Logistikgebietes mit uns das Gespräch suchen würden.“
Aus Kalles Sicht gehören Logistikgebiete generell „nicht in die Zukunft“. Eine Verhandlung mit Dietz, den Park zu verkleinern oder an anderer Stelle zu bauen, sei deshalb keine Option für die Besetzer. Das Camp, bestehend aus einem kleinen, geliehenen Zirkuszelt, mehreren weiteren Zelten, einem Wohnwagen, Pflanzflächen und verschiedenen kleineren Aufbauten, soll nach Kalles Worten ein „offener Ort der Begegnung“ werden, der für Diskussionen auf Augenhöhe, Musik oder auch Vorträge genutzt werden könne. Besucher seien jederzeit willkommen – etwa zu einem Ackerspaziergang mit Picknick am Sonntagnachmittag ab 15 Uhr.
„Erstmal nicht mehr weggehen“
Die Ausstattung des Camps sei größtenteils gespendet, geliehen oder anderweitig über Beziehungen organisiert worden. Ein Zelt etwa wurde von einer Aktivitistengruppe übernommen, die sich vor Jahren in der Region gegen Gen-Technik eingesetzt hatte.
Die Besetzer wollen organisieren, dass permanent jemand im Camp anwesend ist. „Nicht jeder kann die ganze Zeit hier sein, weil es auch andere Verpflichtungen gibt. Aber das Ziel ist schon, dass wir hier erstmal nicht mehr weggehen“, sagt Kalle – es sei denn, die Dietz AG erklärt, von ihrem Vorhaben Abstand zu nehmen.
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Protest gegen Logistikpark: Umweltschützer besetzen den Acker bei Neu-Eichenberg.
© Quelle: R
Ende April hatten Schüler aus Göttingen nach einer Fridays-for-Future-Kundgebung an einer Demonstration gegen das geplante Logistikzentrum teilgenommen. Auf den Ackerflächen sollen etwa 16 Meter hohe Hallen entstehen. Hierzu hatte die Schülerin Emma Savolainen erklärt: "Wir finden es unverantwortlich, eine solche Klimasünde zu begehen, gerade in Zeiten, in denen wir gute Böden brauchen, um die Weltbevölkerung zu ernähren."
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Von Michael Brakemeier und Markus Riese