„Fräulein Mutter und ihr Bastard“

Geschichte der Unehelichkeit in Deutschland von 1900 bis 1970

60 Jahre später wurde die rechtliche und soziale Stellung unehelicher Kinder neu bewertet. Vor dem Hintergrund einer jahrhundertealten Diskriminierung sei diese „rasante Entwicklung ebenso erstaunlich wie erklärungsbedürftig“, so Sybille Buske. Sie untersucht in der Studie „Fräulein Mutter und ihr Bastard“ diese Entwicklung vom Kaiserreich bis zu einer turbulenten Phase der Bundesrepublik.

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Die Untersuchung beginnt im Jahr 1900, in dem das Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft trat und so das Nichtehelichenrecht reichsweit vereinheitlicht wurde. In dieser Zeit, so Buske, sei in den Debatten um Unehelichkeit ein Unbehagen an der Moderne spürbar geworden. Dem drohenden gesellschaftlichen und kulturellen Verfall sei das Konzept der Sittlichkeit entgegengestellt worden. Die bürgerliche Familie sei als Leitbild durch Politik und Gesetzgebung stabilisiert worden. Buske beschreibt Reformpläne während der Weimarer Republik und die unmenschliche Unterteilung der Nazis in „erbbiologisch wertvolle“ und „unerwünschte“ uneheliche Kinder. Nach 1945 seien die Differenzen zwischen den Kategorien ehelich und unehelich erneuert und gefestigt worden. Die katholische Kirche etwa schloss unehelich geborene Männer von Ämtern aus.

Einen Umbruch gab es erst mit dem gesellschaftlichen Wandel in den 60er Jahren. Am Ende eines zähen Reformprozesses stand ein neues Gesetz, das die Rechte der Mütter und unehelichen Kinder im Blick auf Erziehung und Erbansprüche stärkte und ihnen eine bessere gesellschaftliche Integration ermöglichte. Kurz nach Verabschiedung des Gesetzes 1969 wurde Willy Brandt, dessen uneheliche Herkunft politische Gegner zu seiner Diffamierung genutzt hatten, Bundeskanzler.

Sybille Buske: Fräulein Mutter und ihr Bastard. Eine Geschichte der Unehelichkeit in Deutschland 1900-1970. Wallstein-Verlag, 400 Seiten , 40 Euro.

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