20 Jahre Mediation an Gerichten
Mittlerweile ist die gerichtsnahe Mediation ein weitverbreitetes Verfahren. Seine Anfänge hat das Verfahren vor 20 Jahren am Landgericht Göttingen. Wolfang Scheibel, Präsident des OLG Braunschweig, blickt auf die ersten Jahre zurück.
Göttingen. Als vor 20 Jahren Niedersachsens damaliger Justizminister Christian Pfeiffer einen Modellversuch startete, waren viele Richter und Rechtsanwälte erst einmal skeptisch. Bei bestimmten Streitfällen, so Pfeiffers Idee, sollten die Gerichte ihre traditionelle Rollenverteilung und Arbeitsweise über Bord werfen und ganz anders an den Fall herangehen: Statt als Verhandlungsführer aufzutreten und am Ende ein Urteil zu fällen, sollten Richter zwischen den streitenden Parteien vermitteln und „schlichten statt richten“. Eines der ersten Gerichte, an dem die sogenannte gerichtsnahe Mediation angeboten wurde, war das Landgericht Göttingen. 20 Jahre später ist die Skepsis verflogen: Aus dem „Göttinger Modell“ ist ein gesetzlich verankertes Verfahren zur Streitschlichtung geworden, das inzwischen bundesweit praktiziert wird.
„Ich habe dieses Projekt anfangs auch eher kritisch gesehen“, sagt der Präsident des Oberlandesgerichts Braunschweig (OLG), Wolfgang Scheibel. Der heutige OLG-Präsident war damals einer der ersten Richter am Landgericht Göttingen, die sich zum „Richtermediator“ ausbilden ließen. Scheibel erinnert sich noch an das erste Verfahren, in dem er als Schlichter fungierte: Ein innerfamiliärer Konflikt zwischen Mutter und Sohn war vor Gericht gelandet, beide hatten seit Jahren nicht mehr miteinander gesprochen. Genau an diesem Punkt setzt die Mediation an: „Wichtig ist, dass die Beteiligten möglichst schnell ins Gespräch kommen“, erläutert Scheibel.