Serie Jüdisches Leben in Göttingen
Ein ganzes Jahr beschäftigen sich Menschen mit dem Thema „1700 Jahre jüdisches Leben auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands“. Der Historiker Peter Aufgebauer schreibt über die Geschichte der Juden in Göttingen.
Göttingen.Die erste deutsche Demokratie, die im Februar 1919 in Weimar proklamiert wurde, war von vorn herein mit schweren Hypotheken belastet; extreme Rechte und Linke standen dem parlamentarischen System ablehnend gegenüber, es kam zu Putschversuchen und politischen Morden an führenden Repräsentanten der Demokratie. Kurt Eisner, Ministerpräsident des Freistaats Bayern und Walther Rathenau, Außenminister der Weimarer Republik, die Mordanschlägen zum Opfer fielen, waren auch Repräsentanten des deutschen Judentums.
In der linksliberal ausgerichteten Deutschen Demokratischen Partei (DDP), die als staatstragende Neugründung an fast allen Kabinetten der Republik beteiligt war, engagierten sich auch in beachtlichem Maße die Göttinger Juden; der Kaufmann Hermann Jacob, Vorsteher der Synagogengemeinde, wurde Bürgervorsteher der DDP, der Mathematiker Felix Bernstein war örtlicher Parteivorsitzender, der Völker- und Staatsrechtler Julius Hatschek und der Historiker Paul Darmstädter standen der DDP nahe. Nicht nur wegen ihres linksliberalen Engagements, sondern auch wegen ihrer jüdischen Herkunft wurden sie in Wandzeitungen und Schmähartikeln angegriffen – gerade in der Universität und aus der Universität heraus.