Im Landtag: Neuer Job für rechten Steinke
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Klinkenputzen mit Lars Steinke: Der AfD-Politiker und Landesvorsitzende der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative auf Wahlkampftour in Osterode im Oktober.
© Quelle: dpa
Göttingen/Hannover. Lars Steinke bestätigt gegenüber dem Tageblatt seine Anstellung bei der AfD-Landtagsfraktion, hielt sich über seine Tätigkeit aber bedeckt. Am Dienstag hatte der NDR zuerst über Steinkes neuen, von Steuermitteln finanzierten Job berichtet. Es handelt sich um eine geringfügige Beschäftigung, die bis Juni befristet ist.
Steinke ist in der AfD jedoch nicht unumstritten. Nach seiner Wahl zum Landesvorsitzenden der Jungen Alternative, der Jugendorganisation der AfD, kam es im Sommer 2017 zum Bruch zwischen der JA und dem AfD-Landesvorstand. Steinkes Wahl bezeichnete der damalige AfD-Landesvorsitzende Paul Hampel gegenüber dem Tageblatt als "inakzeptabel". Dies schon deshalb, weil gegen Steinke sowohl für die JA als auch für die AfD Parteiordnungsverfahren anhängig sind.
Steinke und der Freundeskreis
Steinke werden dabei seine gemeinsamen Auftritte und organisierten Demos mit dem rechtsextremen "Freundeskreis Thüringen / Niedersachsen" und die Kontakte zur ebenfalls rechtsextremen, vom Verfassungsschutz beobachteten Identitären Bewegung vorgeworfen. Für eine Mitgliedschaft bei dieser gibt es bei JA und AfD einen Unvereinbarkeitsbeschluss.
In einem Antrag auf Ausschluss aus der JA gegen Steinke vom Juni 2016, der dem Tageblatt vorliegt, heißt es, Steinke habe sich "in besonders schwerwiegenden Maße" nicht von "extremistischen Organisationen" distanziert, "indem er wiederholt als Anmelder und Hauptredner" bei "Freundeskreis"-Mahnwachen in Erscheinung trat. Das Parteiordnungsverfahren gegen Steinke ist weiterhin nicht abgeschlossen. Hampel begründet das mit der Überlastung des Landesschiedsgerichtes der Partei.
Zu Besuch beim IB in Halle
Steinke distanzierte sich bereits kurz nach seiner Wahl zum JA-Landesvorsitzenden öffentlich sowohl vom „Freundeskreis“ als auch von der IB. Während er sein Engagement beim „Freundeskreis“ früh einstellte und anderen Akteuren als Anmelder und Redner das Feld überließ, belegen diverse Fotos, dass sich Steinke im Sommer in einem Hausprojekt der IB in Halle aufgehalten hat.
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Auf Videos auf Youtube, von denen einige inzwischen geslöscht sind, war Steinke auf Demos der IB in Wien und Berlin zu sehen. Schon im September kommentierte Arne Zillmer, stellvertretender Landesvorsitzender der Jusos Niedersachsen: „Jeglicher Distanzierungsversuch ist damit unglaubwürdig.“
Die Fraktionsvorsitzende der AfD-Landtagsfraktion Dana Guth betonte am Mittwoch in einer Pressemitteilung: „Lars Steinke ist nach Kenntnis der Fraktion nicht Mitglied der Identitären Bewegung. Er kennt den Unvereinbarkeitsbeschluss der AfD hinsichtlich der IB und er beachtet diesen. Wie mit allen Mitarbeitern haben und werden wir mit Herrn Steinke weiter darüber sprechen, welches Verhalten mit einer Beschäftigung bei der AfD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag vereinbar ist.“ Falsch sei der Eindruck, die AfD-Fraktion unterstütze rechtsextreme Tätigkeiten. Pauschalisierende Anschuldigungen weise sie zurück.
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Die Fraktionsvorsitzende der niedersächsischen Alternative für Deutschland (AfD), Dana Guth
© Quelle: dpa
Auf einem Beitrag auf der Fotoplattform Instagram posierte Steinke im Dezember mit einer Armbrust. „Allzeit kampfbereit!“, kommentierte Steinke und spielt mit dem Hashtag #defendeurope (Europa verteidigen) auf die Mission „Defend Europe“ der IB an.
Steinke verteidigte seinen Waffen-Post in einem Artikel für das Magazin "Arcadi" und sprach sich für ein gelockertes Waffenrecht aus: "In Zeiten, in denen der Bürger sich immer seltener auf die Erfüllung staatlicher Fürsorge verlassen kann, bedarf es zum Schutz von Leib und Leben der Eigenverantwortlichkeit – selbstverständlich innerhalb des gesetzlichen Rahmens." Die Menschen müssten in der Lage sein wollen, "sich und ihre Liebsten im Ernstfall selber verteidigen zu können". Für Steinke sei es unabdingbar zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit die "ungezügelte Zuwanderung von Menschen aus strukturell gewalttätigen Erdteilen bzw. Kulturkreisen zu stoppen", schreibt er.
Außer seinem neuen Posten bei der Fraktion hat Steinke ein weiteres Amt innerhalb der AfD-Strukturen inne. Seit Dezember ist Steinke als Kassenprüfer Mitglied im Bundesvorstand der Arbeitnehmer in der AfD (AidA).
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Unlängst hat die AfD die Arbeitnehmer entdeckt: Vor den Betriebsratswahlen im Frühjahr mobilisieren neurechte Initiativen und stellen eigene Kandidaten auf. Ihr Ziel: Ablösung der klassischen Gewerkschaften.
Grüne Jugend: „Die niedersächsische AfD toleriert Rechtsradikale“
Inzwischen hat die Grüne Jugend Niedersachsen (GJN) die Landtagsverwaltung dazu aufgefordert, rechtliche Schritte gegen Lars Steinke und die AfD zu prüfen. Eine Entlassung Steinkes sei unabbdingbar. "Staatliche Gelder dürfen nicht in die Förderung von rechten Strukturen fließen!", heißt es in einer Mitteilung vom Mittwoch. "Die niedersächsische AfD toleriert Rechtsradikale nicht nur, sie fördert sie sogar. Die Einstellung Steinkes ist schockierend und offensichtlich eine Anbiederung an den rechten Rand – auch angesichts etlicher menschenfeindlicher und gewaltverherrlichender Ausfälle", sagte GJN-Sprecherin Paula Rahaus.
Wenn die AfD-Fraktion Steinke nicht entlasse, sollte die Landtagsverwaltung diesen Schritt prüfen oder sogar Partei- und Fraktionsgelder einfrieren, fordert GJN-Sprecher Timon Dzienus. Das Grundgesetz sehe vor, Parteien von der staatlichen Finanzierung auszuschließen, wenn ihre Mitglieder die demokratische Grundordnung gefährdeten. „Darüber hinaus bedarf es umfassender Aufklärung, ob die AfD über Steinke hinaus weitere rechtsradikale Strukturen fördert“, forderte Dzienus.
Jusos kämpfen mit allen Mitteln
Für die Göttinger Jusos zeigt sich mit der Einstellung Steinkes: „Die AfD ist eine rechtsnationalistische Partei, die wir niemals akzeptieren werden. Wir werden weiterhin mit allen Mitteln dafür kämpfen, dass Rassismus und Nationalismus in unserer Gesellschaft keinen Platz haben“, heißt es in einem Facebook-Eintrag der Jusos.
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Posten gegen Stimmen bei Vorstandswahl?
Aus AfD-Fraktionskreisen heißt es derweil, dass die Vorsitzende der AfD-Landtagsfraktion und des AfD-Kreisverbandes, Dana Guth, schützend ihre Hand über Steinke halte und maßgeblich für seinen Job in der Fraktion gesorgt habe. Guths parteiinterne Gegner mutmaßen, dass die Politikerin, die um den AfD-Chefposten in Niedersachsen kandidieren will, sich so Stimmen von Steinke und seinem Umfeld bei der Vorstandswahl auf dem nächsten Parteitag sichern will. „Das entspricht keineswegs den Tatsachen. Lars Steinke hat sich beworben und hat eine zeitlich befristete Tätigkeit auf geringfügiger Basis aufgenommen. Über Einstellungen entscheidet laut Geschäftsordnung unserer Fraktion die Fraktion insgesamt per Abstimmung“, kommentierte Guth.
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Entmachtet von der Bundespartei: Paul Hampel, der Landesvorsitzende in Niedersachsen der Partei Alternative für Deutschland (AfD).
© Quelle: dpa
Der Bundesvorstand der AfD hatte im Januar den Landesvorstand abgesetzt und Landesvorsitzenden Hampel entmachtet. Tageblatt-Informationen, nach denen Steinke für einen Posten im neunen AfD-Landesvorstand kandidieren will, dementierte Steinke auf Tageblatt-Anfrage nicht, enthielt sich aber eines weiteren Kommentars.
Außer Steinke arbeitet seit Dezember Pierre Hillebrecht, ehemaliger AfD-Direktkandidat bei der Bundestagswahl im Wahlkreis Göttingen, für die Fraktion. Hillebrecht war zuvor Büroleiter der Göttinger AfD-Kreistagsfraktion gewesen. Wegen des Verdachts der "verdeckten Parteienfinanzierung" hatte sich die Kreistagsfraktion im November von Hillebrecht getrennt.
Verlässt Guth den Kreistag Göttingen, rückt Steinke nach
Gegen Guth läuft derzeit ein Ausschlussverfahren aus der Göttinger Kreistagsfraktion, das auf Wiedervorlage beim Göttinger Verwaltungsgericht liegt. Am 25. Februar will das Gericht in der Hauptsache entscheiden. Guth geht momentan davon aus, dass die Entscheidung für sie positiv ausfallen werde. "Umso mehr als das bereits in der Begründung der Entscheidung zum Eilantrag deutlich ausgeführt wird, dass das Gericht keinen Umstand erkennen kann, der einen Fraktionsausschluss rechtfertigen würde", erläutert Guth.
Ob sie aber ihr Kreistagsmandat behalte, werde im Wesentlichen davon abhängen, wie dieses zeitlich mit ihrer Fraktionstätigkeit im Landtag vereinbar ist, sagte Guth auf Tageblatt-Anfrage. Der Nachrücker für ihr Kreistagsmandat ist Lars Steinke. Wenn es dazu komme, werde er "dieser Verpflichtung des Wählers" nachkommen, sagte Steinke.
Von Michael Brakemeier