Kein Geld wegen Personalknappheit
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Immer mehr Väter legen im Job eine Familienpause ein und leben einige Monate vom Elterngeld.
© Quelle: dpa
Göttingen. Tageblatt-Leser David Retzer spricht von einem „massiven Missstand“. Bereits am 18. Juni, teilt Retzer mit, habe er nach Erhalt der Geburtsurkunde für seinen am 4. Juni geborenen Sohn bei der Stadtverwaltung einen Antrag auf Elterngeld gestellt. Bis heute jedoch habe er keinen Bescheid erhalten.
„Existenzgefahr“
Nach einer Reihe von Telefonaten, erklärt der junge Vater, habe er Anfang Juli die Auskunft erhalten, die Bearbeitung werde wohl noch weitere sechs bis acht Wochen dauern. Retzers Problem: „Von welchem Geld ich in dieser Zeit meine laufenden Kosten bezahlen sollte, interessierte niemanden bei der Stadt.“ Ihm sei geraten worden, auf Rücklagen zurückzugreifen oder sich Geld zu leihen. Retzer: „Junge Familien werden so an den Rand der Existenzgefahr gedrängt.“ Er selber sei als am Universitätsklinikum abgestellter Pfleger „nicht in der Lage, mir ein so großes finanzielles Polster anzulegen, das zwei Monate Gehaltsverlust abpuffern würde“. Anderen Familien gehe es genau so.
Die Elterngeldstelle räumt die Probleme ein: „Wegen Personalausfalls“, heißt es auf der Internet-Seite der Abteilung, „kann es zurzeit zu Wartezeiten in der Sachbearbeitung kommen.“ Ein solcher Engpass, erklärt die Stadtverwaltung weiterhin, sei nach Kenntnis der zuständigen Abteilungsleitung „bislang noch nie vorgekommen“. Inzwischen, teilt der Verwaltungssprecher Dominik Kimyon weiter mit, „hat sich die Personalsituation wieder beruhigt, und die entstandenen Rückstände werden abgearbeitet.“
Bearbeitung nach Eintragseingang
Dazu hat sich die Stadtverwaltung eine Änderung im Bearbeitungsablauf einfallen lassen: „Normalerweise“, sagt Kimyon, „ist jede Mitarbeiterin für eine Buchstabenrate verantwortlich. Um die Rückstände schneller abzuarbeiten, werden die Anträge jetzt unabhängig von der Buchstabenzuordnung in der Reihenfolge des Antragseingangs bearbeitet.“
Kimyon bestreitet allerdings, dass die Verwaltung im Gespräch mit Retzer auf die Möglichkeit verwiesen habe, den fehlenden Geldeingang mit einem Kredit zu überbrücken. Man habe ihm hingegen mitgeteilt, dass sein Antrag, sofern er sich in einer akuten Notlage befinde und dies der Verwaltung gegenüber schriftlich begründet und diese unter Nennung der Umstände schriftlich skizziert, als Notfall vorgezogen werden könne. Diese Option habe Retzer allerdings nicht genutzt.
Generell weist Kimyon darauf hin, dass das Elterngeld aus Bundesmitteln finanziert wird. Deshalb könnten keine Abschläge oder ähnliche Erstattungen ausgezahlt werden.
Von Matthias Heinzel