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Kunstquartier Göttingen

Mindestens eine Million Euro mehr für Galeriegebäude

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Göttingen. Das Galeriegebäude für das Göttinger Kunstquartier (KuQua) wird deutlich teurer und deutlich später fertig als geplant. Eine Million Euro soll das Gebäude nun mehr kosten. Statt Anfang Mai verschiebt sich der Baubeginn nun voraussichtlich auf August. Die Stadtverwaltung hat den Bauausschuss am Donnerstag in nicht-öffentlicher Sitzung darüber informiert.

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Als Gründe für die gestiegenen Kosten gibt die Stadtverwaltung Preissteigerungen im Baubereich an. Die derzeitige gute Konjunktur im Baubereich führe auch im kommunalen Bereich zu Verteuerungen von Baumaßnahmen, heißt es in einer Mitteilung. So rechne die Bauverwaltung der Stadt unter anderem für das Förderprojekt „Kunstquartier“ mit einer Kostenerhöhung um voraussichtlich rund 20 Prozent.

6 statt 5 Millionen Euro für Galeriegebäude im Kunstquartier

Ursprünglich hatte die Stadtverwaltung die Projektkosten für das Galeriegebäude Düsteren Straße 7 mit fünf Millionen Euro angesetzt, wovon viereinhalb Millionen Euro als Zuschuss vom Bundesbauministerium aus dem Bundesprogramm "Nationale Projekte des Städtebaus" gefördert werden. Derzeit rechnet die Verwaltung mit Projektkosten in Höhe von mindestens sechs Millionen Euro. Bislang lag der städtische Anteil bei 500 000 Euro.

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„Deutlich höhere Preise“

„Wie wir auch bei anderen Projekten bereits feststellen mussten, führen die derzeit meistens bestens gefüllten Auftragsbücher von Baufirmen und Handwerksbetrieben zu weniger Angeboten und zu deutlich höheren Preisen“, sagte Stadtbaurat Thomas Dienberg. „Alle Ausschreibungen sind betroffen.“ Die Überschreitungen liegen zwischen 15 und, wie im Fall der Regenbogenschule in Elliehausen, 40 Prozent über den Kostenschätzungen.

Die Bauarbeiten am KuQua haben sich immer wieder verzögert

Die Bauarbeiten am KuQua haben sich immer wieder verzögert: etwa weil aus der Baugrube noch tonnenschwere Fundamente entfernt werden mussten. Die Fundamentbrocken, die hier am Schwerlastkran hängen, wiegen jeweils rund zehn Tonnen.

Für die Ausschreibung der Rohbauarbeiten für das Galeriegebäude hat nur ein Unternehmen ein Angebot abgegeben. Dieses lag nach Angaben der Verwaltung 37 Prozent über der konkretisierten Kostenberechnung, die die Verwaltung nach eigenen Angaben unmittelbar vor der Ausschreibung im Februar mit aktuellen Preisen erstellt hat.

„Kaffeesatzleserei“, ob es bei einer Million Euro bleibt

„Daher ist heute bereits absehbar, dass bei gleichbleibend hohem Preisniveau auch weitere Ausschreibungen über den ermittelten Kosten liegen werden“, erläuterte Dienberg. In der Summe werde dies zu etwa einer Million Euro Mehrkosten im Rahmen des Projektes führen. Ob diese Summe aber tatsächlich ausreiche, sei „Kaffeesatzleserei“, so Dienberg. Angesichts der ebenfalls anstehenden Sanierung der Stadthalle, die mit 23 Millionen Euro veranschlagt ist, fürchtet Dienberg ähnliches wie jetzt beim Kunstquartier. „Warum soll es dabei anders sein?“, fragt Dienberg.

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Wie der Fehlbetrag für das Kunstquartier nun im Haushalt gedeckt werden kann, stehe noch nicht fest, so Dienberg. Feststehe nur, dass er von der Stadt getragen werden muss. Er ist zuversichtlich, dass der Bund eine Verlängerung der Bauzeit für das Galeriegebäude gewährt. Damit wäre die Zahlung der Bundesförderung nicht gefährdet.

Abgespeckte Bauweise

Unterdessen plant die Stadtverwaltung, das Galeriegebäude kostengünstiger zu bauen. „Nackte Betonböden, nur teilweise kaschierte Betondecken mit darunter hängenden Installationen, dazu ein riesiges graues Zinkblechdach“, fasst die CDU Dienbergs Ausführungen im Bauausschuss zusammen.

Baubeginn verzögert sich

Zusätzlich führt „die aktuelle Marktlage“ zu einer zeitlichen Verschiebung, da sich die Beauftragungen deutlich verzögerten, teilt die Verwaltung mit. Geplant war die Fertigstellung des Kunsthauses mit dazu passendem Innenhof bislang bis Ende 2019. Der Baubeginn war für Anfang Mai angesetzt und verschiebt sich nun voraussichtlich auf August. Die Fertigstellung des Neubaus werde sich entsprechend verzögern, heißt es aus dem Neuen Rathaus.

Reaktionen aus der Politik

Außer bei der SPD macht sich in der Ratspolitik angesichts der Kostenentwicklung Skepsis breit:

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"Die SPD steht ganz klar zu diesem Projekt", heißt es aus Reihen der SPD-Ratsfraktion. Das KuQua ist ein Leuchtturmprojekt mit bundesweiter Strahlkraft. Es sei nun Frage des Haushaltes, hier die Finanzierung zu regeln. Die Preissteigerungen seien nicht Ergebnis mangelnder Planung, sondern der Marktentwicklung geschuldet. "Mit diesen Mehrkosten konnte zum Planungszeitpunkt niemand rechnen", heißt es weiter.

Für die

CDU

-Fraktion sieht in der Mitteilung der Stadtverwaltung „ein Eingeständnis ihrer Fehleinschätzung in Sachen Bauleitplanung, Kostencontrolling und Öffentlichkeitsarbeit“. Hans Otto Arnold (CDU), Vorsitzender des Bauausschusses, wies darauf hin, dass „bereits seit Planungsbeginn dieser netten Idee absehbar war, dass die Kosten knapp kalkuliert waren und sehr wahrscheinlich zu massiven Einschnitten für andere Kultureinrichtungen führen werden, um finanzielle Defizite im Haushalt auffangen zu können. Dieser Fall könnte jetzt eintreten.“ Die CDU sehe sich nun in der Ablehnung dieses, von Anfang an kritisierten Projektes, bestätigt und werde die voraussichtlichen Mehrausgaben und damit die Fortführung des Prestigebaus konsequent ablehnen, kündigte die Fraktion an.

Archäologische Grabungen im Kunstquartier

Archäologische Grabungen im Kunstquartier.

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Die Grünen im Rat betrachten die Kostenentwicklung "mit großer Sorge". Es stelle sich grundsätzlich die Frage, "ob wir die Entwicklung um jedem Preis mitmachen sollen", sagte der Fraktionsvorsitzende Rolf Becker am Freitag.

„Daher haben wir die Verwaltung gefragt, welche Auswirkungen rechtlicher, finanzieller und möglicher weiterer Art ein Moratorium mit sich bringen würde. Die Verwaltung hat diese Prüfung zugesagt. Auf dieser Grundlage werden wir weiter beraten“, fuhr Becker fort.

Kritik an der Verwaltung kommt auch von der FDP: "Die Stadtverwaltung muss sich sie Frage gefallen lassen, ob die Baukostenschätzung politisch motiviert zu niedrig kalkuliert war", sagt Felicitas Oldenburg, FDP-Fraktionsvorsitzende. Das "Prestigeprojekt der SPD" erlebe nun ein Verzögerung durch die der Verlust der Bundeszuschüsse drohe. Die FDP sei von Anfang an gegen die "klobige Bauweise" des Galeriegebäudes gewesen, erklärte Oldenburg weiter.

"Ohne jegliche Häme und Schadenfreude müssen wir konstatieren, dass das Prestigeprojekt Kunstquartier sich zu einem Finanzdesaster für die Stadt und ihre Bürgerinnen entwickelt", sagte Gerd Nier, Fraktionsvorsitzender der Linken im Rat der Stadt. Die Befürchtungen der Linken hätten sich "im vollen Umfang" bestätigt.

Niemand wisse, „wie sich die Folgekosten gestalten werden, wie sich das für die anderen Kultureinrichtungen auswirken wird und wie die Kunsthalle von der Bevölkerung überhaupt angenommen wird“, so Nier. „Was wir wissen ist, dass die einstmals veranschlagten Baukosten anscheinend unrealistisch waren und aus dem Ruder laufen.“

„Was wir nicht wissen ist, woher das zusätzlich benötigte Geld kommen soll, zu Lasten welchen Projektes das gehen wird und welche Nachforderungen uns demnächst noch präsentiert werden“, fährt Nier fort. Nie habe das Kunstquartier auf der Prioritätenliste der Linken gestanden.

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Kunstquartier als Initialzündung fürs Viertel

Verleger Gerhard Steidl als Ideengeber für das Viertel und die Göttinger Verwaltungsspitze sehen das Kunstquartier als Initialzündung für andere Projekte, die sich in dem Viertel ansiedeln werden. Steidl gehört auch das sogenannte Grass-Haus auf dem Nachbargrundstück, das auch ein integraler Bestandteil des KuQuas werden soll.

Das Kunsthaus, das im KuQua entstehen soll, ist aus einem Hochbauwettbewerb der Stadt hervorgegangen. Der Entwurf der Leipziger Architekten sieht ein Gebäude mit drei Etagen und einer Ausstellungsfläche von 736 Quadratmetern vor. Hinzu kommt ein 1300 Quadratmeter großer Innenbereich.

Von Michael Brakemeier

GT/ET

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