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Falsche Polizisten

„Mir kann das nicht passieren“

Der Göttinger Oberkommissar Marko Otte (li.) spricht im NDR-Fernsehen über Betrüger, die sich als Polizisten ausgeben.

Der Göttinger Oberkommissar Marko Otte (li.) spricht im NDR-Fernsehen über Betrüger, die sich als Polizisten ausgeben.

Göttingen. Die Polizei in Niedersachsen geht verstärkt in die Offensive. Immer öfter geben sich Ganoven als Polizeibeamte aus. Immer wieder gelingt es ihnen, erstaunlich echt klingende Szenarien zu entwickeln, um ihre Tricks und Betrügereien glaubwürdig zu vermitteln. Immer wieder fallen Menschen darauf herein, oft sind es vor allem ältere Personen. Gerade auf sie haben es die Täter abgesehen. Mit einer Infoveranstaltung zum Trickbetrug unter der Überschrift „Falsche Polizeibeamte“ will die Polizeiinspektion Göttingen warnen und aufklären. Vor allem auch, weil „noch immer viele ältere Menschen glauben, dass sie kein Opfer werden können“, wie Polizeihauptkommissar Marko Otte aus Erfahrung weiß. Otte gehört zum Präventionsteam der Polizeiinspektion Göttingen, das heute ab 18 Uhr in die Otto-Hahn-Straße 2 in Weende einlädt.

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Wie viele Beamte arbeiten im Präventionsteam der Polizei Göttingen mit?

Das Präventionsteam besteht aus dem Verkehrssicherheitsberater Hauptkommissar Jörg Arnecke, der Beauftragten für Jugendsachen, Kommissarin Frauke Otto, dem Beauftragten für Kriminalprävention, also meiner Person und einer Angestellten, Silvia Bernhard.

An wen können sich Betroffene wenden, die Opfer eines Trickbetruges geworden sind?

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Wenn es bereits zu einer solchen Straftat gekommen ist, können sich die Opfer an jede Polizeidienststelle wenden. Hier werden die Strafanzeigen aufgenommen und die weiteren Ermittlungen in die Wege geleitet. Auch gegen unbekannte Personen. Wenn es um die Vorbeugung dieser und anderer Straftaten geht, stehe ich als Beauftragter für Kriminalprävention sehr gern zur Verfügung. Im vergangenen Jahr habe ich in diesem Phänomen-Bereich circa 1000 Menschen in Form von Vorträgen sensibilisiert. Es handelte sich hierbei überwiegend um ältere Menschen. Aber auch Mitarbeiter von Pflegediensten und Bankangestellte wurden geschult.

Nehmen Straftaten im Bereich Trickbetrug zu oder eher ab?

Die Fallzahlen sind unterschiedlich und abhängig von den Modi Operandi. Während größtenteils die Fallzahlen abnehmen, steigen die Schadenssummen gerade beim Phänomen der falschen Polizeibeamten stark an. Belief sich die Schadenssumme in Niedersachsen 2013 noch auf 35000 Euro, waren es 2018 bereits 4,7 Millionen Euro. Dies geschieht durch wenige herausragende Fälle, die sich leider auch im Raum Göttingen ereignet haben. So übergab im vergangenen Jahr eine ältere Dame 290 000 Euro an insgesamt drei Geldabholer. Hier ist noch viel Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit nötig, die ich als Beauftragter für Kriminalprävention gern leiste, da mir das Thema und die älteren Menschen sehr am Herzen liegen. Aus diesem Grund wird die Info-Veranstaltung am 22. Mai angeboten, die nicht nur für ältere Menschen gedacht ist, sondern auch für Menschen, die auf ihre Eltern vertrauensvoll einwirken möchten. Hinzu kommt, dass bei den Trickbetrügen am Telefon, angefangen beim allseits bekannten Enkeltrick, über Schockanrufe und den falschen Polizeibeamten/Call-ID-Spoofing, von einem vermutlich hohen Dunkelfeld ausgegangen werden kann. Die Opfer schämen sich, sich ihren Angehörigen zu offenbaren und fürchten unter Umständen sogar weitere Maßnahmen, die sich durch Angehörige anschließen könnten.

Weiterlesen: "Die Polizei ruft niemals über 110 an"

Gibt es immer neue Methoden, neue Finten oder ziehen auch die "alten Nummern" trotz aller Warnungen - immer wieder?

Leider wiegen sich viele Menschen in Sicherheit und unterschätzen die professionellen und psychologisch hervorragend gut geschulten Täterbanden. Auch die gängigen Vorgehensweisen, etwa beim Enkeltrick werden seitens der Täter immer wieder verfeinert und verbessert. So wird etwa von den vermeintlichen Angehörigen, Enkeln, Schwägerinnen, und so weiter darum gebeten, ein Schließfach in der Bank anzumieten und das Geld vorerst dort zu deponieren. Auf diese Weise wird beim Bankangestellten der Eindruck erweckt, dass das Geld im Haus verbleibt.

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Was tun, wenn sich jemand als Polizist ausgibt und darüber Zweifel bestehen? Wie kann sich ein Bürger sicher sein, es tatsächlich mit einem Polizisten zu tun zu haben?

Bestehen Zweifel, ob es sich um einen echten Polizisten handelt, sollte das Telefongespräch durch den Angerufenen beendet werden und anschließend über 110 eine Nachfrage bei der echten Polizei erfolgen. Hier kann sofort Auskunft gegeben werden, ob es sich um echte Polizeibeamte/-innen handelt. Auch im Falle von Polizeibeamten vor der Haustür wird es die echte Polizei den Bürgerinnen und Bürgern nicht übelnehmen, wenn diese bei der Polizei mittels Name und/oder Dienstnummer nachfragen.

Was sagt die Statistik über die Altersgruppen der Opfer von Trickbetrug aus - sind das fast nur ältere Personen? Mehr Männer oder mehr Frauen?

Die Auswertung für diese Fälle ist aufgrund der vorhandenen Technik sehr schwierig und umfangreich. Es kann aber gesagt werden, dass im Fokus dieser Täter gerade die älteren Menschen stehen. Die Täter nutzen aus, dass ältere Menschen großes Vertrauen in die Polizei haben, häufig über erhebliche angesparte Vermögenswerte verfügen und sehr hilfsbereit sind. Das Geschlecht spielt hierbei keine Rolle. Es werden ganze Landstriche und Ortschaften anhand von Telefonbucheinträgen mit alten deutschen Vornamen von Callcentern, die sich grundsätzlich im Ausland befinden, abtelefoniert. Ein erster Schritt könnte also sein, den Telefonbucheintrag zu ändern oder ganz zu löschen.

Welche quasi seelischen Hilfen können Opfer in Anspruch nehmen, da so eine Straftat für die Betroffenen doch sicher eine psychische Belastung darstellt?

Opfer einer solchen Straftat zu werden zieht vielfältige Folgen nach sich. Da sind die materiellen Verluste von Geld und anderen Wertgegenständen, ideelle Werte bei Familienschmuck und darüber hinaus und häufig unterschätzt, die psychologischen und familiären Folgen. Betroffene können bei verschiedenen Institutionen hervorragende Hilfe bekommen. So stehen etwa die Stiftung Opferhilfe e.V. oder Weisser Ring e.V. professionell zur Seite. Ein guter Tipp im Vorfeld solcher Straftaten könnte für ältere Menschen und deren „Kinder“ die kostenlose Veranstaltung am heutigen Mittwoch, ab 18 Uhr, in der Otto-Hahn-Straße 2 sein. Denn nahezu alle durch Vorträge sensibilisierten Menschen waren vorher der Meinung: „Mir kann das nicht passieren!“ Übrigens auch viele Opfer!

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Von Ulrich Meinhard

GT/ET

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