Mörderische Geschichten statt Basketball
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Ihr neuster Krimi spielt in Dänemark: Anette Strohmeyer.
© Quelle: Christina Hinzmann
Göttingen. Eigentlich wollte sie ja Comic-Zeichnerin werden. „Dafür hatte ich aber doch nicht genug Zeichentalent“, erzählt Strohmeyer. Ein Achillensehnenriss führte sie 2001 in die Karriere als Krimiautorin. Einige Jahre hatte sie da – noch unter ihrem Geburtsnamen Pieper – in der Profi-Mannschaft der BG Basketball gespielt. Sie sei praktisch aufgewachsen in der Basketball-Halle, ihre Eltern waren beide Gründungsmitglieder bei der BG, so die 43jährige. Sie begeisterte sich früh für den Sport. Durch die Verletzung hatte sie auf einmal hatte viel Zeit und begann einen Fantasyroman zu schreiben.
„Ich habe viele Fehler gemacht“
Wie viele junge Autoren dachte sie eine Geschichte in einer ausgedachten Welt zu schreiben, sei „leichter als eine, die in der realen Welt spielt“. Ein Irrtum wie sie heute sagt. Eine schlüssige Fantasy-Welt aufzubauen, sei viel schwerer als sich an der Wirklichkeit zu orientieren. Zwei Jahre schrieb sie an dem 2000-Seiten-Wälzer. „Das war natürlich viel zu lang. Ich habe viele Fehler gemacht, viel gelernt“, sagt sie. Sie besuchte Schreibkurse, finanzierte sich die Anfänge als Schriftstellerin mit verschiedene Jobs.
Seit 2012 ist sie nun hauptberufliche Autorin. Sie schreibt Thriller, eine Reihe beispielsweise mit den mysteriösen Fällen des Mr. Ondragon, arbeitet an Hörspielen mit. Ihr neuestes Buch, das sie auf der Buchmesse in Leipzig vorstellt, ist ein Krimi, der in Dänemark spielt. Es ist der Auftakt zu einer skandinavischen Krimi-Reihe rund um Kommissar Tom Skagen und das Ermittlerteam von Skanpol, das zuständig ist für grenzüberschreitende Verbrechensbekämpfung.
Liebeserklärung an einen Ort
Im vergangenen Jahr ist sie mit ihrem Mann nach Dänemark gezogen. „Die Idee für den Krimi war aber schon vorher da“, sagt Strohmeyer. Sie sei ein Fan des Nordens. Der Krimi spiele in einer Ecke, in der sie „schon als Kind im Urlaub war“. Wilde Dünen, ein kleiner Hafen, da gebe es alles, was für eine Geschichte nötig ist. Da kenne sie sich recht gut aus. Das Buch sei eine Liebeserklärung an den Ort. Auch wenn es ja eigentlich komisch sei, eine solche Liebeserklärung mit einer finsteren Geschichte zu machen. Für die Tom-Skagen-Reihe – der zweite Band spielt in Schweden und ist bereits fertig – hat sie unter dem Pseudonym Anne Nordby geschrieben. Die Verlage tun sich schwer deutsche Autoren eine Geschichte in anderen Ländern erzählen zu lassen, so Strohmeyer.
Sie fährt möglichst immer an die Orte, in denen ihre Bücher spielen. „Die Atmosphäre und viele Kleinigkeiten, die kriegt man nicht über Streetview“, sagt sie. Und sie hat sich gut vernetzt. Begeistert ist sie von dem Netzwerk „Mörderische Schwestern“, hier unterstützen sich schreibende Frauen, tauschen ihr Wissen aus. Morgens um 8 Uhr setzt sich die disziplinierte Autorin an den Schreibtisch, Feierabend macht sie gegen 18 Uhr. Sechs Buchseiten nimmt sie sich für den Tag vor. Daneben muss sie viel in den sozialen Netzwerken unterwegs sein. „Das ist sehr zeitintensiv“, sagt sie, aber es lohne sich.
Die Chemie muss stimmen
Großen Spaß macht es Strohmeyer mit anderen Autoren zusammen zu schreiben. Voraussetzung dabei sei, dass alle gleichmäßig geben. „Das klappt nicht immer“, so Strohmeyer. Die Chemie zwischen den Schreibern müsse stimmen. Die Hörspiele ihrer Monster -Reihe seien so entstanden. „Alle Ideen auf den Tisch“ so begänne das Arbeiten. „Es ist super, was da alles kommt, was entsteht.“ Aber man müsse auch Ablehnung ertragen können. Alle Szenen werden vorher genau festgelegt, bevor die Kollegen zeitgleich daran schreiben. Die Figuren sind eigentlich ausgearbeitet. Es gebe aber in der Schreibphase schon noch Absprachen: „Brauchst du die Figur noch? Kann ich die sterben lassen?“ Gut wäre so eine Zusammenarbeit, wenn man hinterher nicht erkennt, wer was geschrieben hat.
Und wie hält sie es mit Brutalität und Gewalt? „Es passieren schon brutale Dinge“ in den Büchern. Sie lebe das aber nicht bis ins Detail aus, so Strohmeyer. Sie versuche, die Spannung anders herzustellen. In ihren Geschichten wolle sie den Focus klein halten, auf die Beziehungen in einer Familie etwa und auf Dinge „ die dir und mir passieren“ können.
In den nächsten Monaten steht für sie auch die Aufgabe an, Dänemark und seine Eigenheiten besser kennenzulernen. Nach Göttingen kommt sie noch oft neben der Familei hat sie auch „noch großen Freundeskreis“ hier. Und wenn es passt, geht sie auch zum Basketball. Sonnabends in der Halle, das gefalle ihr immer noch ausgesprochen gut.
Strohmeyers neuster Krimi
Anne Nordby: Kalter Strand. Gemeiner Verlag 2019, 473 Seiten, 16 Euro, ISBN-13: 978-3839224250.
Von Christiane Böhm
GT/ET