Mondfinsternis für Geduldige in Göttingen
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Der Mond während der totalen Mondfinsternis als sogenannter Blutmond am Abend des 27. Juli 2018.
© Quelle: epd
Göttingen. Etwa einmal im Monat veranstaltet das Institut für Astrophysik der Universität Göttingen Führungen mit Beobachtungsmöglichkeiten an seinem Teleskop. Diesmal erwartete die Besucher ein "astronomischer Sommernachtstraum" mit dem Highlight einer totalen Mondfinsternis.
Doch das war noch nicht alles, was es am Himmel zu sehen gab. „Das Besondere ist natürlich die Mondfinsternis. Aber im Moment sind sich Erde und Mars am nächsten, und das zusammen mit einer Mondfinsternis ist schon relativ selten“, erklärt Fabian Göttgens, Doktorand in der Astrophysik und einer der rund 15 freiwilligen Helfer aus der Astrophysik, welche die Institutsführungen möglich machten. Sie betreuten den Astronomietest, eine Kamera, Teleskope, und regelmäßig sammelten sich kleine Gruppen um sie und löcherten sie mit Fragen.
„Normalerweise kommen zu unseren Führungen um die 40 Besucher, aber bei besonderen astronomischen Ereignissen sind es deutlich mehr. Heute würde ich schätzen, dass wir rund 500 Besucher haben“, so Klaus Reinsch, Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Astrophysik und Organisator der Führungen. Den Abend hat man zusammen mit dem Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung direkt nebenan gestaltet – dort fanden Vorträge statt, und es wurden kleinere Teleskope aufgebaut. In der Astrophysik der Uni gab es das große 50-cm-Teleskop.
„Wir finden es wichtig zu zeigen, was Astronomie bedeutet und was man am Himmel sehen kann. Viele wissen gar nicht, was man alles erkennen kann“, sagt Reinsch. Schuld ist die Lichtverschmutzung. Dadurch sieht man in einer Stadt wie Göttingen nur wenige Sterne. Ob er denn einen Tipp für Sternengucker habe, wo man einen noch guten Blick in den Himmel hat? „Fahren Sie 20, 30 Kilometer aus Göttingen raus“, sagt Reinsch. Dort könne man bereits 1000 bis 2000 Sterne erkennen. Noch besser sei es bei St. Andreasberg im Harz oder im „Sternenpark“ in der Rhön.
Auf der vollen Beobachtungsplattform des Astrophysik-Instituts war aber zunächst einmal langes Warten angesagt, währenddessen man den Sonnenuntergang, Dämmerung und die Lichter Göttingens bestaunen oder durch das große Teleskop ins Sonnensystem hinausschauen konnte. Ab und an rotierte die Kuppel nahezu lautlos und visierte das Teleskop ferne Ziele an. Zuerst den Saturn, dann Jupiter, deutlich später dann noch den Mond.
„Der muss aussehen wie eine fliegende Untertasse“, meint Prof. Wolfgang Glatzel zu einer Frau, die durch das Teleskop schaut und den Saturn sucht. Schließlich wird sie fündig. „Der ist aber etwas unscharf.“ Schuld ist die Luft, die bei dem Wetter zu sehr wabert und damit die Sicht erschwert. Später war Jupiter dran, um den auch noch die vier großen Gallileischen Monde Callisto, Io, Europa und Ganymed erkennbar waren.
Eigentlich war das Wetter für die Himmelsbeobachtung mit dem Teleskop nicht optimal – ein dunstiger Himmel, ein paar Wolken, dadurch atmosphärische Störungen, die den Blick durch die Teleskopoptik trübten. Aber immerhin: Der Himmel war klar. Das allein stellte schon einen Glücksfall dar. Das Teleskop wird im Rahmen des Studiums genutzt, um Studenten mit der Bedienung, Datenerhebung und -auswertung mit einem Teleskop vertraut zu machen. Allerdings liegt die Beobachtungszeit im Jahr bei vielleicht einer handvoll Tagen, weil die Wetterbedingungen in Göttingen suboptimal sind.
Gegen 21.30 Uhr sollte auch der Mond aufgehen – erkennbar war er aufgrund der Totalität seiner Verdunkelung jedoch gar nicht. Bei einer Mondfinsternis durchläuft der Mond den Kernschatten der Erde, der hinter ihr durch die Sonneneinstrahlung entsteht. Als gegen halb elf dann ein heller roter Punkt über dem Horizont auftauchte, der Mars, sagt Reinsch: „Etwa eine Daumenbreite höher muss jetzt der Mond stehen.“ Doch da war nur Dunkelheit. Erst nach 23 Uhr sahen die ersten einen dunkelroten Schemen, der nach und nach heller und kreisförmiger wurde und aus dem Stück für Stück dann die gewohnt hellgraue Mondoberfläche auftauchte, bis schließlich wieder der gewohnte Vollmond am Himmel stand.
Von Sven Grünewald
GT/ET