Offener Brief zum Großprojekt Zimmermannstraße wirft Fragen auf
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Die Nutzungskonzepte im Bieterverfahren für das Großprojekt Zimmermannstraße werden am Donnerstag, 7. Februar, im Bauausschuss des Rates der Stadt Göttingen vorgestellt.an.
© Quelle: Christina Hinzmann
Göttingen. Die Nutzungskonzepte im Bieterverfahren für das Großprojekt Zimmermannstraße werden am Donnerstag, 7. Februar, im Bauausschuss des Rates der Stadt Göttingen vorgestellt. Im Vorfeld sorgt ein Schreiben eines Bieters, der EBR Unternehmensgruppe, für Fragen bei den Ratsparteien.
Am östlichen Ende der Zimmermannstraße sollen insgesamt 120 neue Wohnungen entstehen. Geplant ist ein Neubaugebiet mit bis zu fünfgeschossigen Gebäuden. Drei Bieter sind im Rennen. Es gibt im Kreise der Kommunalpolitik nun Mutmaßungen, die EBR habe vorab Informationen über den Ausgang des Bieterverfahrens erhalten. Die EBR bestreitet dies.
Anlass dieser Mutmaßungen ist ein offener Brief vom 4. Februar, den die Belegschaft der EBR an den Rat der Stadt, die Ratsfraktionen und die Mitglieder des Bauausschusses geschickt hat. Anlass sei die „aktuell entstandene öffentliche Diskussion um die EBR“. Die Mitarbeiter spielen damit auf den Weiterverkauf eines Teilgeländes des IWF-Geländes am Nonnenstieg an, wo die EBR ebenfalls bauen wollte und auf einem Teilstück auch weiterhin bauen will. Dieser Teilverkauf hatte nicht nur in der Politik heftige Diskussionen ausgelöst.
In das Schreiben vom 4. Februar, erklären die Mitarbeiter der EBR, sei die Geschäftsführung zwar „nicht involviert“, sie sei aber darüber informiert worden. Im Zuge der IWF-Diskussion habe sich „öffentlich eine mediale Dynamik aus Behauptungen, Vorurteilen und falschen Tatsachendarstellungen zum Thema“ entwickelt. Es sei der Eindruck entstanden, diese Diskussion werde „nicht objektiv, nicht faktenbasiert und vor allem nicht fair geführt“.
Die Mitarbeiter, schreibt die Belegschaft weiter, „haben zudem die Befürchtung, dass die entstandene öffentliche Diskussion negative Auswirkungen auf die Beurteilungen oder letztendlich auch Vergabeentscheidungen unserer kommenden Bauprojekte haben könnte“.
Die EBR-Mitarbeiter weisen in der Folge darauf hin, „tagtäglich hart daran“ zu arbeiten, „all unsere Projekte und Konzepte mit einem hohen Anspruch an Qualität und Nachhaltigkeit zu realisieren“. Sie seien „überzeugt, dass sich dies beispielsweise auch in der Qualität des Konzepts zur Zimmermannstraße wiederfindet und es unseren Anspruch erfüllt haben könnte, als Punktbester im Zusammenhang mit dem Punktevergabesystem der Konzeptausschreibung abzuschließen“.
Dies interpretieren einige der angeschriebenen Politiker als Hinweis darauf, dass die EBR schon vor dem Ausgang des Bieterverfahrens und dessen öffentlicher Bekanntgabe gewusst haben könnte, als Sieger aus dem Wettbewerb hervorgegangen zu sein. Das hat zu teils deutlichem Unmut geführt: Für die CDU erklärt Fraktionschef Olaf Feuerstein, eine solche Kenntnis sei „höchst verwunderlich“ und „ein höchst irritierender Vorgang“, der bei der CDU für „große Überraschung“ gesorgt habe.
Zum jetzigen Zeitpunkt könne nur die Bauverwaltung wissen, wer den Wettbewerb gewonnen habe. Der Verdacht, die EBR habe zuvor Kenntnis vom Ausgang des Bieterverfahrens gehabt, werde im Bauausschuss am Donnerstag „zu weiteren Nachfragen führen, und wohl nicht nur von uns“, so Feuerstein.
„Wieso und woher die EBR die uns unbekannten Ergebnisse kennt, wissen wir nicht.“
Die SPD wundert sich ebenfalls: „Wieso und woher die EBR beziehungsweise die Mitarbeiter der EBR die uns unbekannten Ergebnisse kennt, wissen wir nicht“, erklärt die Fraktionsgeschäftsführerin Annette Aab. Die Fraktion der Grünen äußert sich dazu nicht, die Fraktionsgeschäftsführerin Ina Jacobi verweist aber darauf, die Kriterien des Vergabesystems seien öffentlich.
Sowohl die Stadtverwaltung als auch die EBR wenden sich gegen den Eindruck, die EBR habe vorab vom Ausgang des Zimmermannstraßen-Bieterverfahrens Kenntnis bekommen. Stadtverwaltungssprecher Dominik Kimyon erklärt, aus dem offenen Brief sei „keineswegs erkennbar, dass die EBR davon ausgeht beziehungsweise ausgehen kann, ,Punktbester‘ zu sein“. Das Unternehmen „formuliert lediglich seinen Anspruch, als ,Punktbester‘ hervorzugehen“. Einen solchen Anspruch könne man sicherlich allen Bietern unterstellen.
Die EBR selbst streitet ab, vorab vom Ausgang des Bieterverfahrens erfahren zu haben. „Das ganze Team und der Architekt“, teilt Unternehmenssprecher Robert Schwindt schriftlich mit, „haben mit viel Energie an diesem Konzept gearbeitet, wir möchten also gerne gewinnen, wissen aber nicht, ob wir das (bereits) haben.“ Die Aussage zum „Punktbesten“ sei im Konjunktiv gehalten, das EBR-Team hoffe darauf, „dass eben alle in unserem Konzept enthaltenen Aspekte die Verantwortlichen überzeugen und wir deshalb Punktbester werden könnten“.
Diese Devise sei „grundsätzlich immer“ der „unbedingte Anspruch“ des Unternehmens, so Schwindt. Auch beim Projekt Zimmermannstraße „hoffen wir darauf, dass eben alle in unserem Konzept enthaltenen Aspekte die Verantwortlichen überzeugen und wir deshalb Punktbester werden könnten“.
Der Bauausschuss tagt am Donnerstag, 7. Februar, in Raum 118 des Neuen Rathauses, Hiroshimaplatz 1-4. Beginn ist um 16 Uhr. Das Thema Zimmermannstraße steht am Beginn der Sitzung.
Von Matthias Heinzel