Protest gegen Logistikzentrum: Demo und symbolische Besetzung
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Friedlicher Protest gegen das geplante Logistikzentrum bei Hebenshausen.
© Quelle: Markus Riese
Neu-Eichenberg / Hebenshausen. Etwa 100 Gegner des geplanten "Sondergebiets Logistik" in der Gemeinde Neu-Eichenberg (Nordhessen) haben am Vormittag des 25. Januar an einer friedlichen Demonstration durch Hebenshausen teilgenommen, um noch einmal zu zeigen, dass sie den Logistik-Park entschieden ablehnen.
Bis zu 2000 LKW pro Tag befürchtet
Das Datum war nicht zufällig gewählt: Am Freitag endete die Frist zur Einreichung von Stellungnahmen im Hinblick auf die Änderung des Bebauungsplans für den angedachten, bis zu 80 Hektar großen Logistik-Park. Der Bensheimer Projektentwickler Dietz AG plant, zwischen Hebenshausen und Neu-Eichenberg-Bahnhof ein Logistikzentrum mit mehreren, bis zu 14 Meter hohen Hallen zu errichten. Die "Bürgerinitiative für ein lebenswertes Neu-Eichenberg" (BI) befürchtet dadurch eine massive Verstärkung des Schwerlastverkehrs. Die Rede ist inzwischen von bis zu 2000 LKW pro Tag. Außerdem argumentiert die BI unter anderem mit einer erhöhten Hochwassergefahr wegen der geplanten Versiegelung einer Fläche, die etwa 100 Fußballfeldern entspricht. Der momentan hier noch vorhandene Ackerboden sei sehr fruchtbar, was auch der lange und heiße Sommer 2018 gezeigt habe. Auch die Anzahl und Qualität der entstehenden Arbeitsplätze wird von vielen Gegnern des Logistikgebietes infrage gestellt.
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Bunter Protest gegen die Logistik-Pläne.
© Quelle: Riese
Verwaltung will sich Stellungnahmen „zu Herzen nehmen“
Trotz eisiger Kälte nahmen etwa 100 Personen an dem Demonstrationszug teil, der – begleitet von einer Samba-Gruppe – eine kleine Runde durch Hebenshausen drehte und dabei auch einen Stopp an der Gemeindeverwaltung Neu-Eichenbergs einlegte. Dort übergab BI-Vertreterin Corinna Trempnau zunächst 143 Stellungnahmen besorgter Bürger an den Vertreter des Bürgermeisters, Achim Albrecht-Vogelsang (parteilos). Dieser versprach, dass die Stellungnahmen alle gelesen und ernst genommen würden. „Wir werden uns jede Stellungnahme zu Herzen nehmen“, sagte er.
Teilnehmer aus Friedland und Göttingen
Die BI hatte die Stellungnahmen im Vorfeld, zum Teil aber auch noch während des Protestzuges eingesammelt. Am Nachmittag bot sie in einer nahgelegenen Scheune außerdem eine „Schreibwerkstatt“ an, um Menschen beim Formulieren ihrer Briefe zu unterstützen. Bis Mitternacht durften noch weitere Stellungnahmen abgegeben werden, etwa durch Einwurf in den Briefkasten der Gemeindeverwaltung.
Bilder von den Protest-Aktionen:
Nebenbei schenkten BI-Mitglieder Suppe und warme Getränke aus, verteilten Informationsblätter und Protest-Postkarten und nutzten die Gelegenheit, um mit den Demo-Teilnehmern ins Gespräch zu kommen. Unter ihnen waren auch mehrere Besucher aus der benachbarten Gemeinde Friedland sowie aus dem Göttinger Bereich – die zum Teil trotz des Winterwetters mit dem Fahrrad kamen. Ein Teilnehmer reiste sogar extra aus dem Ruhrgebiet an, um seine ehemaligen Nachbarn zu unterstützen.
Gemeinschaftsgefühl erzeugt
„Es war ein toller Moment, die Stellungnahmen gemeinsam abzugeben“, betonte Anja Banzhaf, Mitglied der BI. Trotz des eher ungünstigen Termins an einem Freitagvormittag sei die Gruppe vor der Verwaltung doch groß gewesen. „Das hat ein Gemeinschaftsgefühl erzeugt und wieder einmal gezeigt, wie stark wir sind. Dieser Moment hat mir Mut gemacht“, so Banzhaf weiter.
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Protestmarsch durch die Straßen von Hebenshausen.
© Quelle: Riese
Aktionen des „zivilen Ungehorsams“
Schon um 4 Uhr morgens hatte eine Gruppe von Umweltschützern („Klima-Aktion“) ein etwa acht Meter hohes Tripod (Dreibein) auf dem geplanten Baugelände des Logistikgebietes errichtet und einen Bereich nahe der Bundestraße 27 dadurch symbolisch besetzt. Flankiert wurde die Aktion von mehreren Protestbannern („Wir sind das Investitionsrisiko“). Durch die zwölfstündige Blockade wollten die „Aktivist*innen“, wie sie sich selbst beschrieben, ihre Entschlossenheit deutlich machen, sich auch künftig mit kreativen Protestformen dem Bau des Logistikzentrums in den Weg zu stellen. Sie kündigten weitreichende „Aktionen des zivilen Ungehorsams“ an, falls keiner der Akteure von den Plänen Abstand nehmen sollte. Die Gruppe forderte den Gemeinderat auf, das Projekt doch noch zu stoppen – und den Investor, sich zurückzuziehen.
Video von der Demo durch Hebenshausen:
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„Erheblicher Widerstand“ angekündigt
„Die Dietz AG muss sich auf erheblichen Widerstand einstellen, falls sie die Pläne weiter verfolgt. Wir können und werden diese Zerstörung nicht zulassen“, kündigte eine Sprecherin der Aktionsgruppe an. Der Acker gehöre mit zu den besten Böden, die es auf der Welt gebe. Eine Privatisierung und Versiegelung dieser Flächen sei in Zeiten der Klimakrise ein Schritt in die falsche Richtung.
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Darum geht es: Die große Fläche oberhalb der Ortschaft Hebenshausen soll mit großen Logistik-Hallen bebaut werden.
© Quelle: Thomas Meder
Bei einer Online-Petition hatten sich nach Angaben der BI fast 1400 Menschen aus dem Werra-Meißner-Kreis gegen die Logistik-Pläne ausgesprochen. Insgesamt hätten sich 3164 Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet beteiligt, davon 688 aus Niedersachsen. Die hessische Landesregierung wird mit der Petition aufgefordert, die Flächen nicht an die Dietz AG zu verkaufen. Denn, anders als oft behauptet, seien diese noch Eigentum des Landes Hessen.
Der Neu-Eichenberger Gemeinderat soll im März über die Änderung des Bebauungsplanes abstimmen.
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"Wir sind das Investitionsrisiko": Gegner des Logistikgebietes besetzen einen Acker.
© Quelle: Riese
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Bürgermeister halten dagegen – Hinweis zum Verkehr aus Friedland
Die Bürgermeister des Werra-Meißner-Kreises haben sich während einer Kreisversammlung noch einmal deutlich für das geplante „Sondergebiet Logistik“ ausgesprochen. „Wir möchten den Gegnern des Logistikgebietes das Feld nicht alleine überlassen und (...) nochmals verdeutlichen, dass das geplante Vorhaben für die Zukunft des Werra-Meißner-Kreises von großer Bedeutung ist.“ Diese Worte unterschrieb auch der Bürgermeister Neu-Eichenbergs, Jens Wilhelm (SPD). Als Argumente für die Ansiedlung nennt er die Entstehung vieler neuer Arbeitsplätze sowie Impulse für weitere Ansiedlungen in einem zusätzlich entstehenden Gewerbegebiet. Auch die Gemeinde Friedland hat sich im Zuge der Bauleitplanung zu den Planunterlagen geäußert. In der dem Tageblatt vorliegenden und von Bürgermeister Andreas Friedrichs (SPD) unterzeichneten Stellungnahme geht es unter anderem um die Verkehrssituation. Dort heißt es: „Für die Neuverkehre des Logistikareals wird aufgrund der Lage der Autobahn und des bestehenden LKW-Durchfahrtsverbotes auf der B 27 in Richtung Süden angenommen, dass sich diese zu 75 Prozent in Richtung Autobahn 38 (Norden) verteilen. Bei Sperrung der A 38 werden die Verkehre durch die Gemeinde Friedland geleitet und erhöhen hier die Belastung der Ortsdurchfahrten.“ Zudem sei die B 27 zum 1. Januar in weiten Teilen südlich von Göttingen zu Landesstraßen herabgestuft worden.
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Pro Logistikgebiet: Bürgermeister aus dem Werra-Meißner-Kreis.
© Quelle: r
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Von Markus Riese
GT/ET