Sieben Spanier haben ihre Ausbildung bestanden
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Die VHS Göttingen-Osterode übergibt gemeinsam mit den Kooperationspartnern, der Industrie- und Handelskammer Hannover, gemeinsam mit den beteiligten Unternehmen und allen Projektpartnern, die Ausbildungszertifikate an die spanischen Absolventen.
© Quelle: Christina Hinzmann
Göttingen. „Mut, Fleiß und Durchhaltevermögen hat das Projekt den Teilnehmern abgefordert“, erklärte VHS-Betreuerin Ursula Kraft am Mittwochabend bei der Zertifikatsübergabe in der Orient Lounge des Göttinger Hotels Freiheit In. Die Spanier ließen sich auf eine Ausbildung in einer ihnen fremden Sprache ein. Manche trauten sich anfangs im Betrieb nicht ans Telefon, erzählten Ausbilder während der Feier. Andere nahmen forsch den Hörer ab, sagten „Ja, Ja“ und legten zur Empörung ihrer Gesprächspartner wieder auf.
Verkaufsgespräche mit Händen und Füßen
Mit Händen und Füßen erklärte die Auszubildende eines Schreibwarengeschäfts Kunden anfangs die Produkte, sagte der dortige Geschäftsinhaber. Mehrmals in der Woche büffelten die Lehrlinge Deutsch – parallel zu ihrem normalen Arbeitsprogramm. Nach einem Jahr, so die Ausbilder, sei der Knoten geplatzt, sei die Verständigung flüssiger geworden. Auch Förderunterricht erhielten die Spanier, damit sie in der Berufsschule mitkamen. Eine junge Frau, die in Nörten-Hardenberg Köchin gelernt hat, musste zum Unterricht in Göttingen immer mit dem Zug anreisen. Ein anderer kam mit seinem oft kaputten Auto aus Hann. Münden.
„Viele der jungen Menschen vermissten ihre Familie“, erfuhr Betreuerin Kraft. Manche waren von der Freundin oder dem Freund getrennt. Das kalte, regnerische Wetter erschwerte den Südländern das Einleben. Bei einfachen Sachen wie die Eröffnung eines Kontos oder der Suche nach einer Wohnung waren sie auf Unterstützung angewiesen. Als lebensgefährlich erlebten die Spanier den Göttinger Radverkehr. Viele prallten während der ersten Tage mit dem Rad frontal mit anderen Radlern zusammen. Andere stürzten über Bordsteine. Zahlreiche, zum Teil schwere Knochenbrüche waren die Folge. Eine Auszubildende wurde auf Schmerzensgeld verklagt.
Sechs Spanier kehrten vorzeitig in die Heimat zurück
„Nicht alle hielten durch“, betonte Betreuerin Kraft. Von den 15 Spaniern, die 2015 nach Göttingen gekommen seien, hätten sechs vorzeitig die Heimreise angetreten. Eine Frau unterbrach die Ausbildung für ein Jahr, weil sie Mutter geworden ist. Ein junger Mann brach seine Lehre ab, um als ungelernte Kraft in einem Göttinger Restaurant zu arbeiten. Einer absolviert eine dreieinhalbjährige Ausbildung und erhielt deshalb am Mittwoch noch kein Zertifikat. Dafür bekam eine Frau des 2016er-Jahrgangs, die in Spanien bereits eine schulische Ausbildung gemacht hat, vorzeitig ein Zeugnis. Es dokumentiert Gleichwertigkeit ihres spanischen Abschlusses mit dem deutschen.
Finanziert wurde der kostenlose Deutsch- und Förderunterricht, zwei Heimaturlaube im Jahr sowie die sozialpädagogische Betreuung mit Mitteln aus dem MobiPro-Programm der Europäischen Union. 2019 läuft es aus. Das Geld wird für die Integration von Flüchtlingen benötigt. Allerdings, so Kraft, ist im Koalitionsvertrag die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland vereinbart.
Die Absolventen
Bestanden haben Maria Gil Rodriguez (Burghotel Hardenberg), Javier Gallardo Aguilar (Freizeit In), Oliver Gonzalez Arnay (ASC Göttingen), Orestes Llano Bersach (Knüppel Verpackungen, Hann. Münden), Sarai Gonzalez Yimenez (Salon Karen Schütz) und Tamara Gonzalez Yimenez (Wiederholdt) und Laura Buga (Zufall Logistics Group). Seit Beginn des Adelante-Projekts 2013 haben damit 22 Spanier ihre Ausbildung in Südniedersachsen erfolgreich beendet. Kooperationspartner der VHS ist die Industrie- und Handelskammer.
Von Michael Caspar
GT/ET