Strafantrag gegen Hausbesetzer in Göttingen
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An Tag Fünf der Hausbesetzung in Göttingen haben die Besetzer Nachbarn und andere Interessierte zum Kaffee eingeladen.
© Quelle: Christoph Mischke
Göttingen. Seit Montag belagern überwiegend Mitglieder aus Göttinger Flüchtlingsinitiativen einen Teil des Gebäude am Fridtjof-Nansen-Weg im Göttinger Ostviertel. Es gehört der Stadt ebenso wie das direkt angeschlossene Goethe-Institut. Sie will die gesamte Immobilie verkaufen, das ehemalige Wohnheim steht bis auf einige Büros seit zwei Jahren leer.
Die Besetzer wollen mit ihrer Aktion zum einen auf den Wohnungsnotstand in Göttingen hinweisen. Sie fordern die Stadt auf, mehr Sozialwohnungen anzubieten und einen Verkaufsstopp für das Institutsareal. Zum anderen protestieren sie gegen die Lebensumstände von Flüchtlingen in einer städtischen Sammelunterkunft im Gewerbegebiet Siekanger – und fordern die Stadt auf, diese sofort zu schließen. Die dort untergebrachten Flüchtlinge sollen dann in das besetzte Haus umziehen. Dort gebe es sofort nutzbare Zimmer sowie sanitäre Anlagen und Küchen.
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Die Tür ist ausgehängt, ein Stoffvorhang markiert den Eingang zum besetzten haus. .
© Quelle: Christoph Mischke
Die Stadt hat unmittelbar nach der Besetzung in den Durchgängen zum noch genutzten Institutsbereich provisorisch Trennwände aus Holz einbauen lassen. Und sie hat die Besetzer aufgefordert, das Gelände zu räumen. Zugleich hatte Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD) zugesagt, in naher Zukunft Gespräche mit Bewohnern der Unterkunft am Siekanger zu führen.
Darüber hinaus „gibt es bisher nichts Neues“, sagte am Freitag der Sprecher der Verwaltung, Dominik Kimyon. Und: Die Verwaltung „ist im engen Austausch mit dem Goethe-Institut und der Polizei“. Die bestätigte am Freitag, dass das Institut Strafantrag gegen die Besetzer gestellt hat. Bereits am ersten Tag hatte die Institutsleiterin „Verständnis für das Anliegen der Besetzer“ geäußert, diese aber ebenfalls aufgefordert, das Haus zu räumen. Dabei hatte sie auf den laufenden Lehrbetrieb und Prüfungen im Haupthaus hingewiesen. Polizeisprecherin Jasmin Kaatz bestätigte, dass das Institut inzwischen Strafantrag gestellt hat.
Die Besetzer in der
Initisative Initiative „Our House Nansen 1“
wollen unterdessen bleiben, bis die Stadt auf ihre Forderungen eingeht. Sie sitzen im Garten und musizieren, es gibt Spieleabende und Diskussionsrunden über die Wohn- und Flüchtlingssituation in Göttingen. Am Freitag haben sie Nachbarn des Grundstücks zu Kaffee und Kuchen eingeladen. Viele waren der Einladung gefolgt, um sich zu informieren. „Ich finde es gut“, sagte einer der Gäste, „es ist doch eine Schande, dass das hier so lange leer steht“.
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Hausbesetzer haben sich in den Zimmern im ehemaligen Wohnheim des Göttinger Goethe-Institutes eingerichtet. Die Stadt hat die Flure zum Institut blockieren lassen.
© Quelle: R
Unterdessen melden sich immer mehr Unterstützer auch aus dem politischen Raum zu Wort – und Kritiker. Die Gö-Linke-Ratsfraktion stützt die Forderungen der Besetzer und sieht nach einer Besichtigung des Hauses auch keinerlei Störungen für das Goethe-Institut. Der Stadtvorstand der Grünen sieht in der Besetzung ein Zeichen für „ein nach wie vor dringendes Problem in Göttingen – das Fehlen bezahlbaren Wohnraums“. Auch die Rats-Grünen, Piraten, die Partei „Die Partei“, die Linken und die Jusos äußerten sich solidarisch.
Die CDU im Rat hingegen wertet die Besetzung und die Solidaritätsbekundungen anderer Parteien „als eindeutigen Rechtsbruch“. Eigentum anderer zu besetzen „kann und darf nicht geduldet werden“, so CDU-Ratsherr Marcel Pache. Die FDP kritisiert die Besetzung als Brechstangenmethodik.
Von Ulrich Schubert