E-Paper
Schlechte Zeiten für Allergiker

Südniedersachsen unter einer Pollenwolke

Gelber Belag auf dem Autodach: Fichtenpollen ziehen über das Land.

Gelber Belag auf dem Autodach: Fichtenpollen ziehen über das Land.

Göttingen. Was fliegt da für gelbes Zeug durch die Luft? Diese Frage haben sich in den vergangenen Tagen sicher nicht nur Autofahrer gestellt, die versuchten bei verschmierten Scheiben den Durchblick zu behalten. Die Antwort: Fichtenpollen. Die Bäume befinden sich derzeit in einem sogenannten Mastjahr. Etwa alle fünf Jahre verwenden die Bäume besonders viel Energie auf die Vermehrung, während sie in der Zwischenzeit vorwiegend in das Wachstum investiert wird.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Das Phänomen wird uns bei den sonnigen Aussichten auch noch einige Tage erhalten bleiben und durch die bevorstehende Blüte der Kiefer eventuell sogar noch verstärkt. Das ist schlecht für alle, die gerne in einem sauberen Auto unterwegs sind, für Allergiker spielen die Nadelbäume hierzulande hingegen kaum eine Rolle. Die leiden derzeit vor allem unter anderen Baumpollen. Größter "Übeltäter": die Birke. Gemeinsam mit Erle, Hasel und Pappel gehört sie zu der Gruppe der Frühblüher.

Nach den Bäumen kommen die Gräser

„Die drei großen Gruppen der Allergieauslöser sind in unseren Breiten frühblühende Bäume, Gräserpollen und Hausstaubmilben“, erklärt Timo Buhl, Professor für Allergologie und Klinische Immunologie an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG). Während die Bäume im Mai schon fast durch sein sollten, fangen die Gräser langsam an und bleiben den Leidtragenden bis zum Hochsommer erhalten. Milben leben mit in unseren eigenen vier Wänden und haben das ganze Jahr Saison. Daneben nennt Buhl noch drei kleinere Gruppen von Allergenen: Tierhaare, Schimmelpilze und Kräuterpollen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Betroffen sind hierzulande immer mehr Menschen. „Die Zahl der Allergiker steigt tatsächlich seit Jahren an“, sagt der Göttinger Allergologe Buhl. Die Veranlagung zu Allergien verstehe die Wissenschaft bis heute nicht genau. Aber es gibt Erklärungsversuche. Die populärste ist die Hygiene-Hypothese, die besagt, dass sich die zunehmende Sauberkeit unserer Lebensräume negativ auf die Entwicklung unseres Immunsystems auswirkt. Gestützt wird diese Annahme von der Erkenntnis, dass in der Landbevölkerung weniger Allergien auftreten als bei Städtern. Buhl bleibt vorsichtig: „Es ist eine These, die sich wissenschaftlich nur schwer belegen lässt.“

Haare waschen und Kleidung weg vom Bett

Und was kann der Allergiker tun, wenn die Nase läuft, der Kopf schmerzt und die Nacht zur Qual wird? Die schlechte Nachricht ist, dass jeder, der an einer Allergie leidet, diese voraussichtlich auch nicht mehr gänzlich los wird. Die Symptome aber lassen sich lindern. Buhls Expertentipp: "Ich empfehle den Patienten als banale Gegenmaßnahmen ein Pollengitter vor dem Schlafzimmerfenster, und die Kleidung nicht neben dem Bett abzulegen. Wer lange Haare hat, sollte sie vor der Nacht möglichst waschen. Auch hier sammeln sich über den Tag viele Pollen."

Daneben können akute Beschwerden mit Antihistaminika und Cortison-Spray behandelt werden. Diese Präparate sind rezeptfrei erhältlich und haben bei lokaler Anwendung relativ geringe Nebenwirkungen. Sie sorgen für schnelle Linderung, versprechen allerdings langfristig keine Verbesserung. Deshalb empfiehlt Buhl eine Hyposensibilisierung. Wer 30 bis 50 Tage im Jahr unter den Beschwerden einer Allergie leide, sollte sich einer solchen Therapie unterziehen.

Therapie über mehrere Jahre

„Damit können wir ein falsch gepoltes Immunsystem wieder tolerant machen.“ Zunächst wird über den sogenannten Pricktest der Verursacher der Allergie ermittelt und dem Patienten in konstanten Dosen über mehrere Jahre verabreicht. Vollständige Heilung verspricht auch diese Behandlung nicht. Allerdings sinke die Belastung deutlich spürbar. Diese Behandlung könne jeder Hausarzt durchführen, der als Allergologe zugelassen ist, so Buhl.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Ein Garant für kurzfristige Linderung ist Niederschlag. Bei Regen werden die Pollen aus der Luft gespült. Der Blick auf die Wettervorhersage der kommenden Tage hält da allerdings wenig gute Nachrichten bereit. Es bleibt es ein warmer, sonniger und pollenreicher Frühling.

Von Markus Scharf

GT/ET

Mehr aus Göttingen

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken