Wochendkolumne

Verkehr? Nicht weg – nur woanders.

Wird die Theaterstraße für den Durchgangsverkehr gesperrt, verlagert sich das Problem nur, meint Christoph Oppermann.

Wird die Theaterstraße für den Durchgangsverkehr gesperrt, verlagert sich das Problem nur, meint Christoph Oppermann.

Göttingen. Welch eine entzückende Vorstellung! Die Theater- und die Burgstraße in Göttingen für den PKW-Verkehr schließen, und die Parkplätze können dann auch verschwinden. Grundsätzlich keine unsympathische Idee, die man ruhig mal ein, zwei Umdrehungen weiterdrehen sollte: Ruhe in der Göttinger Innenstadt, jedenfalls keine Motorengeräusche. Ums „Liesel“ watschelt schnatternd eine kleine Schar Gänse, vor dem „Alten Rathaus“ spielt eine Rentner-Gang Boule, nebenan puhlen Knirpse im Kindergartenalter den Oldies die Ventile aus den Fahrrädern. Alles, wie es sein sollte und schön wäre. Kleiner Haken an der Geschichte: Der Verkehr ist nicht weg. Der verhält sich wie Geld. Das ist auch nicht weg, nur an anderer Stelle.

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So gut – und auch richtig – der Ansatz gemeint sein mag, die Göttinger Innenstadt vorm Verkehrsinfarkt zu retten und die Lebensqualität steigern zu wollen, scheint die Initiative doch ein bisschen wie aus dem Drehbuch der „Bezaubernden Jeannie“ kopiert. Einmal mit den Augen geblinzelt – fertig. Das wirkt nicht besonders realistisch und hinterlässt zunächst einmal mehr Fragen als Antworten. Man darf gespannt sein, wie Rat und Verwaltung diesen Ansatz weitermoderieren wollen – das wird noch interessant.

Mindestens ebenso interessant sind aktuell die Begegnungen freitags auf dem Platz der skurrilen Züge, aka Bahnhofsvorplatz in Göttingen. Dort treffen sich junge Menschen, um sich auf den Demo zu „Fridays for Future“ vorzubereiten – jedes Mal eine bunte Mischung. Von „normalen“ Schülern bis zur Antifa ist alles dabei – und jede Woche aufs Neue verblüffen mich die jungen Menschen. An Politik nicht interessiert? Dazu habe ich en passant folgenden Dialog hören dürfen: „Was meint die FDP dazu?“ „Wieso FDP? Die sind doch unpolitisch.“ Kann man sich nicht ausdenken. Und eine treffendere und prägnantere Analyse des bundesliberalen Tuns habe ich lange nicht serviert bekommen.

Noch beeindruckender indes erscheinen mir die unglaublich guten Manieren der jungen Demonstranten. Höflich vorgetragenes Interesse am Grund für meine Fragen und Fotos geht einher mit der akkurat formulierten Bitte, um Legitimation mittels Presseausweis und angehängtem Smalltalk über die Vorzüge von Demonstrationen bei fabelhaftem Frühjahrswetter und Probleme des Klimaschutzes. Ich muss schon einen sehr wohlwollenden Blick auf meine eigene Jugend werfen, um mir vorzumachen, in derlei Situationen ähnlich zuvorkommend reagiert zu haben.

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Vielleicht sollten wir die jungen Leute nächsten Freitag mal fragen, wie diese den Verkehr rund um die Stadthalle bewerten und angehen würden.

Schönes Wochenende!

Sie erreichen den Autor unter

E-Mail: c.oppermann@goettinger-tageblatt.de

Twitter: https://twitter.com/tooppermann

Facebook: https://www.facebook.com/christoph.oppermann

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Von Christoph Oppermann

GT/ET

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