Zwei Schulpferde sterben in Osterode
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Die Schulpferde der Wartbergschule starben nach dem übermäßigen Genuss von Keimlingen des Bergahorns.
© Quelle: Schule
Osterode. Es ist der Horror eines jeden Pferdebesitzers, der plötzliche Weidetod. Dieses Schicksal ereilte jetzt zwei Tiere der Osteroder Wartbergschule. Ein drittes Pferd hatte sich ebenfalls vergiftet, es ist aber auf dem Weg der Besserung.
Lehrerschaft und Schülerinnen und Schüler der Einrichtung sind tieftraurig: In der vergangenen Woche haben sie innerhalb von nur wenigen Tagen die beiden Schulpferde verloren. „Die ganze Schule trauert, und wirklich fassen können wir noch immer nicht, was da passiert ist“, erklärt Christina Rath, Lehrerin und zuständig für die tiergestützte Pädagogik.
Schwere Muskelerkrankung
Doch was war geschehen? Offensichtlich hatten die Tiere Keimlinge des giftigen Bergahorns zu sich genommen, die eine atypische Weidemyopathie auslösten.
Bis zu 90 Prozent der Tiere sterben durch die von Samen und Keimlingen des Bergahorns verursachten Muskelerkrankung, behandelbar sind nur mildere Verläufe. Das Gift beginnt 12 bis 48 Stunden nach der Aufnahme zu wirken, sind die Symptome, die denen einer Kolik ähneln, bereits ausgeprägt, ist es meist schon zu spät. „In den 19 Jahren zuvor haben die Tiere den Ahorn gemieden, und die massive Gefahr war uns nicht klar. Auf unserem Gelände steht in diesem Jahr erstmals alles voll Bergahorn“, erklärt die Lehrerin. Samen und Keimlinge der Art haben sich aber aufgrund der extremen Trockenheit im letzten Jahr überdurchschnittlich vermehrt.
Keimlinge massenhaft
Jetzt haben auch die hohen Temperaturen im Frühling massenhaft Keimlinge wachsen lassen. Dazu kommt, dass diese durch den nächtlichen Frost und die erneute Trockenheit massiv in Stress geraten sind und eine überdurchschnittliche Konzentration an Giftstoffen ausgebildet haben. Normalerweise verschmähen Pferde Samen und Sämlinge des Baumes, wenn sie im Herbst und Frühling nicht auf überweideten Koppeln mit zu geringem Futterangebot stehen und sie weniger wählerisch werden. So standen die Sämlinge auf dem Gelände der Wartbergschule wohl so dicht zwischen dem jungen Gras, dass sie ungewollt in zu großer Menge aufgenommen wurden.
Nicht ganz geklärt ist, ob eine Anreicherung mit dem Toxin schon im Weidegras erfolgen kann. Um das Risiko einer Erkrankung möglichst gering zu halten, empfehlen Fachleute, Pferde im Herbst und Frühjahr nicht für längere Zeit auf überweideten Koppeln in der Nähe von Bergahorn zu lassen, und das vor allem in Zeiten mit kritischer Wetterlage. Auch das Wasser in natürlichen Quellen könnte belastet sein und sollte durch eine Leitungswassertränke ersetzt werden.
„Uns ist es jetzt wichtig, andere Pferdebesitzer vor der Gefahr zu warnen, die wir selbst nicht richtig einschätzen konnten“, erklärte Lehrerin Christina Rath.
Vorsicht bei Ahornarten
Dr. Thomas Grammel, Tierarzt in Osterode, rät grundsätzlich zur Vorsicht bei allen Ahornarten und mit kritischem Blick zu prüfen, wo man die Pferde weiden lässt, gerade wenn Bäume in der Nähe sind.
Vorbeugen, so der im Solling praktizierende Dr. Ingo Nitsch, Spezialist für Pferde mit vielen Kunden im Harz, kann man in der Nähe von Bergahorn eigentlich nicht. Der sicherste Weg sei, sie abzunehmen oder die Weiden nur für die Sommermahd zu nutzen und die Tiere an anderer Stelle zu versorgen.
Im Falle einer Erkrankung bleibt nur der Gang zum Tierarzt: Es müsse Cortison und ausreichend Flüssigkeit gegeben werden, um das Toxin auszuscheiden. Dazu kommen Selen als Antioxidanz und Entzündungshemmer. An der Osteroder Wartbergschule, die auch mehrere Esel versorgt, ist man jetzt hochwachsam, sammelt die Keimlinge gründlich ab und sperrt extrem gefährdete Bereiche.
Zudem will man eine intensive Weideberatung in Anspruch nehmen und Kontakt mit dem Landkreis Göttingen aufnehmen, damit Bergahornbäume gefällt werden dürfen.
„Wir müssen jetzt erstmal in Ruhe planen und uns beraten lassen, wie wir unsere Tiere in Zukunft besser schützen können“, erläutert Christina Rath. Im Schulbetrieb fehlen die beiden liebgewonnenen Pferde allerdings schmerzlich und werden von den Schülern vermisst.
Von Michael Paetzold