#CampusGÖ: Studienfinanzierung

Tatort oder Stipendium?

Studentin Ana-Carolina Kleine am Zentralcampus in Göttingen. Ihr Studium finanziert sie durch TV-Rollen, unter anderem in der SWR-Serie „Die Fallers“ und im „Tatort“.

Studentin Ana-Carolina Kleine am Zentralcampus in Göttingen. Ihr Studium finanziert sie durch TV-Rollen, unter anderem in der SWR-Serie „Die Fallers“ und im „Tatort“.

Göttingen. Es ist das Jahr 2005. In einem Stuttgarter Klassenzimmer öffnet sich die Tür, und ein Mann fragt, ob vielleicht jemand Interesse hätte, mal im Fernsehen zu schauspielern. Eine Hand geht nach oben.

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Es war die Hand von Ana-Carolina Kleine – und der Auftakt einer Schauspielkarriere. Mit ihrer regelmäßigen Rolle bei der SWR-Seifenoper „Die Fallers“ hat die Biologie-Studentin der Universität Göttingen wohl einen der ungewöhnlichsten Nebenjobs. „Seit sechs Jahren spiele ich jetzt bei den Fallers mit, im Fernsehen zu sehen bin ich aber schon seit 10 Jahren,“ sagt sie. Zum Beispiel im Ludwigshafener Tatort, ihrer ersten Rolle in einer großen Produktion. Sie spielte dort die Tochter des Ermordeten. „Drei Szenen“, erzählt Kleine. Aufgeregt? Nein. „Aber ich hatte Schiss, dass ich einfach rausgeschnitten werde“, lacht sie.

Zwischen Lehr- und Drehbüchern

„Schauspielern fand ich immer schon interessant, ich war immer ein quirliges Kind.“ Und sie kommt aus einer Theaterfamilie. Beide Eltern arbeiten am Stuttgarter Ballett, die Bühnenleidenschaft wurde ihr quasi in die Wiege gelegt.

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Eine Schauspielausbildung hat Kleine nicht, die brauchte sie bisher auch nicht. „Ich habe mich aber noch nicht entschieden, ob ich später auch als Schauspielerin arbeiten möchte“, sagt sie. „Wobei man sich da auch nicht einfach entscheiden kann. Man muss es halt versuchen und schauen, ob es klappt.“

Kleine sagt von sich selbst, sie sei nicht der selbstbewussteste Mensch, oft unzufrieden mit sich, stets perfektionistisch. Ihr immer wiederkehrender Albtraum? Zum Set kommen und nicht vorbereitet sein. „Da arbeiten so viele Menschen, das ist eine Riesenmaschinerie, und meine einzige Aufgabe ist es, vorbereitet zu sein.“ Dazu fühle sie sich verpflichtet. Ihre Serie schaut sie fast nie. Und wenn, dann nur wenn sie ganz alleine ist. „Es ist komisch, wenn da jemand dabei ist.“ Es ist ihr unangenehm, wenn sie ihre Szenen sieht und sie dann mögliche Fehler bei sich entdeckt. „Man bereitet sich vor und dann ist es am Ende doch irgendwie anders. Das ärgert mich.“

Perfekte Absicherung fürs Studium

Vor dem Spiegel stehen und Texte üben muss die Studentin zur Vorbereitung nicht. „Ich lese einfach die Drehbücher. Meistens mache ich dabei aber automatisch schonmal die Mimik mit“, erklärt sie. „Das ist dann natürlich super peinlich, wenn man es im Zug macht.“

Ob sie ein Naturtalent ist? „Es fällt mir schwer mich einzuschätzen“, so Kleine. Aber irgendjemand wird offenbar Talent in ihr erkannt haben. „Es fällt mir jedenfalls leicht, mich in andere Menschen hineinzuversetzen.“

Finanziell ist der Schauspieljob für sie perfekt. Zwar darf sie über ihre Vertragsdetails nicht sprechen, aber „ich brauche definitiv keinen anderen Nebenjob.“

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Und noch etwas ist bei Kleines Nebenjob dann doch etwas anders als bei ihren Kommilitionen. Neulich kam auf einer WG-Party ein Betrunkener zu ihr und fragte „Bist du nicht die aus der Serie, die meine Oma immer guckt?“ Sie ist es.

Statistik

Durchschnittlich 864 Euro. Das sind laut der 20. Sozialerhebung des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung die monatlichen Einnahmen eines „Normalstudierenden“, also eines Studierenden, der ein einem Vollzeitstudium eingeschrieben ist, außerhalb des Elternhauses wohnt und unverheiratet ist.

Knapp 90 Prozent dieser Normalstudierenden werden finanziell von den Eltern unterstützt, durchschnittlich zahlen die Eltern dabei monatlich 476 Euro. Die zweithäufigste Einnamequelle der Normalstudierenden ist der eigene Verdienst. Knapp 63 Prozent der Befragten gaben bei der Untersuchung an, ihren Lebensunterhalt mit Nebenjobs zu finanzieren. Durchschnittlich fallen dabei 323 Euro an. Etwa 32 Prozent der Studierenden wird durch BaföG gefördert. Der durchschnittliche Förderbetrag liegt dabei bei 443 Euro. Außerdem finanzieren etwa sechs Prozent ihr Studium mit einem Kredit. Der größte Kreditgeber für Studierende ist die KfW-Bankengruppe, die den Kreditnehmern durchschnittlich 451 Euro pro Monat auszahlt.

Das studentische Budget wird am stärksten durch die Ausgaben für Miete und Nebenkosten belastet. Etwa 34 Prozent ihrer Einnahmen müssen Studierende für diesen Posten aufwenden, im Durchschnitt bedeutet das eine Ausgabe von 298 Euro. Für Lebensmittel geben Studierende laut der Sozialerhebung etwa ein Fünftel ihrer Gesamteinnahmen aus, das entspricht monatlich 165 Euro. Weitere Ausgaben, wie zum Beispiel für Kleidung, variieren monatlich sehr stark und können daher nur begrenzt statistisch dargestellt werden. In der Regel ist die Bilanz der Studierenden aber höchstens ausgeglichen – nur drei Prozent der Befragten gaben an, einen monatlichen Einnahmenüberschuss von mehr als 200 Euro zu haben.

„Ich wollte diesen politischen Hintergrund“

Sie gehören an deutschen Universitäten zu einer fast verschwindend geringen Gruppe: Stipendiaten. Stiftungen oder der Staat selbst vergeben solche finanziellen Förderungen an Studierende. Voraussetzung sind meinstens exzellente Leistungen oder anderweitiges Engagement – eine von ihnen ist Julia Ehrentraut.

Julia Ehrentraut finanziert ihr Studium über ein Stipendium.

Julia Ehrentraut finanziert ihr Studium über ein Stipendium.

Die Medizinstudentin wird von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung gefördert. Anders als zum Beispiel beim Deutschlandstipendium der Bundesrepublik, geht es der Hans-Böckler-Stiftung nicht in erster Linie darum, Studierende mit besonders guten Leistungen zu fördern, sondern darum, Studierende zu unterstützen, die gewerkschaftlich aktiv sind – wie Ehrentraut. Nach ihrem Einser-Abitur hat die Studentin zunächst im Klinikum Wolfsburg eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin gemacht und wurde in die Jugend- und Auszubildenenvertretung gewählt. „Die Hans-Böckler-Stiftung vergibt Stipendien, damit man sich auch während des Studiums in der Gewerkschaft einbringen kann und eben nicht noch einen Nebenjob braucht“, erklärt Ehrentraut. Die politische Arbeit in der Gewerkschaft ist ihr Hobby, mittlerweile ist sie bei Verdi sogar in der Bildungsarbeit tätig – gute Voraussetzungen für eine Förderung der Stiftung. „Der Papierkram für die Bewerbung ging eigentlich“, meint sie. „Voraussetzung um aufgenommen zu werden, ist das gewerkschaftliche Engagement im Vorfeld, zum Beispiel wie bei mir, in der verdi-Jugend Süd-Ost-Niedersachsen.“ Ehrentraut erhält eine Förderung von 300 Euro pro Monat. Mit dem Honorar, das sie für die Bildungsarbeit bei Verdi bekommt, reicht das für die 22-Jährige, um über die Runden zu kommen. „Aber die Förderung geht ja weit über das Finanzielle hinaus.“ Wie viele andere Stiftungen bietet die Hans-Böckler-Stiftung Seminare und Sprachkurse an. „Ich wollte diesen politischen Hintergrund“, so Ehrentraut. „Aber ohne die finanzielle Förderung wäre mir ein Studium nicht möglich gewesen.

GT/ET

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