Unternehmen leiden an Fachkräftemangel
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Auch in der Gesundheitsbranche werden geeignete Mitarbeiter gesucht.
© Quelle: dpa
Hannover. Die Nachfrage steigt, viele Unternehmen könnten wachsen, doch es gibt nicht genug Menschen, die die Arbeit schaffen. Unter dem bundesweiten Fachkräftemangel leiden auch die Betriebe in Hannover und Umgebung. Fast 60 Prozent der Unternehmen geben in der neuesten Umfrage der regionalen Wirtschaftsförderer an, nicht genügend qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Das ist ein deutlicher Anstieg von 10 Prozentpunkten im Vergleich zur Befragung vor zwei Jahren. „Die zukünftigen Entwicklung in der Region Hannover wird maßgeblich davon abhängen, ob den Betrieben geeignete Arbeitskräfte zur Verfügung stehen“, sagt Wirtschaftsdezernent Ulf-Birger Franz. Er betont zugleich, dass die Wirtschaft in der Region Hannover brummt. Mehr als eine halbe Million sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gebe es in Hannover und im Umland, ein Rekordwert.
Für ihre Umfrage haben die Wirtschaftsförderer 750 Unternehmen angeschrieben, aber nur 144 Antworten bekommen. Dennoch sei die Umfrage repräsentativ, sagt Franz. Besonders schwierig scheint die Lage in der Logistikbetriebe zu sein. 70 Prozent geben an, schon jetzt vom Fachkräftemangel betroffen zu sein. Auch die IT-Branche sucht händeringend nach Programmierern und Computerspezialisten. 80 Prozent der IT-Firmen in der Region meinen, dass ihre Branche kaum noch Nachwuchskräfte findet. Besonders düster schaut das produzierende Gewerbe in die Zukunft. Mehr als 80 Prozent der regionalen Unternehmen meinen, dass ihnen in den kommenden fünf Jahren die Fachkräfte ausgehen.
Wie mühsam die Suche nach geeignetem Personal für manche Unternehmen ist, zeigt sich daran, dass vakante Stellen lange Zeit nicht besetzt werden können. Mehr als 40 Prozent der Betriebe in der Gesundheitsbranche sagen, dass sie länger als drei Monate brauchen, um Posten zu besetzen. „Der Mangel an Pflegern ist ein Riesenthema“, sagt Reinhard Biederbeck von der Wirtschaftsförderung. Im produzierenden Gewerbe ist es bei fast 60 Prozent der Firmen die Regel, dass Stellen etwa drei Monate vakant bleiben.
Im Kampf gegen den Personalmangel sehen die regionalen Wirtschaftsförderer die Betriebe in der Pflicht. „Die wichtigste Ressource für neue Mitarbeiter ist die Ausbildung“, sagt Wirtschaftsdezernent Franz. Aber viele kleine Firmen beschäftigen keine Lehrlinge. Insgesamt mehr als 45 Prozent der befragten Unternehmen sagen, dass sie nicht ausbilden, vor allem aus Mangel an Personal. „Hier droht eine Abwärtsspirale“, sagt Franz. Zudem raten die Wirtschaftsförderer den Firmen, Frauen nach einer familiären Auszeit den Wiedereinstieg in den Beruf zu erleichtern. Zwar böten viele Betriebe bereits flexible Arbeitszeiten an, dennoch gebe es hier noch „Steigerungspotenzial“, meint Franz. Auch auf ältere Arbeitnehmer zurückzugreifen, sei eine Option.
Entscheidend ist es für die Wirtschaftsförderer dort anzusetzen, wo die Weichen für die Berufswahl gestellt werden. „Wir haben unsere Aktivitäten an Schulen verzehnfacht“, sagt Biederbeck und verweist unter anderem auf die Vermittlung von Praktika. Jedoch legten viele Eltern ihren Kindern nahe, eine akademische Laufbahn anzustreben und nach dem Abitur zu studieren. „Unser Ziel muss sein, auch an Gymnasien für die Ausbildung zu werben“, sagt Biederbeck. Vielen Abiturienten sei oft nicht klar, wie es nach dem Schulabschluss weitergeht. Manche entschieden sich für ein Studium um des Studierens willen, brechen dann ab und halten sich mit Kellner-Jobs über Wasser. „Dadurch können prekäre Verhältnisse entstehen“, warnt Wirtschaftsdezernent Franz.
Von Andreas Schinkel