E-Paper
Polizei Northeim ermittelt

Streit zwischen Jesiden und Arabern

Immer wieder haben Jesiden in Deutschland gegen die Unterdrückung und Ausrottung ihrer Volksgruppe durch radikalislamische Kräfte demonstriert.

Immer wieder haben Jesiden in Deutschland gegen die Unterdrückung und Ausrottung ihrer Volksgruppe durch radikalislamische Kräfte demonstriert.

Northeim. Es habe, bestätigt der Northeimer Polizeisprecher Uwe Falkenhain, „in der jüngeren Vergangenheit Auseinandersetzungen zwischen jesidischen und arabischen Personen in Northeim gegeben“. In diesem Zusammenhang führe der Zentrale Kriminaldienst der Northeimer Polizei mehrere Strafverfahren. Zu Details will sich die Polizei „im laufenden Ermittlungsverfahren“ nicht äußern.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Mindestens drei Vorfälle soll es geben, mit denen sich die Polizei derzeit beschäftigt. Vor gut vier Wochen erschienen zwei Jesiden bei der Polizei und erklärten, sie seien von Mitgliedern eines aus dem Libanon stammenden arabischen Clans bedroht und tätlich angegriffen worden. Beide wurden verletzt, einer davon schwer.

Namen auf Gräbern übermalt

In der Nacht zum 11. November wurden Gedenk- und Grabsteine auf dem muslimischen Teil des Northeimer Friedhofs mit roter Farbe besprüht – unter anderem mit Hakenkreuzen und einem Antifa-Zeichen. Außerdem wurden auf den Grabsteinen gezielt die Namen mit Farbe übermalt. Die Polizei schließt einen rechtsextremen Hintergrund nicht aus, obwohl die Gesamtheit der verwendeten Symbole und das gezielte Übermalen von Namen nicht typisch für rechte Taten sind. Andererseits werden auf diesem Gräberfeld nur Angehörige der Ditib-Gemeinden begraben, zu der die Angehörigen des arabischen Clans nicht gehören.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Der dritte Vorfall: Am 12. November kam es zu einer direkten Auseinandersetzung in der Northeimer Südstadt, als Jesiden aus ihrer Wohnung im obersten Stock eines Mietshauses Angehörige des arabischen Clans mit Flaschen bewarfen. Beide Seiten beschimpften sich derart wüst, dass die Polizei eingriff und Angehörige beider Parteien nach Waffen durchsuchten, allerdings ohne greifbares Ergebnis.

Ermittlungen „in alle Richtungen“

Über die Motive auf beiden Seiten kann die Polizei nur spekulieren. „Hinsichtlich der Hintergründe der Auseinandersetzungen“, erklärt Polizeisprecher Falkenhain, „wird in alle Richtungen ermittelt.“

Vorerst hat die Polizei auf beide Gruppen ein wachsames Auge. Nach einer „Gefährdungsbewertung“ hätten Beamten sogenannte Gefährderansprachen vorgenommen, in denen Angehörige beider Gruppen Verhaltenshinweise erteilt wurden, erklärt Falkenhain. Außerdem ergriff die Polizei Maßnahmen, um weitere Auseinandersetzungen zu verhindern. Unter anderem werden Wohnsitze und mögliche Treffpunkte regelmäßig mit Streifenwagen besucht „und im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten Kontrollen vorgenommen“.

Religiöser Hintergrund?

Bei den Ermittlungen der Polizei wird auch ein religiöser Hintergrund nicht ausgeschlossen: Strenggläubige Muslime halten die Jesiden für „Teufelsanbeter“, weil sie auch Engel als gottgleiche Figuren verehren. Seit Ende des Irakkrieges 2003 werden sie von fundamentalistischen Muslimen gezielt verfolgt – zuletzt in äußerst brutaler Weise durch den „Islamischen Staat“.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Unterdessen befasst sich auch der Rat der Jesiden in Deutschland (ZED) mit den Vorfällen in Northeim. Bei dem Überfall vor gut vier Wochen sei den beiden Opfern vorgeworfen worden, „dass sie Ungläubige seien und alkoholische Getränke zu sich nähmen“. Danach seien sie von zehn Männern aufgesucht worden, die sie mit einer Pistole bedroht und angekündigt hätten, sie zu töten, wenn sie die Polizei über diesen Vorfall informieren würden. Das habe die Northeimer Polizei dem Zentralrat bestätigt, erklärt der ZED-Vorsitzende Irfan Ortac.

Diese Bestätigung habe es nicht gegeben, sagt hingegen die Northeimer Polizei. Die Aufklärung der Auseinandersetzungen wird auch dadurch erschwert, dass die beiden Opfer des Überfalls vor gut vier Wochen bislang die Gelegenheit zu einer ausführlichen Aussage zu dem Vorfall ausgeschlagen haben.

Von Matthias Heinzel

GT/ET

Mehr aus Northeim

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige

Verwandte Themen

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken