Horrorhaus bei Disney+

Airbnb des Grauens: „Barbarian“ ist ein hocheffizientes Stück Schrecken

War da nicht im Keller ein seltsames Geräusch? Tess (Georgina Campbell) besiegt ihren inneren Schweinehund und macht sich auf den Weg treppab, der Zuschauer würde eher zum Obenbleiben raten.

War da nicht im Keller ein seltsames Geräusch? Tess (Georgina Campbell) besiegt ihren inneren Schweinehund und macht sich auf den Weg treppab, der Zuschauer würde eher zum Obenbleiben raten.

Wenn der Name Marcus auf dem Display ihres Handys auftaucht, drückt Tess (Georgina Campbell) ihn weg und kommentiert das mit einem übellaunigen „Go away!“. Sie ist für ein Jobgespräch nach Detroit gekommen, und sie lässt mit dem geplanten Tapetenwechsel offenbar auch jenen Marcus hinter sich. Es ist Nacht, als sie ankommt, es regnet wirklich schlimm, man sieht die Hand vor Augen nicht. Das Häuschen, das sie via Airbnb gemietet hat, ist, so zeigen es die Scheinwerfer ihres Wagens, hübsch gestrichen.

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Aber die schwirrende Musik, die Tess natürlich nicht hören kann, verheißt nichts Gutes. Und zwar noch viel weniger Gutes, als dass sie keinen Schlüssel im Schlüsselsafe finden kann und man sich möglicherweise auf die lange Suche nach einem Ersatzquartier machen muss. Die Schatten sind dunkel hier in der Straße, und es wartet etwas auf Tess (wie die Spoiler auf den Leser) – geduldig und grausam. Der Filmtitel „Barbarian“ verheißt ja auch keine Beziehungskomödie.

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Freundlicher junger Mann? Vorsicht ist geboten

Der Schlüssel ist deswegen nicht da, weil ihn jemand anderes hat. Ein junger Mann namens Keith (Bill Skarsgard) hat dasselbe Quartier für dieselbe Nacht gemietet. Keith ist apart, sanft, freundlich und ein wenig schüchtern – aber das war Norman Bates in Hitchcocks „Psycho“ ja auch. Vorsicht vor freundlichen Männern, die einem anbieten, nicht wieder in den Regen zu müssen, um eine alternative Bleibe zu finden! Die einem sogar das Schlafzimmer gewähren und selbst mit dem Wohnzimmersofa Vorlieb nehmen.

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Das sind die Schlimmsten, denkt man bei sich. Und der hübsche Bill Skarsgard aus der schwedischen Schauspielerdynastie (schon vier Söhne von Stellan Skarsgard sind in Hollywood tätig) wurde ja als Pennywise berühmt, der Horrorclown aus der anderen Dimension in Andy Muschiettis beiden „Es“-Filmen (2017, 2019) . Wer mal bei Stephen King der Oberschreckenstyp ist, dem ist ja wohl nicht über den Weg zu trauen, oder?

Keith schaut in den Keller – und kehrt nicht zurück

Und nachts hört Tess dann Klänge des Jammers und ihre Schlafzimmertür steht offen. Aber Keith, aus dessen unruhigem Schlaf das Wimmern kommt und der scheinbar auch eine ungute Vergangenheit hinter sich gelassen hat, schwört, er habe nicht Hand an die Klinke gelegt. Dann kommen andere Geräusche – aus dem Keller. Und Keith schaut mal nach, kehrt aber nicht mehr zurück. Tess folgt ihm, wie das in Horrorfilmen so üblich ist, was man selbst nicht machen würde – nie im Leben! – und entdeckt, dass das Haus tiefer gründet als gedacht.

„Barbarian“ ist verflixt für Kritiker, man muss gut aufpassen, nichts zu erzählen, was die Spannung dieses irrsinnig thrillenden Films schmälert, und trotzdem nicht nur eine von den vielen Textblasen aufzupusten, die in Zeiten der Do-not-spoil-Diktatur so auf den Reviewmarkt kommen.

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Ein scheinbar netter Typ gerät in die #MeToo-Mühle

Wir lernen noch andere Leute kennen. A. J. (Justin Long) beispielsweise – einen Hollywoodstar, der gerade noch fröhlich singend im roten Porsche einen Sommertag verschönert hat und im nächsten Moment aus allen Wolken fällt, seinen Managern beteuert, dass der Sex mit der Frau in Wahrheit einvernehmlich war und keineswegs, wie von ihr behauptet, eine Vergewaltigung.

A. J. wirkt wie ein Vollsympath, der fassungslos vor dem Bezichtigungsabgrund steht – aber das sind die Schlimmsten, oder? Würde eine Frau aus tollem Sex wirklich eine gerichtliche #MeToo-Karrierevernichtung machen? Und wurden die Initialen nicht vielleicht eingedenk O. J. (Simpsons) gewählt? In diesem Film ist wirklich niemandem zu trauen – außer vielleicht der Frau vom Jobgespräch, die Tess erklärt, dort, wo sie gemietet habe, könne sie doch wohl unmöglich wohnen bleiben.

Denn bei Tageslicht besehen ist 467 das einzig intakte Haus in einer Straße voller verfallener Ruinen – aufgegeben von ihren Bewohnern und Bewohnerinnen in der wirtschaftlichen Niedergangszeit der Reagan-Ära in den Achtzigerjahren. America – the ugly. In dieser perfekten Albtraumumgebung mit Lovecraft-Flair wirkt auch ein normales, nettes Haus ziemlich creepy.

Ein frischer Blick auf das Thema Horrorhaus

Zach Cregger hat einen frischen, überraschenden Blick auf das Thema Horrorhaus geworfen. Die Gruselatmosphäre und die Jumpscares sind business as usual, aber da ist eine Kellertreppe, die aussieht wie ein schwarzer, toter Geburtskanal. Und da ist eine Bedrohung, die sich wie eine Spinne ins schützende Dunkel zurückzieht – allein dieser unwirkliche Moment von Kameramann Zach Kuperstein hat etwas völlig Verstörendes. Anna Drubichs Filmmusik illuminiert das Lauern des Bösen, lässt es glimmen und zuweilen flackern. Sehr, sehr spukig!

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Atemlos folgt man diesem Film, der eine ähnlich beunruhigende und fiebrige Stimmung im Betrachter erzeugt wie einst John Carpenters „Halloween“, als man 1978 erstmals im Kino zusah, wie Jamie Lee Curtis als Laurie Strode vor dem schier unbesiegbaren Messermörder Michael Myers floh.

Alle klassischen Genreregeln werden befolgt, bis dahin, dass das Böse noch einmal aufsteht, wenn man es besiegt zu haben glaubt. Und trotzdem ist man am Ende völlig erledigt in seinem Kinositz, als ob man all das noch nie gesehen hätte.

Apropos „nie“: nie wieder Airbnb! So viel steht fest.

„Barbarian“, Film, 102 Minuten, Regie und Drehbuch: Zach Cregger, mit Georgina Campbell, Bill Skarsgard, Justin Long, Matthew Patrick Davis, Kurt Braunohler, Jaymes Butler (ab 28. Dezember bei Diney+)

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