ARD-Komödie „Eisland“: Axel Prahl als Held der Vorstadt
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/WZZXNM5KPFHUPNB5KX6XMER774.jpeg)
Axel Prahl (links) und Roland Kaiser in einer Szene von „Eisland“.
© Quelle: NDR/Gordon Timpen
Es sieht nicht gut aus für Marko Wendrich (Axel Prahl). Nach 30 Jahren Schufterei als Verkaufsfahrer für Tiefkühlkost bei der Hamburger Firma „Eisland“ ist sein Rücken völlig im Eimer. Auch die hohe Dosis starker Schmerzmittel, die er deswegen täglich schluckt, hilft nicht mehr. Was schließlich als einzige Lösung bleibt, ist die Frührente, denn sonst droht wirklich gesundheitlich Schlimmes. Das macht ihm seine Ärztin in nicht druckreifen Worten deutlich.
Mit dieser knallharten Diagnose beginnt die Tragikomödie „Eisland“ (16. Februar, 20.15 Uhr, ARD), die Ute Wieland nach einem tollen Drehbuch von Maximilian Kaufmann inszeniert hat. Für den jungen Autor ist es sein Langfilmdebüt, man darf wohl noch einiges von ihm erwarten.
Frührente ist für Marko eine Katastrophe
Die Frührente ist für den traurigen Helden Marko eine einzige Katastrophe. Vor allem wegen des Geldes, das noch nicht einmal reicht, um die Heizung zu bezahlen. Sorgen bereitet dem Witwer zudem sein erwachsener Sohn Steffen (Merlin Rose), der es mal besser haben soll und dem er daher das Jurastudium finanziert. Damit er später einen Job hat, bei dem er kein Namensschild tragen muss.
Nun ist Steffen jedoch gerade das zweite Mal durch eine wichtige Prüfung gefallen und überlegt, ob er nicht stattdessen lieber eine Lehre als Koch beginnen sollte. Das muss Marko erst mal verkraften. Dennoch kümmert er sich auch als Rentner weiterhin um zwei alte Damen, Frau Meuer (Inge Maux) und Frau Horn (Christine Schorn), die er jahrelang mit Tiefkühlkost beliefert hat.
Axel Prahl als Seelentröster
Er besucht sie, hilft den beiden bei nötigen Reparaturen, trinkt mit ihnen Eierlikör, hört sich ihre Sorgen an, guckt mit ihnen Seifenopern. Für die beiden Frauen ist er ein echter Seelentröster und der einzige richtige zwischenmenschliche Kontakt nach außen. Doch dann findet er eines Tages Frau Meuer leblos auf dem Sofa liegend vor. Als er den Krankenwagen anrufen will, fällt ihm plötzlich ein, dass Frau Meuer ihm die PIN ihrer Bankkarte verraten hat. Und dass die alte Dame eine üppige Rente („mehr als 2000 Euro“) hat. Geld, das er gut gebrauchen kann – ja, das er wirklich bitternötig hat.
Die tote Frau Meuer verschwindet also in ihrer riesigen Tiefkühltruhe, er bedient sich mit ihrer Karte am Geldautomaten und dem aufdringlich neugierigen Nachbarn Rudolf Staar (Jan Erik Stahlberg) erzählt er, dass die alte Dame für lange Zeit verreist ist und er sich um ihr Haus und ihre Katze kümmert. Das geht tatsächlich einige Zeit gut, trotz lustiger, aber recht deftiger Pannen und Probleme. Marko hat endlich Geld und überhaupt kein schlechtes Gewissen. Und irgendwie, denkt man beim Zuschauen, hat dieser wackere und grundsympathische Mann den neuen Geldsegen auch verdient. Doch dann kommt ihm Nachbar Staar auf die Schliche.
Gastauftritt von Roland Kaiser
Das alles klingt nach einer amüsanten schwarzen Komödie, ist aber noch viel mehr – dank der zahlreichen lakonischen Dialoge und Situationen, die an britische Komödien erinnern oder an die Filme von Aki Karismäki, und auch dank des fabelhaften Hauptdarstellers Axel Prahl, der aus seiner Figur tatsächlich den vom Drehbuchautor gewünschten „Helden der Vorstadt“ macht. Sehenswert sind aber auch die vielen kleinen Szenen rund um den Alltag eines solchen Verkaufsfahrers. Sie sind gut beobachtet und sogar zum Teil selbst erlebt, da der Autor selbst einige Zeit einen solchen Job gehabt hat.
Kurzum: ein wunderbarer deutscher Film, wie man ihn selten im Fernsehen sieht. Der zudem noch einen Schlagerstar für einen Gastauftritt gewinnen konnte: Als Marko droht, mit seinem Betrug aufzufliegen, erhält er göttlichen Beistand. In Gestalt von Roland Kaiser, dem von ihm seit Jahrzehnten verehrten Schlagergott. Der Sänger sitzt plötzlich neben Marco an der Theke von dessen Stammlokal, dem Dalmatia Grill, und gibt ihm einen weisen Ratschlag: „Wer dem Sturm entkommt, ist nicht mehr derselbe, der einst durch ihn hindurchging.“ Ja, wenn der Kaiser das sagt, wird es schon stimmen.